In Deutschland fehlen Hunderttausende Wohnungen. Um dem entgegenzuwirken, muss deutlich mehr gebaut werden – und aktuell scheint das wieder besser zu laufen. Denn die Zahl der Baugenehmigungen hat deutlich zugelegt.
Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen ist im Juli sprunghaft gestiegen. Das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor. Im Juli wurden 22.100 Wohnungen genehmigt und damit 30 Prozent oder 5.100 mehr als ein Jahr zuvor.
Allerdings waren die Zahl im Vergleichsmonat Juli 2024 auch auf den niedrigsten Wert seit 2009 eingebrochen. Höhere Zinsen und teure Baumaterialien hatten den jahrelangen Bauboom beendet. „Der Wohnungsbau zieht an“, kommentierte Bundesbauministerin Verena Hubertz die Entwicklung. Die Steigerung zeige, dass die Branche wieder zu neuem Optimismus finde, so die SPD-Politikerin.
Ist ein Ende der Krise in Sicht?
„Das Ende der Krise ist jetzt absehbar, auch wenn die aktuelle Lage noch schlecht ist“, erklärte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien. Schon im ersten Halbjahr des Jahres zeigte sich eine positive Entwicklung, wenn auch noch nicht ganz so eindeutig. Von Januar bis Juli wurden 131.800 Wohnungen genehmigt. Das waren 6,6 Prozent oder 8.200 Wohnungen mehr als im gleichen Zeitraum 2024.
„Für eine echte Entspannung am Wohnungsmarkt wird die Bautätigkeit aber absehbar noch zu schwach bleiben“, betonte Dullien. Im Gesamtjahr 2025 dürften weniger als 250.000 Wohnungen neu genehmigt werden – benötigt würden eher 320.000.
Hinzu kommt: Die Zeitreihe zeigt insgesamt relativ hohe Schwankungen, wie Cyrus de le Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, betont. Daher sollte der Zuwachs nicht überbewertet werden. Man liegt tatsächlich auch noch etwa ein Drittel unter der Zahl der Baugenehmigungen, die in den Jahre 2021 und 2022 ausgestellt wurden.
Bau-Turbo soll neue Impulse bringen
Es fehlten Hunderttausende bezahlbare Wohnungen, beklagt denn auch der Deutsche Mieterbund (DMB). „Die Angebotsmieten liegen im Rekordbereich und steigen immer weiter“, sagte DMB-Präsidentin Melanie Weber-Moritz. So seien die Nettokaltmieten seit 2010 um 64 Prozent gestiegen, im Schnitt um 4,5 Prozent pro Jahr. „Der Zuwachs ist damit deutlich höher als die allgemeine Inflation in diesem Zeitraum“, betont Weber-Moritz. Er liege auch über der durchschnittlichen Lohnentwicklung.
Neue Impulse soll der sogenannte Bau-Turbo der Bundesregierung bringen. So sollen Kommunen Genehmigungsverfahren straffen, indem sie von Bebauungsplänen abweichen können. Ziel ist es, dass schneller gebaut, nachverdichtet oder aufgestockt werden kann. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass unsere Politik dazu beiträgt, den Wohnungsbau mittel- und langfristig zu stabilisieren und so mehr bezahlbaren Wohnraum in unserem Land zu schaffen“, sagte Bauministerin Hubertz.
Bauverband hofft auf langfristig positive Entwicklung
Die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser stieg in den ersten sieben Monaten um 15 Prozent auf 25.400. Bei den Zweifamilienhäusern sank sie hingegen um 6,6 Prozent auf 7.100. Bei Mehrfamilienhäusern, der zahlenmäßig stärksten Gebäudeart, wurden insgesamt 69.300 neue Wohnungen genehmigt. Dies bedeutete ein Plus von 5,6 Prozent.
Der Zuwachs bei den Genehmigungen im Juli sei vorwiegend dem Mehrfamilienhausbau zuzuschreiben, sagte der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB). „Hier wurden fast 12.000 Genehmigungen erteilt. Im Vorjahr waren es ca. 8.300 genehmigte Wohnungen, ein Plus von fast 44 Prozent“, sagte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des ZDB. So erfreulich das sei, sehe man im Jahresverlauf ein Auf und Ab. „Ob es sich bei diesem Zuwachs um ein nachhaltiges Bild handelt oder in erheblichem Umfang Nachmeldungen eingegangen sind, muss sich erst noch zeigen“, so Pakleppa.
Die Branche sei gerade erst dabei, aus einer langen Talsohle herauszukommen. „Es bleibt wichtig, jetzt Investitionsimpulse auch für die Bautätigkeit zu setzen. Diese ist im Wohnungsbau nach wie vor schwach.“ Der Haushalt 2026 müsse dem Wohnungsbau weiter Auftrieb verleihen.