Während Rivalen wie Zara oder H&M schwächeln, wächst die Modekette Uniqlo weiter – vor allem in Europa. Das Unternehmen aus Japan will weltgrößter Modehändler werden. Was ist dabei das Rezept?
Westliche Popmusik, verspiegelte Decken, viel Glas und alles extrem hell ausgeleuchtet: Das Shoppingerlebnis in einem Uniqlo-Store in Tokio unterscheidet sich kaum von anderen internationalen Ketten in Japans Millionenmetropole. Es ist sehr ordentlich und sauber, das Personal freundlich. Bei genauerem Hinsehen fällt allerdings auf: Die angebotene Kleidung ist deutlich schlichter als das stylishe Interieur.
Die meisten Klamotten sind schwarz, weiß oder beige – egal, ob man sich ein neues T-Shirt, einen Pulli oder Unterwäsche zulegen will. Uniqlo nennt das Ganze „Lifewear“. Kleidungsstücke für alle Lebenslagen, die besonders lange halten sollen, so das Versprechen. Die überschaubare Farbpalette und das klare Design der Produkte sorgen dafür, dass fast jeder Geschmack bei Uniqlo bedient wird.
Es gehe nicht darum, die Kunden mit ständig neuen Kollektionen in die Geschäfte zu locken, sondern sie von der Qualität zu überzeugen. Dieser Philosophie folge Uniqlo schon seit der Eröffnung der weltweit ersten Filiale 1984 in Hiroshima, erklärt Ai Kanda von der PR-Abteilung des Konzerns im Interview mit dem ARD-Studio Tokio.
Langlebige Produkte als Erfolgsfaktor
Ein nachhaltiger Lebensstil, langlebigere Produkte – das sei in der Konsumgesellschaft in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden, so Kanda. Die Denkweise habe sich verändert und Uniqlo, das schon immer darauf gesetzt habe, profitiere nun.
Die Geschäftszahlen belegen das: Fast Retailing, der Konzern hinter Uniqlo, steigerte zuletzt Umsatz und Gewinn deutlich. Im vergangenen Geschäftsjahr meldete der Konzern einen Umsatz von über 19 Milliarden Euro. Konkurrent H&M (mehr als 21 Milliarden Euro Umsatz) ist in Sichtweite. Vor allem in Europa sieht Uniqlo noch Wachstumspotenziale. In Deutschland baut das Unternehmen mit der jüngsten Neueröffnung in Frankfurt und der kommenden in München sein Filialnetz auf zwölf Standorte aus.
Um in Europa noch stärker zulegen zu können, hat Uniqlo eine neue Design-Direktorin verpflichtet. Es ist die britische Stilikone Claire Waight Keller. Europäer hätten seit jeher hohe Ansprüche an ihre Kleidung, deswegen kämen die Produkte von Uniqlo so gut an, so die Lesart des Unternehmens.
Uniqlo-Chef ist milliardenschwer
Hinter dem Imperium steht Japans reichster Mann: Tadashi Yanai. Der 76-Jährige besitzt ein geschätztes Vermögen von über 38 Milliarden Euro. Er übernahm in den 1970er-Jahren das Bekleidungsgeschäft seines Vaters und baute das Unternehmen Stück für Stück auf.
Dass ein japanisches Unternehmen an der Spitze der Modewelt steht, ist für ihn eine Frage der Ehre. Immer wieder betont er das „immense Wissen um Stoffe und die Handwerkskunst der Verarbeitung“ der japanischen Textilindustrie. Jeder Nadelstich sei klar durchdacht.
Sein Ziel und sein Antrieb: Er will das größte Modeunternehmen der Welt schaffen. Das geht auch bei Fast Retailing nur mit billiger Produktion in Textilfabriken in Bangladesch oder Vietnam. Vor allem in Europa setzt der Konzern aber auch auf das Recyclen von Produkten. Hat man etwa ein Loch in seinem Hemd, kann man es in einer Uniqlo-Filiale abgeben und flicken lassen – mit Hilfe der japanischen Verziertechnik Sachiko.
Japanische Wurzeln sind Markenkern
Denn bei allen Expansionsgedanken, Uniqlo betont stets seine Wurzeln. Auf japanische Werte wie Ästhetik und Gründlichkeit lege man großen Wert, erzählt PR-Managerin Kanda stolz. Und auf Technologie: Bei Uniqlo gibt es keine Kassiererinnen und Kassierer. Die Einkaufstasche wird am Ausgang einfach neben einen Bildschirm gestellt und dann rechnet das System automatisch zusammen, was man bezahlen muss. Das funktioniert dank eines eingebauten RFID-Chips in jedem Preisschild.
Ein ganz normales Shoppingerlebnis ist ein Einkauf bei Uniqlo dann eben doch nicht. Das werden auch die Kunden in Deutschland spüren.

