Viele erhalten einen Steuerbescheid mit einer hohen Steuerforderung. Man denkt dann, dass man sich gegen den Steuerbescheid nicht wehren kann und die Steuerforderung akzeptieren muss. Zum Glück leben wir aber (noch) in einem Rechtsstaat und dieser stellt dem Steuerbürger ein riesiges ARSENAL an rechtlichen Mitteln zur Verfügung, um sich gegen die Steuerforderung zu wehren. Dieser Beitrag soll einen Überblick über die rechtlichen Möglichkeiten geben.
1. Einspruch § 347 AO/ Klage §§ 63 FGO/ Revision § 115 FGO
Das wichtigste Rechtsmittel ist immer der Einspruch gegen den Steuerbescheid nach § 347 AO. Der Einspruch muss erstmal nicht einmal begründet werden, sondern kann einfach als „Einspruch gegen den Steuerbescheid vom xx.xx.xxxx für das Steuerjahr XXXX“ eingelegt werden. Hierzu sollten entsprechende Vorlagen aus dem Internet verwendet werden. Der Einspruch kann schriftlich oder per Elster an das Finanzamt geschickt werden und muss innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheides eingelegt werden. Auch FAX ist noch zulässig. Nicht möglich sind E-Mail und – zum Leidwesen aller Rechtsanwälte – das besondere elektronische Anwaltspostfach (§ 87a AO). Mit dem Einspruch verhindert man den Eintritt der Bestandskraft und gibt den Steuerbescheid zur erneuten Überprüfung an die Behörde zurück. Der Einspruch ist gebührenfrei, bedeutet aber, dass man auch im Falle des Obsiegens die Anwaltskosten nicht zurückerhält. Im Falle des Unterliegens entstehen aber auch keine zusätzlichen Kosten durch die Behörde. Zu beachten ist, dass der Einspruch keine aufschiebende Wirkung hat, d.h. die Steuerforderung muss erst einmal zum angegebenen Termin bezahlt werden, es sei denn man stellt einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (siehe gleich Punkt 2). Ich rate dazu, kleinere Einsprüche selbst zu erledigen, sei es, dass man Belege vergessen hat oder ein Fehler ins Auge springt und mit einfachen Worten erklärt werden kann. Grundsätzlich sind Streitwerte bis 1000 € auch von einem „normalen“ Bürger zu bewältigen. Alles, was darüber hinausgeht, sollte mit einem Steuerberater oder Rechtsanwalt besprochen werden.
Hilft das Finanzamt dem Einspruch nicht ab, erlässt es eine Einspruchsentscheidung, gegen die wiederum innerhalb eines Monats Klage beim Finanzgericht nach § 65 ff AO erhoben werden kann. Ohne auf Einzelheiten einzugehen, sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass Klagen vor dem Finanzgericht von absoluten Profis, also Rechtsanwälten mit Fachanwaltstitel oder Steuerberatern mit Kenntnissen der AO und FGO, eingereicht werden sollten. Entscheidet das Finanzgericht gegen einen, so kann man diese Entscheidung ebenfalls vom Bundesfinanzgericht nach § 115 FGO überprüfen lassen.
2. Aussetzung der Vollziehung § 361 AO/ Aussetzungsantrag bei Gericht § 69 FGO
Der Aussetzungsantrag gegen den Steuerbescheid nach § 361 AO sollte in der Regel flankierend zum Einspruch gestellt werden. Er dient dazu, die angeforderte Steuerschuld nicht zu dem vom Finanzamt angegebenen Zeitpunkt zahlen zu müssen. Die Formvorschriften sind mit denen des Einspruchs identisch. Der Aussetzungsantrag ist jedoch unverzüglich zu begründen. Gründe für den Aussetzungsantrag sind ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides. Häufig kommt man mit diesem Einwand durch, wenn der Fehler offensichtlich ist oder eine konkrete Rechtsprechung zu dem Fall vorliegt und zitiert werden kann.
3. Änderungsantrag nach §§ 172 ff AO
Auch bei bestandskräftigen Steuerbescheiden besteht die Möglichkeit, den Steuerbescheid aufzuheben und den Steueranspruch herabzusetzen. Ist der Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 165 AO ergangen, kann er auch noch später als einen Monat nach Bekanntgabe geändert werden. Dazu muss im Steuerbescheid ausdrücklich auf die Vorläufigkeit hingewiesen werden. Dies geschieht häufig bei Selbständigen oder Unternehmen, deren Buchführung oder Gewinn noch nicht abschließend vom Finanzamt geprüft wurde. Die Folge ist oft, dass nach mehreren Jahren eine Betriebsprüfung ansteht und dann der Bescheid zum Nachteil geändert wird. Der Bescheid kann aber auch nach mehreren Jahren zu Gunsten des Steuerpflichtigen geändert werden, wenn Belege vergessen wurden. Oft kann man einen Änderungsantrag bei Personen stellen, die Scheinrechnungen an andere gestellt haben. Dadurch wird die Steuerschuld beim Aussteller der Scheinrechnung beseitigt und auf den tatsächlichen Steuerschuldner übertragen.
In dem nächsten Beitrag gehe ich auf die Stundung, Einwendung gegen die Vollstreckung, Sicherheitsleistung, Aufrechnung, Erlass, und Aufteilung der Steuerschuld ein.