Wohnkonzerne wie Vonovia und LEG treiben die Mieten nach oben – zur Bereicherung der Aktionäre. Während Vermieter Milliarden ausschütten, sitzen die Menschen in maroden Wohnungen. Zu Lasten der Steuerzahler.
Wenn Michael Bugenhagen morgens aus seiner Wohnung tritt, schaut er erst nach oben. Von den maroden Fassaden des Hauses lösen sich immer wieder Betonstücke. Das Mauerwerk ist feucht, die Wände sind rissig und in vielen Wohnungen hat sich Schimmel breit gemacht. Es herrscht Sanierungsstau in der Siedlung mit dem Namen „Sanierungsgebiet“ in Lüneburg-Kaltenmoor.
Rund 700 Menschen leben in den Wohnungen des börsennotierten Immobilienkonzerns Vonovia. Viele von ihnen beziehen Bürgergeld, was bedeutet, dass die sogenannten Kosten der Unterkunft von den Sozialkassen bezahlt werden.
Staat zahlt mehr für weniger Betroffene
Die Siedlung in Lüneburg-Kaltenmoor ist kein Einzelfall. Große Immobilienkonzerne wie etwa die Vonovia oder die LEG haben zusammen über 600.000 Wohnungen. Viele dieser Mehrparteienhäuser stehen in prekären Vierteln. Rund 18,6 Milliarden Euro zahlten die Jobcenter 2024 an Vermieter. Obwohl weniger Menschen Bürgergeld beziehen als noch vor zehn Jahren, sind die Kosten der Unterkunft um 20 Prozent gestiegen.
Das heißt: Der Staat zahlt mehr für weniger Bedarfsgemeinschaften. Vonovia schüttete dieses Jahr knapp eine Milliarde Euro an die Aktionäre aus, die LEG legte mit einer Dividende von gut 200 Millionen Euro nach. Für Mieter wie Bugenhagen ist das ein Hohn: „Wir leben in Ruinen, das Amt zahlt und die Konzerne machen Gewinne“, sagt er.
Konzerne treiben die Mieten nach oben
Ausgerechnet in vermeintlich günstigen Regionen wie Witten im Ruhrgebiet sind die Mietpreise in die Höhe geschossen. Im untersten Segment – bei den kleinen und vergleichsweise billigen Wohnungen – steigen die Mieten stetig. Ernst Knuth, Frührentner mit Grundsicherung, bekommt regelmäßig Mieterhöhungsschreiben von der LEG. „Ich widerspreche jedes Mal, weil die Erhöhungen nicht gerechtfertigt sind“, sagt er. Damit ist er die Ausnahme.
Selten wehren sich Menschen im Bürgergeldbezug, denn sie haben einerseits Angst vor einer Kündigung, andererseits werden Miete und Nebenkosten vom Jobcenter übernommen. Der kritische Aktionär Knut Unger beobachtet, dass sowohl die LEG als auch die Vonovia gerade in Orten ohne Mietpreisbremse an der Preisspirale drehen und Wohnungen anbieten, die schon mal zwischen 40 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.
Immobilienkonzerne bestreiten Unrechtmäßigkeit
Auch wenn LEG und Vonovia bestreiten, Mieten unrechtmäßig zu erhöhen und Gewinne auf Kosten der Mieter zu machen, sieht Unger darin eine Masche. „Den Unternehmen geht es nicht vorrangig um die Instandhaltung von günstigem Wohnraum, sondern um die Vermehrung von Geld“, erläutert er. Sie bräuchten laut Unger die Mieterhöhungen, um ihre Dividenden ausschütten zu können.
Die Mieterhöhungen haben zur Folge, dass auch die Kosten der Unterkunft für Bedarfsgemeinschaften steigen. In Regionen, wo der Wohnungsmangel eklatant ist, zahlt der Staat Mieten, die weit über den Marktpreisen liegen. Im Jahr 2022 lag die Durchschnittsmiete in München bei 12,90 Euro, die öffentliche Hand zahlte weit mehr, nämlich durchschnittlich 19,40 Euro.
Der Staat müsse mehr kontrollieren
Matthias Günther vom Pestel-Institut, einem Forschungsinstitut und Dienstleister für Kommunen, Unternehmen und Verbände, sieht darin nicht nur die Schuld der Konzerne, die ihren Aktionären verpflichtet sind. „Der Staat ist gehalten, das zu begrenzen“, sagt er. Es sei absurd, dass der Staat Milliarden an private Konzerne überweist, ohne die Instandhaltung zu prüfen.
Da Miete aber Privatsache ist, kümmern sich die Jobcenter nicht darum. „So verliert der öffentliche Haushalt“, sagt Günther und schlägt vor, der Staat könne zum Beispiel bei Vonovia 25 Prozent plus eine Aktie erwerben, damit er über den Aufsichtsrat wieder Einfluss nehmen kann.
Dresden kauft Wohnungen zurück
Dresden geht einen anderen Weg: Die Stadt kaufte im vergangenen Jahr über 1.200 Vonovia-Wohnungen zurück, trotz Sanierungsstau und hohem Preis. Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann nennt es „eine notwendige Rückgewinnung öffentlicher Verantwortung“.
Dieser Weg sei deutlich günstiger als komplett neue Wohnhäuser bauen zu lassen. Da Kommunale Eigentümer keine Gewinne erwirtschaften müssen, geben sie so einkommensschwächeren Haushalten die Möglichkeit, gut leben zu können. Diesen Weg gehen auch viele andere Städte und Kommunen in Deutschland.
