Die Weltgesundheitsorganisation befasst sich ab heute auf einer Konferenz in Genf mit Maßnahmen im Kampf gegen den Tabakkonsum. Unter anderem geht es um Filter für Zigaretten und Aromastoffe in E-Zigaretten.
Die 183 Vertragsstaaten der 2005 gegründeten Anti-Tabak-Konvention (FCTC) beraten ab heute in Genf über den weiteren Kampf gegen Tabak und Nikotin. Auf dem Tisch liegt unter anderem ein Expertenpapier, das neue Maßnahmen vorschlägt – etwa das Verbot von Filtern für Zigaretten und das Verbot von Aromastoffen in E-Zigaretten.
Die Delegierten wollen bei dem fünftägigen Treffen über die massive Lobbyarbeit der Tabakkonzerne und die Gefahren für Kinder und Jugendliche durch E-Zigaretten und andere neuartige Nikotinprodukte diskutieren. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wirft der Branche vor, mit Geschmacksrichtungen wie Gummibärchen oder Zuckerwatte besonders Kinder ködern zu wollen.
Tabakindustrie will junge Leute ansprechen
„Die Tabak- und Nikotinindustrie ist mit immer neuen Produkten unterwegs, etwa den Vapes, weil sie junge Leute ansprechen, die sie damit früh nikotinabhängig machen – so sichern sie ihren Markt“, sagte auch Ärztin Ulrike Helbig, die das Berliner Büro der Deutschen Krebsliga leitet. Sie unterstütze daher die Empfehlungen der WHO, Aromastoffe zu verbieten. Vapes sind elektronische Geräte, die eine Flüssigkeit erhitzen und Dampf erzeugen, der inhaliert wird. Die meisten enthalten Nikotin und bestimmte Geschmacksrichtungen.
Außerdem soll bei der Konferenz der Anti-Tabak-Konvention über die Umweltverschmutzung durch Zigarettenkippen diskutiert werden. Weltweit werden nach WHO-Schätzungen jährlich rund 4,5 Billionen Zigarettenkippen weggeworfen. Sie sind nach Angaben des kommissarischen Leiters des FCTC-Sekretariats, Andrew Black, nicht nur giftig, sondern tragen wegen der nicht biologisch abbaubaren Filter auch erheblich zur weltweiten Plastikverschmutzung bei.
Der WHO-Direktor für Umwelt und Klimawandel, Rüdiger Krech, spricht sich daher dafür aus, Zigarettenfilter aus Kunststoff ganz zu verbieten. Auch das begrüßt Ärztin Helbig. „Alles, was den Tabak- und Nikotinkonsum eindämmen kann, muss umgesetzt werden.“
Kritik der WHO an Deutschland
In Deutschland sterben nach ihren Angaben 127.000 Menschen pro Jahr aufgrund von Tabakkonsum. Jede fünfte der 520.000 Krebsneuerkrankungen im Jahr gehe auf Tabak und Nikotin zurück, so Helbig. Die volkswirtschaftlichen Kosten durch die Behandlung von Kranken sowie Verdienstausfälle seien etwa sechsmal so hoch wie die Einnahmen aus der Tabaksteuer.
Deutschland bekommt in den WHO-Berichten über Fortschritte im Kampf gegen Tabak und Nikotin meist schlechte Noten: Die Steuern seien nicht hoch genug. Sie sollten nach WHO-Angaben mindestens 75 Prozent des Preises ausmachen. Auch die WHO-Empfehlung, Zigaretten in Einheitspackungen ohne Farben und Logos zu verkaufen, ist in Deutschland bisher nicht umgesetzt.
„Einmischung der Industrie in Debatten“
Darüber hinaus warnte die WHO im Vorfeld des fünftägigen Treffens vor Industrieversuchen, den Kampf gegen Tabak und Nikotin zu untergraben. Vor der Konferenz machte ein angeblich geplantes EU-Verbot von Filterzigaretten Schlagzeilen. Medien wurden aufgeschreckt, obwohl die EU die Angaben dementiert hat.
Die Tabakfirmen seien sehr einflussreich, mahnte Etienne Krug, der Direktor der für Tabak zuständigen WHO-Abteilung. „Wir müssen uns der Einmischung der Industrie in Debatten bewusst sein.“ Die WHO würde ein Filterverbot zwar begrüßen. „Das darf aber nicht etwa von der Besteuerung von Tabak ablenken, was den Verbrauch sehr viel stärker schrumpfen lassen würde“, sagte Krug der Nachrichtenagentur dpa.
