Schnell ist es passiert: Man mietet online ein Schließfach, bucht einen Flug oder schließt einen Handyvertrag ab – und im letzten Bestellschritt tauchen plötzlich zusätzliche Kosten für eine Versicherung, einen Premium-Support oder einen anderen Service auf, den man gar nicht aktiv ausgewählt hat. Viele Verbraucher sind unsicher, ob sie diese Kosten tragen müssen. Die gute Nachricht: Das Gesetz schützt Sie hier oft besser, als Sie vielleicht denken!
Was sagt das Gesetz? Die klare Regelung zu Zusatzentgelten
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ist hier auf Ihrer Seite. Konkret regelt § 312a Absatz 3 BGB, dass ein Unternehmer von einem Verbraucher ein Entgelt für eine Leistung, die über die eigentliche Hauptleistung hinausgeht (eine sogenannte Nebenleistung), nur dann verlangen darf, wenn der Verbraucher dieser Zusatzleistung ausdrücklich zugestimmt hat.
Was bedeutet „ausdrückliche Zustimmung“?
Das bedeutet, Sie müssen aktiv und bewusst „Ja“ zu dieser Zusatzleistung und den damit verbundenen Kosten sagen. Es reicht nicht aus, wenn:
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die Zusatzleistung irgendwo in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) versteckt ist.
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ein Häkchen für die Zusatzleistung bereits vorab im Bestellformular gesetzt wurde (sogenannte „Opt-out“-Lösung). Sie als Kunde müssten es aktiv entfernen, um die Leistung nicht zu buchen.
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die Zusatzleistung untrennbar mit der Hauptleistung verbunden ist, obwohl sie eigentlich separat angeboten werden könnte.
Stattdessen müssen Sie die Möglichkeit haben, die Zusatzleistung durch eine eigene, aktive Handlung auszuwählen – beispielsweise indem Sie selbst ein Häkchen setzen oder eine separate Schaltfläche anklicken (eine „Opt-in“-Lösung).
Aktuelles Urteil stärkt Verbraucherrechte: Der Fall der Schließfachvermietung
Dass diese Regelung keine graue Theorie ist, sondern handfeste Auswirkungen hat, zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe vom 15. Januar 2025 (Az. 15 UKl 1/24).
In dem verhandelten Fall ging es um ein Unternehmen, das Schließfächer an Schulen über das Internet vermietete. Bei der Online-Anmietung wurde den Kunden automatisch ein kostenpflichtiger „Schutzbrief“ (eine Art Versicherung für das Fach und dessen Inhalt) in den Warenkorb gelegt und dessen Kosten zum Mietpreis addiert. Die Kunden hatten keine Möglichkeit, das Schließfach ohne diesen Schutzbrief anzumieten; die Leistung wurde also nicht aktiv von ihnen ausgewählt.
Das OLG Karlsruhe entschied klar und deutlich: Diese Praxis ist unzulässig! Der Schutzbrief stellt eine kostenpflichtige Nebenleistung dar, die über die eigentliche Hauptleistung – die Miete des Schließfachs – hinausgeht. Für eine solche Nebenleistung hätte das Unternehmen die ausdrückliche Zustimmung der Verbraucher einholen müssen. Das Gericht betonte, dass eine solche automatische Einbeziehung von Zusatzleistungen Verbraucher in ihrem Recht auf eine transparente Vertragsgestaltung einschränkt.
Das Gericht stellte zudem klar, dass dieser Schutzbrief auch nicht mit einer Mietkaution vergleichbar ist. Eine Kaution dient der Sicherung von Ansprüchen des Vermieters und wird in der Regel zurückgezahlt, wenn keine Schäden vorliegen. Das Entgelt für den Schutzbrief hingegen wurde nicht zurückgezahlt und versicherte insbesondere den Inhalt des Schließfachs.
Ihre Rechte als Verbraucher – Was können Sie tun?
Wenn Ihnen bei einem Online-Geschäft Kosten für eine Leistung berechnet werden, die Sie nicht bewusst und aktiv bestellt haben, sollten Sie Folgendes beachten:
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Bestellvorgang genau prüfen: Achten Sie vor dem Klick auf den finalen Bestellbutton genau darauf, welche Posten im Warenkorb enthalten sind. Sind alle aufgeführten Leistungen und Kosten von Ihnen gewollt?
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Keine Angst vor „Nein“: Lassen Sie sich nicht durch voreingestellte Optionen oder eine unübersichtliche Seitengestaltung unter Druck setzen. Wenn Sie eine Zusatzleistung nicht möchten, wählen Sie diese aktiv ab, sofern möglich, oder schließen Sie den Vertrag nicht ab, wenn eine Abwahl nicht vorgesehen ist.
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Widerspruch einlegen: Wurden Ihnen bereits Kosten für eine nicht ausdrücklich bestellte Nebenleistung in Rechnung gestellt oder abgebucht, fordern Sie den Anbieter schriftlich zur Rückzahlung des entsprechenden Betrags auf. Verweisen Sie dabei auf § 312a Abs. 3 BGB und Ihr fehlendes ausdrückliches Einverständnis.
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Zahlung unter Vorbehalt leisten: Falls eine sofortige Zahlung unumgänglich scheint, können Sie diese „unter Vorbehalt der rechtlichen Prüfung und Rückforderung“ leisten und dies dem Anbieter mitteilen.
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Beweise sichern: Machen Sie Screenshots vom Bestellvorgang, insbesondere von der Stelle, an der die Zusatzleistung aufgeführt wird und Ihnen möglicherweise keine aktive Auswahlmöglichkeit gegeben wurde.
Fazit: Wissen schützt vor ungewollten Kosten
Das automatische Hinzufügen von kostenpflichtigen Nebenleistungen ohne Ihre ausdrückliche Zustimmung ist ein klarer Verstoß gegen Verbraucherrechte. Seien Sie bei Online-Bestellungen wachsam und bestehen Sie auf Ihr Recht auf eine transparente und faire Vertragsgestaltung.
Sollten Sie Probleme mit ungewollten Zusatzkosten haben, insbesondere wenn es sich um versicherungsähnliche Produkte wie einen „Schutzbrief“ handelt, oder wenn Sie sich unsicher sind, ob eine Forderung gegen Sie berechtigt ist, kann eine anwaltliche Beratung Klarheit schaffen. Frau Rechtsanwältin Jasmin Fuhr kann Ihre Situation prüfen und Ihnen helfen, Ihre Ansprüche erfolgreich durchzusetzen.