Es ist eine Praxis, die man auch von anderen E-Commerce-Plattformen kennt: Wer zu viel und zu häufig Waren zurückschickt oder gar aus Spaß deutlich mehr Ware bestellt als er oder sie behalten will, bekommt hierfür die Quittung. Zwar gehören kostenlose Retouren zum Konzept vieler Onlinehändler:innen, so auch bei Zalando – übertreiben sollte man das allerdings nicht.
Zalando erklärt nun – und erwähnt dies neuerdings auch in den allgemeinen Geschäftsbedingungen – dass Kund:innen im Rahmen des normalen Fair Use natürlich auch weiterhin Ware zurücksenden könne, dass aber ein, wie es eine Sprecherin ausdrückt, „kleine Gruppe von Kund:innen“ ausgemacht habe, die die Großzügigkeit offenbar zu sehr ausgenutzt haben. Die Rede ist dabei von 0,02 Prozent der gesamten Kundschaft – und da die laut dem letzten Jahresbericht bei gut 50 Millionen Kund:innen liegt, handelt es sich schon um eine einige tausend Kundenkonten, rechnerisch 10.000 Konten.
Diese Konten sollen nun nach entsprechenden Vorwarnungen für immerhin zwölf Monate von sämtlichen Käufen ausgeschlossen werden, heißt es. Die Kund:innen können weiterhin auf ihre Bestellhistorie zugreifen und ebenso ihre Retouren für bereits getätigte Bestellungen verwalten, aber eben für ein Jahr keine neuen Bestellungen tätigen. Ob und in welcher Weise Kund:innen hier mit einem neuen Konto an derselben Adresse tricksen können und woran Zalando die Identität festmacht, ist unbekannt.
Retouren sind immenser Kostenfaktor im Onlinehandel
Für Zalando ist dies ein ungewöhnlicher Schritt, der natürlich auch viele Kund:innen beunruhigt, ähnlich wie dies in der Vergangenheit bei Amazon der Fall war. Das US-Unternehmen hat ebenfalls in offenbar sehr kleinem Umfang Besteller:innen ausgeschlossen. Klar ist aber, dass es für diesen Schritt schon reichlich Bestellungen und Retouren braucht, bis ein Unternehmen eine derart unpopuläre Maßnahme einleitet, die vor allem auch weite Kreise zieht. Natürlich erklärt Zalando nicht, nach wie vielen Bestellungen oder bei welchem Bestell-Retoure-Verhalten man Kund:innen die gelbe Karte zeigt, respektive das Konto für ein Jahr von Bestellungen ausschließt.
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Gängige Praxis gerade im Bekleidungssegment ist eine Retourenquote von 40 bis 60 Prozent, in vielen anderen E-Commerce-Branchen liegt die Retourenquote deutlich niedriger. Zalando tut, ähnlich wie andere Händler:innen schon viel dafür, dass Kund:innen nicht mehrere Größen zur Auswahl bestellen müssen und rät zu einer bestimmten Größe bei einem bestimmten Kleidungsstück. Diese Treffergenauigkeit wird umso besser, je länger und je mehr Kund:innen dort gekauft haben. Gerade das Größenthema ist eines, das im E-Commerce die Rücksendequote schnell in die Höhe treibt. Unternehmen wie Zalando arbeiten daher mit einem umfassenden Sizing-Team, das sich zur Aufgabe gemacht hat, für Kund:innen mit einer Vielzahl an Maßnahmen stets die richtige Größe einer Ware vorauszusagen – angesichts der nahezu unendlich vielen unterschiedlichen Passformen einzelner Hersteller eine Mammutaufgabe. Größenbedingte Retouren machen nach Unternehmensangaben bei Zalando rund ein Drittel aller Rücksendungen aus.
Die Zeit läuft – warum du Ware zügig zurückschicken solltest
Wer als Kund:in dem Onlinehandel etwas Gutes tun will, entscheidet sich übrigens zügig für oder gegen Ware. Denn jede Woche, die Ware kürzer beim Kunden unterwegs ist, zählt – insbesondere bei saisonaler Ware, die innerhalb weniger Monate nur noch schwer und mit satten Abschlägen verkauft werden kann. Das ist auch der Grund, warum gerade Bekleidungshändler:innen wie auch Zalando zunehmend ihre großzügigen Rücksendezeiträume verkürzen und die dereinst großzügigen 100 Tage kürzlich auf 30 reduziert haben.
Dass Retouren für die Onlinehändler:innen einen durchaus relevanter Kostenblock darstellen, ist bekannt. Untersuchungen haben – je nach Warengruppe und -wert Kosten zwischen 10 und 20 Euro ausgemacht, wie beispielsweise eine Untersuchung einer Forschungsgruppe der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg zeigte. Ungefähr die Hälfte betriftt dabei jeweils den Wertverlust, die andere die Kosten für Porto und Refurbishment. Im letzten Geschäftsjahr hat Zalando insgesamt über 250 Millionen Bestellungen verschickt, sodass man ungefähr den Umfang der hier entstehenden Kosten beziffern kann.