Verspätet und teurer als geplant – das verbindet man mit deutschen Großbaustellen. Doch es geht auch anders, wie etwa der Frankfurter Flughafen zeigt.
Es ist ein Großprojekt mit enormen Ausmaßen: Der Ventilproduzent Samson verlagert gerade seinen gesamten Standort von Frankfurt am Main ins nahe Offenbach. Für 450 Millionen Euro entsteht auf einer früheren Brachfläche eine neue Fabrik für 2.000 Beschäftigte, weil der alte Standort eine Wachstumsbremse war.
Nun, nur vier Jahre nach Kauf des verseuchten Grundstücks, ist die Elektronikproduktion mit den ersten 200 Mitarbeitern bereits angelaufen. Samson-Chef Andreas Widl räumt ein: „Wenn man sonst die Geschichten aus Deutschland hört, dann ist man mehr als positiv überrascht.“
Offenbach ging bewusst „ins Risiko“
Als Gründe benennt er die die Unterstützung des Regierungspräsidiums und einen „unternehmerisch denkenden Oberbürgermeister“ im Offenbacher Rathaus. Die Unterstützung von Oberbürgermeister Felix Schwenke (SPD) war beispielsweise notwendig, weil es zum Zeitpunkt des Bauantrags von Samson für das ehemalige Chemie-Gelände nicht einmal einen Bebauungsplan dann.
Wäre der wie üblich erst noch erstellt worden, dann hätte das Unternehmen wohl mehrere Jahre auf die Baugenehmigung warten müssen. So aber ist der Rathaus-Chef mit seiner Verwaltung nach eigenen Worten „ins Risiko“ gegangen. Dafür habe er die Devise ausgegeben: „Wir treffen Entscheidungen auch mit 80-prozentiger Sicherheit, statt alles doppelt und dreifach abzusichern.“
„Oft übertrieben“: Kritik an Regeln und Naturschutz
Unterstützung bekommt er dafür von Professor Michael Voigtländer, Bau- und Immobilienexperte am arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Seiner Meinung nach habe man es in Deutschland beispielsweise beim Naturschutz in der Vergangenheit „an einigen Stellen sehr weit übertrieben“, so Voigtländer.
„Da findet man dann viele Argumente, warum man nicht baut.“ Die Baubranche hat aber ohnehin harte Jahre hinter sich. Seit Jahresanfang bessern sich laut ifo-Index nun die Geschäftserwartungen.
Hattersheim zeigt, wie schnell es gehen kann
Wie es im Wohnungsbau schneller voran gehen kann, erlebt gerade Matthias Krieger mit seinem Unternehmen Krieger + Schramm. Der deutschlandweit tätige Bauträger errichtet 124 Wohnungen im hessischen Hattersheim. Die Baugenehmigung hat er innerhalb eines halben Jahres bekommen. Üblich seien drei bis fünf Jahre; der Negativrekord liegt bei ihm bei elf Jahren. Seine Erklärung für die großen Unterschiede: „Es liegt an den Menschen vor Ort.“ Wie in Offenbach sieht der Unternehmer dabei das Rathaus als entscheidend an. Der Hattersheimer Bürgermeister Klaus Schindling (CDU) wirbt innerhalb seiner Mannschaft für schnellere Genehmigungen. „Dann bin ich auch bereit, ein Restrisiko billigend in Kauf zu nehmen“, so der Bürgermeister.
Gute Nachrichten vom Wohnungsbau gibt es durchaus nach Jahren der Krise. In den ersten drei Quartalen sind laut Statistischen Bundesamts im Vergleich zum Vorjahr 17,4 Prozent mehr Einfamilienhäuser und 13 Prozent mehr Wohnungen in Mehrfamilienhäusern genehmigt worden.
Diesen Trend soll der so genannte „Bau-Turbo“ verstärken, der vor vier Wochen beschlossen wurde. Nach Ansicht des Immobilienexperten Voigtländer könne so die Planung deutlich beschleunigt werden. „Wenn aber die Kommunen zu viele ökologische Bedenken haben, dann wird diese Geschwindigkeit nicht zu erreichen sein.“
| Mehrfamilienhäuser | +13,0 Prozent |
|---|---|
| Einfamilienhäuser | +17,4 Prozent |
Terminal 3: Großprojekt im Zeit- und Kostenrahmen
Dass sogar umstrittene Großprojekte im Zeit- und Kostenrahmen ihr Ziel erreichen können, beweist das neue Terminal 3 am Frankfurter Flughafen. Nach zehn Jahren Bauzeit können dort in Zukunft 19 Millionen Passagiere abheben. Dafür investiert der Flughafenbetreiber Fraport vier Milliarden Euro.
Explodierende Baukosten und verschobene Zeitpläne kennt Fraport-Chef Stefan Schulte nur vom Hörensagen und benennt einen wichtigen Erfolgsfaktor: „Was wir geplant haben, haben wir auch gebaut“. Das sei nicht anders als im privaten Hausbau: „Wer nachträglich die Küche von links hinten noch vorne rechts verlegt, hat schnell ein Zeit- und Kostenproblem“. So aber ist der Flughafenausbau auf der Zielgeraden: Am 23. April werden im nächsten Jahr die ersten Passagiere einsteigen.
