US-Präsident Trump droht der EU mit Einfuhrzöllen von 50 Prozent ab Juni. Die EU müsse nun geschlossen auftreten, forderte Finanzminister Klingbeil im Bericht aus Berlin. Es müsse schnell eine gemeinsame Lösung geben.
Viel Zeit bleibt nicht, um zu verhandeln: Ab dem 1. Juni will die US-Regierung auf Einfuhren aus der Europäischen Union Zölle in Höhe von 50 Prozent verhängen. Die EU-Mitgliedsstaaten hoffen auf eine plötzliche Kehrtwende von US-Präsident Donald Trump. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil versucht, im Konflikt mit der US-Regierung zu beschwichtigen – zuletzt beim Treffen der G7-Staaten in Kanada.
„Jetzt sind wir in einer entscheidenden Phase der Verhandlungen“, sagte der SPD-Politiker im Bericht aus Berlin. „Da sollten wir uns nicht provozieren lassen, sondern wir sollten uns gemeinsam darauf fokussieren, worum es geht: Wir wollen eine gemeinsame Lösung mit den USA. Und das liegt auch im Interesse der USA.“
Mit Provokation dürfte Klingbeil vor allem das Agieren Trumps meinen. In Kanada traf sich der SPD-Politiker noch mit US-Finanzminister Scott Bessent. Kurz nach dem Gespräch, das Klingbeil im Bericht aus Berlin als „gut und vertrauensvoll“ bezeichnet, kommt die Ankündigung des US-Präsidenten, die Strafzölle zu erhöhen.
Klingbeil setzt auf Geschlossenheit der EU
Wiederholt hat US-Präsident Trump behauptet, dass die EU die Vereinigten Staaten von Amerika ausnutzten. Brüssel und die EU-Staaten hätten mit Handelsbarrieren einen großen Exportüberschuss gegenüber den USA herbeigeführt. Zu diesen Barrieren zählte der Präsident etwa Mehrwertsteuern, „lächerliche“ Strafen für Konzerne, Währungsmanipulation und „ungerechtfertigte Klagen gegen amerikanische Unternehmen“. Es wird laut Trump keine Zölle geben, wenn das jeweilige Produkt in den USA hergestellt wird.
Klingbeil möchte sich davon nicht beirren lassen. Er sieht die Stärke der Europäischen Union in ihrer Geschlossenheit. „Die Gespräche werden intensiv von der Europäischen Kommission geführt“, sagte der Vizekanzler. Die Bundesregierung begleite diese Verhandlungen. „Es muss jetzt schnell eine Lösung kommen, sonst werden wir eine massive Unruhe in den Märkten erleben.“ Das sei auch der Tenor beim G7-Treffen in Kanada gewesen.
„Kostet uns mindestens die Hälfte des erwarteten Wachstums“
Sollten die US-Zölle auf EU-Produkte wie von Trump angedroht in Kraft treten, droht Deutschland Wirtschaftswissenschaftlern zufolge ein massiver Schaden. Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln berechneten, dass die Einfuhrzölle die deutsche Wirtschaft bis 2028 etwa 200 Milliarden Euro kosten könnten. „Das deutsche BIP wäre in diesem Jahr rund 0,1 Prozent niedriger, danach würden die Schäden deutlich größer“, sagten die Wissenschaftler. Wenn die EU mit entsprechenden Vergeltungszöllen reagiere, drohe sogar ein Schaden von 250 Milliarden Euro bis 2028.
Die Wirtschaftswissenschaftlerin Monika Schnitzer sagte im Bericht aus Berlin mit Blick auf die angedrohten Zölle: „Das kostet uns schon mindestens die Hälfte des Wachstums, das wir eigentlich erwartet haben.“ Hinzu komme die Unsicherheit, die auf den Märkten laste.
„Rate allen zu warten, bis Haushalt vorliegt“
Klar ist, für Deutschlands schwächelnde Wirtschaft kommen die US-Drohungen zur Unzeit. Auf Finanzminister Klingbeil warten einige Herausforderungen. Er warnte davor, sich allein auf das beschlossene 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen zu verlassen. „Niemand hat das Recht, sich zurückzulehnen“, sagte er. Es müsse genau geschaut werden, wo gespart werden könne – etwa beim Personal in der Bundesverwaltung.
Zugleich gehe es nun darum, zügig zu investieren. Die Bürgerinnen und Bürger sollten möglichst schnell merken: Es verändert sich etwas. „Züge, Brücken, Straßen Kitas – all das wird saniert.“
Die Pläne Klingbeils stoßen allerdings auf Kritik. Die Grünen werfen ihm „Haushaltstrickserei“ vor. Sie befürchten, dass die vereinbarten Klimaschutzmaßnahmen es nicht in den regulären Haushalt schaffen könnten. Der SPD-Politiker hält den Vorwurf für nicht gerechtfertigt. Der Vizekanzler betonte: „Ich rate allen, zu warten, bis ich einen Haushalt vorlege.“