Ein Beitrag von Michael Böhler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht, Konstanz
Der Gebrauchtwagenkauf von privat ist in Deutschland alltäglich – ebenso wie Probleme im Nachgang. Besonders heikel wird es, wenn ein Sachmangel auftritt, obwohl im Kaufvertrag ein Gewährleistungsausschluss vereinbart wurde. Viele Käufer gehen dann davon aus, keinerlei Rechte mehr zu haben. Doch das ist ein Irrtum – bei arglistiger Täuschung greift der Gewährleistungsausschluss nicht.
In diesem Beitrag erläutere ich die rechtlichen Hintergründe und zeige, wie betroffene Käufer trotzdem erfolgreich Ansprüche geltend machen können.
🔍 Was bedeutet „Gewährleistungsausschluss“?
Wird ein Pkw zwischen Privatpersonen verkauft, wird häufig jede Haftung für Sachmängel im Kaufvertrag ausgeschlossen – meist mit Formulierungen wie:
„Der Verkauf erfolgt unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung.“
Rechtlich ist dies nach § 437 BGB zulässig. Der Käufer kann dann keine Gewährleistungsrechte geltend machen, wenn sich nach Übergabe ein Mangel zeigt – es sei denn, eine gesetzliche Ausnahme greift.
⚠️ Ausnahme: § 444 BGB – Arglistige Täuschung hebt Gewährleistungsausschluss auf
Nach § 444 BGB ist ein Gewährleistungsausschluss unwirksam, wenn der Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie übernommen hat.
Arglistig handelt der Verkäufer, wenn er:
-
den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält,
-
ihn nicht offenlegt, obwohl er zur Aufklärung verpflichtet ist,
-
und er billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Vertrag bei Kenntnis des Mangels nicht oder nur zu anderen Bedingungen abgeschlossen hätte.
Beispiele aus der Praxis:
-
Ein als „unfallfrei“ verkaufter Wagen hatte einen schweren Vorschaden
-
Der Tacho wurde manipuliert, um eine niedrigere Laufleistung vorzutäuschen
-
Ein Verkäufer verschweigt bekannte Mängel an Motor, Getriebe oder Elektronik
🛠️ Welche Rechte hat der Käufer bei arglistiger Täuschung?
Wird eine arglistige Täuschung nachgewiesen, stehen dem Käufer auch bei bestehendem Gewährleistungsausschluss weitreichende Rechte zu:
✅ Rücktritt vom Kaufvertrag (§§ 323, 346 BGB)
Der Käufer kann den Vertrag rückabwickeln: Er gibt das Fahrzeug zurück und erhält den Kaufpreis – abzüglich eines Nutzungsersatzes – erstattet.
✅ Minderung (§ 441 BGB)
Bei Interesse am Fahrzeug kann der Kaufpreis nachträglich herabgesetzt werden. Die Höhe der Minderung richtet sich nach dem Wertunterschied zum mangelfreien Zustand.
✅ Schadensersatz (§§ 280, 281 BGB)
Wurde durch den Mangel ein finanzieller Schaden verursacht (z. B. Reparaturkosten, Wertverlust, Nutzungsausfall), kann dieser geltend gemacht werden.
✅ Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB)
Der Käufer kann den Vertrag wegen Täuschung anfechten. Folge: Der Kaufvertrag gilt als von Anfang an nichtig. Auch hier wird das Fahrzeug zurückgegeben und der Kaufpreis rückerstattet.
🔎 Beweislast: Käufer muss Täuschung belegen
Die zentrale Hürde liegt in der Beweisführung. Der Käufer muss nachweisen, dass der Verkäufer den Mangel kannte oder zumindest billigend in Kauf nahm. Hilfreich können sein:
-
Werkstattgutachten (z. B. bei Unfallschäden)
-
E-Mail-Verkehr oder Chatverläufe
-
Zeugenaussagen (z. B. frühere Besitzer oder Werkstätten)
-
frühere Inserate mit abweichenden Angaben
-
forensische Analyse technischer Manipulationen (z. B. Tacho)
📄 Praxistipp: Schriftliche Fristsetzung und Dokumentation
Der Käufer sollte dem Verkäufer zunächst schriftlich eine Frist zur Nacherfüllung (Reparatur oder Rücknahme) setzen und den Mangel konkret benennen. Bleibt eine Reaktion aus, kann Rücktritt, Minderung oder Anfechtung erklärt werden.
⚖️ Fazit: Gewährleistungsausschluss ist kein Freibrief
Ein Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag bedeutet nicht, dass der Verkäufer bei jedem Mangel aus der Verantwortung ist. Wer einen bekannten Mangel arglistig verschweigt, haftet dennoch – und zwar umfassend. Für Käufer lohnt es sich, die Umstände genau zu prüfen und anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Sie haben einen Gebrauchtwagen gekauft und vermuten arglistige Täuschung?
Gerne prüfe ich Ihren Fall individuell und vertrete Ihre Interessen gegenüber dem Verkäufer – außergerichtlich und vor Gericht.