Ein junger Erwachsener in Hamburg soll in Live-Chats schwerste Verbrechen begangen haben. Ihm wird unter anderem Mord vorgeworfen. Mittlerweile soll er sich in Untersuchungshaft befinden. Betroffene sind nicht rechtlos gestellt, sondern können sich wehren. Hier erfahren Sie, welche Rechte Betroffene haben.
Was ist passiert?
Nach Berichten von BILD machen Ermittler einem 20-Jährigen aus Hamburg erschreckende Vorwürfe: Er soll einen 13-Jährigen dazu gebracht haben, sich in einem Live-Chat zu erhängen. Zahlreiche weitere Taten sollen ihm vorgeworfen worden sein. Insgesamt seien bislang acht Opfer bekannt; mehr als 100 Taten sollen dem Beschuldigten vorgeworfen werden. Der Beschuldigte, der sich auch „White Tiger“ nennt, befinde sich mittlerweile in Untersuchungshaft.
Wie Generalstaatsanwalt Dr. Fröhlich aus Hamburg in einer Pressekonferenz mitteilte, sei der Beschuldigte auf Internetplattformen für psychisch instabile und labile Kinder und Jugendliche unterwegs gewesen. Hier habe er diese in Live-Chats dazu gebracht, sich teils schwerwiegende Verletzungen zuzufügen, teilweise erfolgreiche Suizidversuche zu unternehmen und teils bestialische sexuelle Handlungen vorzunehmen. Hiervon soll der jeweils Videoaufzeichnungen vorgenommen haben, die er bei sich speicherte und teilweise auch als Druckmittel für weitere Tathandlungen nutzte.
Welche Strafe droht „White Tiger“?
Wenn sich die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft als zutreffend herausstellen, hat „White Tiger“ zahlreiche Straftaten begangen. Insbesondere mit den vorgeworfenen Mordtaten steht das Strafmaß dabei fest: Es droht eine lebenslange Freiheitsstrafe. Höchstwahrscheinlich wird das Gericht auch eine Sicherungsverwahrung anordnen. Der Täter käme damit nie wieder in Freiheit.
Was können Betroffene und deren Angehörige tun?
In die Lage der Betroffenen und ihrer Angehöriger kann man sich kaum hineinversetzen. Umso wichtiger zu betonen sind deren Rechte. Sie haben im Wesentlichen zum einen das Recht, als Nebenkläger aktiv am Strafverfahren teilzunehmen; zum anderen besteht auch die Möglichkeit, Schadensersatz von White Tiger zu verlangen.
Nebenklage mit dem Fachanwalt für Strafrecht
Für die Strafverfolgung bei solchen Verbrechen sorgt der Staat grundsätzlich selbst. Betroffene können sich aber am Strafverfahren gegen den Angeklagten beteiligen, indem sie sich einer öffentlich erhobenen Klage anschließen. Dies ist für die Betroffenen günstig, weil sie dadurch als Nebenkläger Verfahrensrechte im Prozess gegen den Beschuldigten haben.
Welche Rechte hat der Nebenkläger?
Der Nebenkläger hat insbesondere folgende Rechte:
- während der Hauptverhandlung anwesend sein, auch wenn er als Zeuge vernommen werden soll; er ist zu ihr auch zu laden,
- Richter und Sachverständige wegen der Besorgnis der Befangenheit („Befangenheit“) ablehnen,
- das Fragerecht ausüben,
- Anordnungen des Vorsitzenden und Fragen beanstanden,
- Beweisanträge stellen und
- Erklärungen abgeben (insbesondere „Plädoyer am“ Ende).
Der Nebenkläger ist ferner grundsätzlich im selben Umfang zuzuziehen wie die Staatsanwaltschaft. Außerdem wichtig: Er kann unter bestimmten Voraussetzungen Rechtsmittel (Berufung und Revision) einlegen und sich gegen die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens sowie bestimmte Verfahrenseinstellungen wehren. Er kann also alle prozessualen Möglichkeiten ausschöpfen, um auf eine Bestrafung hinzuwirken.
Wer kann Nebenkläger sein?
Nebenkläger kann bei schweren Straftaten (zu denen die hier in Rede stehenden gehören) der durch die Tat Verletzte sein. Sollte der Verletzte durch die Tat getötet worden sein, können als Nebenkläger auch auftreten:
- dessen Kinder,
- dessen Eltern,
- dessen Geschwister sowie
- dessen Ehegatte oder Lebenspartner.
Wie wird man Nebenkläger?
Will man Nebenkläger werden, muss man eine sog. Anschlusserklärung schriftlich bei Gericht einreichen. Das kann man grundsätzlich zu jedem Zeitpunkt tun. Ein frühzeitiges Aktivwerden lohnt sich aber. Über Entscheidungen vor dem Anschluss wird man nämlich grundsätzlich nicht informiert und kann sich gegen sie auch nicht wehren.
Braucht man einen Anwalt für die Nebenklage?
Ein Anwalt ist für eine Nebenklage nicht erforderlich. Es steht dem Nebenkläger aber offen, sich eines Rechtsanwalts als Beistand zu bedienen. Ein solcher Opferanwalt / Nebenklagevertreter bringt praktische Vorteile mit sich: Er vermittelt nicht nur Sicherheit, sondern bringt auch Expertise und Erfahrung in Strafverfahren mit. So kann er bestmöglich auf die Verwirklichung der Gerechtigkeit hinwirken.
Dieser Jurist ist der einzige im Raum, der konsequent auf der Seite der Opfer steht. Ihm kann es gelingen, durch gezielte Fragen möglicherweise mehr aus Zeugen herauszuholen oder durch geschickte Ausübung der Nebenklagerechte die Wahrscheinlichkeit einer Bestrafung zu erhöhen.
Schadensersatz gegen mutmaßlichen Täter
Grundsätzlich kommen auch Schadensersatzforderungen gegen den mutmaßlichen Täter in Betracht. Das wird in der Regel Schmerzensgeld sein; im Falle der Tötung des Opfers kommen weitere Ansprüche in Betracht wie z.B. der Ersatz der Beerdigungskosten oder Unterhaltsersatzansprüche.
Diese Ansprüche können im Rahmen eines Adhäsionsverfahrens innerhalb des Strafverfahrens geltend gemacht werden. Auch hier empfiehlt sich die Beauftragung eines Rechtsanwalts. Insbesondere wird vorab zu fragen sein, ob ein erstrittener Zahlungsanspruch überhaupt werthaltig ist. Oft ist der Täter nicht zahlungsfähig und wird bereits bei einer langen Haftstrafe wohl auch kein Geld mehr verdienen. Dies ist bei der Entscheidung, ob entsprechende Ansprüche geltend gemacht werden, zu berücksichtigen.
Unterstützung vom Anwalt für Strafrecht
Wenn Sie als Opfer oder Opferangehöriger einer Straftat Hilfe brauchen, sind meine Kollegen und ich für Sie da. Die Rechtsanwälte der BUSE HERZ GRUNST Rechtsanwälte sind als Opferanwälte erfahren. Sie helfen Ihnen, Ihre Rechte durchzusetzen und so für Gerechtigkeit zu sorgen. Gern sprechen wir uns in Kürze per Videocall, Telefon oder bei einem Termin vor Ort.