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Seit Jahren wird über die Einführung von Strompreiszonen diskutiert. Eine neue EU-Studie empfiehlt, Deutschland statt in mehrere Strom-Regionen aufzuteilen. Welche Folgen hätte das?
Was sind Strompreiszonen?
Dabei wird ein Land in verschiedene Regionen mit unterschiedlichen Strompreisen aufgeteilt. In einer Zone also gilt dann jeweils ein eigener Börsenstrompreis. Dieser ist aber nicht gleichzusetzen mit dem Endkunden-Preis, den Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen.
So funktioniert das zum Beispiel seit 2011 bereits in Schweden, das in vier geografische Preiszonen aufgeteilt ist. Die Idee dahinter: Regionale Unterschiede bei Angebot und Nachfrage von Strom sollen so besser geregelt werden. In Schweden gibt es also nicht mehr einen Börsenstrompreis, sondern dieser unterscheidet sich in den einzelnen Zonen. Die Europäische Union prüft dieses Modell gerade für Deutschland.
Warum wird die Einführung von Strompreiszonen in Deutschland diskutiert?
In Deutschland gibt es regional große Unterschiede bei der Stromerzeugung. In Norddeutschland gibt es viel Wind, und dort stehen mehr Windräder als etwa im Süden. Wenn viel Wind weht, aber nicht viel Sonne scheint, dann entsteht günstiger Strom eben vor allem im Norden an den Küsten.
Im Süden aber wird viel Strom gebraucht – und dieser muss dorthin transportiert werden. Doch es fehlt an Stromtrassen in den Süden. Wird also an windreichen Tagen viel Windstrom produziert, kann das die Netze überlasten – der Strom kann in diesen Fällen nicht nach Süden transportiert werden.
Da allerdings nach wie vor Strom gebraucht und nachgefragt wird, werden Gaskraftwerke im Süden hochgefahren, um den Bedarf auszugleichen. Weil dieses Vorgehen viel Geld kostet, steigt der Strompreis in ganz Deutschland. Mit Preiszonen soll das umgangen werden.
Welche Vorteile könnten Strompreiszonen haben?
Erneuerbare Energien wie Wind- und Sonnenenergie könnten effizienter genutzt werden, sagen Befürwortende von Strompreiszonen. Außerdem könnten Strompreiszonen die Netze in Deutschland entlasten, weil weniger Strom transportiert werden muss. Durch die Zonen wird nämlich versucht, Investitionsanreize zu setzen – damit sich die Industrie eher dort ansiedelt, wo der Strom günstiger ist.
Da im Norden oft mehr Energie erzeugt als verbraucht wird, könnten die Preise bei einer Aufteilung in mehrere Strompreiszonen dort sinken. Wenn insgesamt weniger Strom transportiert werden muss, dann könnten auch weniger Kosten für den Netzausbau insgesamt anfallen.
Die Denkfabrik Agora Energiewende ist davon überzeugt, dass mehrere Strompreiszonen die Strompreise für zahlreiche Verbraucherinnen und Verbraucher im Norden senken würden. Das ist aber weiterhin umstritten. Laut Agora Energiewende lassen sich mithilfe lokaler Preise Angebot und Nachfrage gezielter in Einklang bringen und damit das Übertragungsnetz gleichmäßiger auslasten.
Welche Nachteile könnten Strompreiszonen haben?
Verschiedene Wirtschaftsverbände warnen bei der Einführung von Strompreiszonen vor höheren Preisen für die Industrie, vor allem jene mit Standorten im Süden des Landes. Widerstand gegen die Einführung von Strompreiszonen in Deutschland kommt dementsprechend aus Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und aus dem Saarland. Dort befürchtet man eine wirtschaftliche Schwächung der Länder im Süden und Westen.
Auf Bundesebene sieht man das ähnlich. Die bisherige Bundesregierung und auch die geplante schwarz-rote Koalition lehnen eine Aufteilung Deutschlands in mehrere Preiszonen ab, vor allem wegen der möglichen Kostensteigerungen für die Wirtschaftsstandorte des Süden und Westen Deutschlands.
Wenn in Deutschland je nach Region der Strom unterschiedlich viel kostet, ist es zudem denkbar, dass Unternehmen aus den „teuren“ Regionen in „günstigere“ abwandern – das könnte sich auf die wirtschaftliche Entwicklung dieser Regionen auswirken.
Wie würden Strompreiszonen Verbraucher und Unternehmen betreffen?
Nach einer Studie des europäischen Verbandes der Stromnetzbetreiber Entso-E könnten die Stromkosten durch verschiedene Preiszonen in Deutschland um mehrere Hundert Millionen Euro sinken. Die Studienmacher sagen, dass der größte Vorteil daraus für den Großhandel entstehen würde. Verschiedene Strompreise zu spüren bekommen würde hauptsächlich die Industrie, die ihren Strom direkt an der Börse einkauft.
Wie sich Strompreiszonen auf Verbraucherinnen und Verbraucher auswirkt, ist ebenfalls unklar. Jedoch wird der Strom, der bei den Endkunden im Haus oder der Wohnung landet, von den Stromanbietern häufig in sehr großen Mengen und vor allem auf lange Sicht eingekauft. Wenn Börsenstrompreise also schwanken, bekommen Endkunden dies häufig gar nicht oder nur sehr zeitverzögert mit.
Wie geht es jetzt weiter?
Auf europäischer Ebene werden verschiedene Zonen-Modelle für Deutschland diskutiert, etwa zwei, drei, vier oder fünf Strompreiszonen. Die Studie der europäischen Übertragungsnetzbetreiber kommt zu dem Schluss, dass eine Aufteilung in fünf Zonen wirtschaftlich am besten sei.
Deutschland hat jetzt sechs Monate Zeit, auf die Studie zu reagieren. Voraussichtlich wird Deutschland aber diesen Vorschlägen auf EU-Ebene nicht zustimmen. Sollten sich die EU-Mitgliedsstaaten nicht auf eine Neuordnung der Strompreiszonen einigen können, dann trifft die Kommission eine Entscheidung. Stand jetzt wäre das spätestens im Frühjahr 2026 der Fall.