Die zunehmende Regulierung wirtschaftlicher Tätigkeiten und das wachsende öffentliche Interesse an Compliance und Integrität führen dazu, dass Unternehmen immer häufiger mit dem Wirtschaftsstrafrecht in Berührung kommen. Die möglichen Konsequenzen sind schwerwiegend – von Bußgeldern über Vermögensabschöpfung bis hin zur strafrechtlichen Haftung von Geschäftsführern und Vorständen. Dieser Beitrag zeigt auf, welche Risiken bestehen und wie Unternehmen diesen wirksam begegnen können.
1. Was ist Wirtschaftsstrafrecht?
Das Wirtschaftsstrafrecht ist kein eigenes Gesetzeswerk, sondern ein Sammelbegriff für Strafvorschriften, die wirtschaftliches Handeln sanktionieren. Dazu gehören unter anderem:
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Betrug (§ 263 StGB)
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Untreue (§ 266 StGB)
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Insolvenzstraftaten (§§ 283 ff. StGB)
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Korruptionsdelikte (§§ 299 ff. StGB, §§ 331 ff. StGB)
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Steuerstraftaten (§§ 370 ff. AO)
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Geldwäsche (§ 261 StGB)
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Kartell- und Wettbewerbsverstöße
Diese Vorschriften greifen insbesondere dann, wenn wirtschaftliches Verhalten gegen strafrechtlich geschützte Interessen verstößt – etwa gegen die Vermögensinteressen Dritter, gegen das Steueraufkommen oder gegen fairen Wettbewerb.
2. Strafrechtliche Risiken für Unternehmen und Organvertreter
Während das Strafrecht ursprünglich auf natürliche Personen zugeschnitten ist, können Unternehmen mittlerweile selbst Adressat empfindlicher Sanktionen sein – beispielsweise im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenrechts (§§ 30, 130 OWiG) oder durch verfahrensrechtliche Nebenfolgen, wie:
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Unternehmensgeldbußen in Millionenhöhe
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Einziehung von Gewinnen (Vermögensabschöpfung)
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Reputationsverlust durch öffentliche Verfahren
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Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen
Besonders betroffen sind Geschäftsleiter, Vorstände, Aufsichtsräte sowie Compliance- und Finanzverantwortliche. Ihnen droht – bei Organisationsversagen oder eigenem Fehlverhalten – unter Umständen persönliche strafrechtliche Haftung.
3. Typische Risikobereiche im Unternehmen
Bestimmte Unternehmensbereiche gelten als besonders anfällig für wirtschaftsstrafrechtliche Risiken:
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Vertrieb und Einkauf: Korruptionsrisiken bei Auftragsvergabe
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Buchhaltung und Steuern: Steuerdelikte, Bilanzfälschung
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Geschäftsführung: Untreue durch Pflichtverletzungen
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Personalabteilung: Scheinselbstständigkeit, Sozialversicherungsbetrug
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IT und Datenschutz: Verstöße gegen DSGVO mit strafrechtlicher Relevanz
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Zahlungsunfähigkeit: Insolvenzverschleppung
Fehlerhafte Strukturen, fehlende Kontrolle oder unzureichende Compliance-Systeme begünstigen die Gefahr strafrechtlicher Ermittlungen.
4. Prävention durch wirksame Compliance
Um strafrechtliche Risiken zu minimieren, sind Unternehmen gut beraten, präventiv zu handeln. Dazu gehört insbesondere:
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Einführung eines Compliance-Management-Systems (CMS)
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Schulung von Mitarbeitern zu strafrechtlich relevanten Themen
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Einrichtung von Hinweisgebersystemen (Whistleblower-Hotlines)
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Interne Audits und regelmäßige Risikoanalysen
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Externe rechtliche Beratung in sensiblen Bereichen
Die Implementierung solcher Strukturen wirkt nicht nur präventiv, sondern kann im Ernstfall auch strafmildernd berücksichtigt werden.
5. Was tun im Ernstfall?
Kommt es zu einem Anfangsverdacht – etwa durch eine Durchsuchung, eine Steuerprüfung oder interne Hinweise –, ist schnelles und überlegtes Handeln entscheidend:
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Keine unüberlegten Aussagen gegenüber Ermittlungsbehörden
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Einschaltung eines erfahrenen Strafverteidigers oder Wirtschaftsstrafrechtlers
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Schutz des Unternehmens durch interne Ermittlungen
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Prüfung der Möglichkeit einer Selbstanzeige (z. B. im Steuerstrafrecht)
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Krisenkommunikation nach außen
Eine professionelle strafrechtliche Verteidigung kann nicht nur Einzelpersonen schützen, sondern auch erhebliche wirtschaftliche Schäden vom Unternehmen abwenden.
Fazit:
Wirtschaftsstrafrechtliche Risiken sind für Unternehmen real und oft unterschätzt. Wer sich frühzeitig mit den Gefahren beschäftigt und präventive Maßnahmen ergreift, kann nicht nur rechtliche Sanktionen, sondern auch Reputationsverluste vermeiden. Die frühzeitige Einbindung eines spezialisierten Anwalts ist dabei oft der entscheidende Faktor.