Ende April entscheidet sich, ob CDU und SPD dem Koalitionsvertrag zustimmen und gemeinsam regieren. Für Fintechs und den Paymentbereich könnte sich einiges ändern, wenn Schwarz-Rot regiert. Hier die wichtigsten Punkte im Koalitionsvertrag – alle unter Finanzierungsvorbehalt –, wie es im Koalitionsvertrag heißt.
Pflicht zur Annahme von Digital-Zahlungen?
Der Koalitionsvertrag bekennt sich zum Bargeld, will aber auch Digitalzahlungen fördern: „Wir setzen uns für echte Wahlfreiheit im Zahlungsverkehr ein und wollen, dass Bargeld und mindestens eine digitale Zahlungsoption schrittweise angeboten werden.“ Dienstleister und Geschäfte könnten künftig verpflichtet sein, mindestens eine Form der Digitalzahlung zu akzeptieren. Payment-Anbieter wie Paypal, ApplePay, Visa, Mastercard und die europäische Alternative Wero könnten davon ebenso profitieren wie Händlerlösungen wie Sumup oder Unzer.
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Ob und vor allem wann aber wirklich Schluss sein soll mit “Nur Bargeldzahlungen möglich” ist noch nicht ganz klar – schließlich ist von einem “schrittweisen” Übergang die Rede. Die neue Regel würde aber den Nerv der Verbraucher:innen treffen: Die halten laut einer aktuellen Umfrage der Bundesbank zwar dem Bargeld eisern die Treue – zahlen aber immer häufiger digital.
Grundsätzliches “Ja” zum digitalen Euro
Die neue Bundesregierung bekennt sich zum digitalen Euro – allerdings nur, wenn der “sowohl im Groß- als auch im Einzelhandel einen echten Mehrwert liefert sowie das Bargeld ergänzt, die Privatsphäre der Verbraucherinnen und Verbraucher schützt, kostenfrei für Verbraucherinnen und Verbraucher nutzbar ist und die Finanzstabilität nicht beeinträchtigt.”
Im Herbst endet die Vorbereitungsphase für den digitalen Euro – dann müssen die Mitgliedstaaten entscheiden, ob das digitale Zentralbankgeld eingeführt werden soll. Momentan trommelt die EZB recht laut für das digitale Zentralbankgeld, das auch als europäische Alternative zu US-Zahlungsanbietern wie Visa oder Mastercard sowie den in den USA nun stärker geförderten Stablecoins dienen könnte.
Kritiker sind aber vor allem beim Datenschutz und der Anonymität der Zahlung weiterhin skeptisch. Eingeführt werden könnte das Digitalgeld frühestens im Jahr 2028 – und dann würden auch Banken und Fintechs gebraucht, um rund um das digitale Zentralbankgeld entsprechende Dienstleistungen anzubieten.
Mehr Geld für Startups
Unter anderem plant die Regierung die Einrichtung eines Deutschlandfonds, um mehr Geld in Startups zu lenken. Dazu werden mindestens zehn Milliarden Euro Eigenmittel des Bundes durch Garantien oder finanzielle Transaktionen bereitgestellt.
Auch die Rahmenbedingungen für Startups sollen verbessert werden. So plant die Koalition eine “Gründerschutzzone”, die Startups in den ersten Jahren von unnötiger Bürokratie entlasten soll. Außerdem werden notarielle Vorgänge erleichtert, der Beurkundungsprozess digitaler, und es soll einen automatischen Datenaustausch zwischen Notariat, Finanzamt und Gewerbeamt geben. “Wir schaffen einen vollständigen One-Stop-Shop, der alle Anträge und Behördengänge auf einer Plattform digital bündelt und eine Unternehmensgründung innerhalb von 24 Stunden ermöglicht”, heißt es im Koalitionsvertrag. Auch die Mitarbeiterkapitalbeteiligung werde durch eine “praxisnahe Ausgestaltung von Steuer- und Sozialversicherungsrecht” weiter gestärkt.
Die neue Regierung will sich für eine einheitliche europäische Finanzregulierung starkmachen und dabei auf “Goldplating” verzichten. Die EU-Kommission soll die eigene Finanzmarktregulierung hinterfragen und “mit der in großen Finanzplätzen außerhalb der EU im Lichte wachsender internationaler Divergenzen” vergleichen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Außerdem sollen es Startups leichter haben, an Wagniskapital zu kommen, insbesondere unter Beteiligung von institutionellen Investoren. Damit setzt die nächste Bundesregierung die Win-Initiative der scheidenden Regierung fort, bei der Banken, Versicherern und Konzernen im Herbst 2024 zwölf Milliarden Euro für deutsche Startups locker gemacht haben.
Chancen für Fintechs durch die “Frühstart”-Rente
Die Regierung plant keine umfassende Rentenreform, will aber die betriebliche Altersversorgung stärken, besonders in kleinen und mittleren Unternehmen. Angebote sollen digitaler und entbürokratisiert werden. Für Versicherer dürfte der Vertrieb solcher Angebote also leichter werden.
Zudem plant die schwarz-rote Koalition die „Frühstart-Rente“, die bereits Anfang 2026 starten soll. Jedem Kind, das eine Bildungseinrichtung in Deutschland besucht, zahlt der Staat vom 6. bis zum 18. Lebensjahr pro Monat zehn Euro in ein “individuelles, kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes” Altersvorsorgedepot.
Der angesparte Betrag kann ab dem 18. Lebensjahr bis zum Renteneintritt durch private Einzahlungen weiter bespart werden – es werden also schon Kinder zum Aktiensparen motiviert. Wenn eine ganze Generation mit dem Investieren aufwächst, kommt das letztlich allen zugute, die schon heute entsprechende Sparpläne bereitstellen. Neben Banken und Sparkassen sind das vor allem kostengünstige Online-Baken oder -Broker wie ING Diba, Trade Republic oder Scalable Capital.
Bisherige Vorsorgeprodukte wie die “Riester-Rente” sollen außerdem in ein neues Vorsorgeprodukt überführt und ebenfalls “von bürokratischen Hemmnissen” befreit werden. Außerdem soll es keine “zwingenden Garantien” mehr geben. Kern der reformierten Riester-Rente soll ein Anlageprodukt sein, das es “auch in Form eines Standardprodukts” geben wird.
Kein Fokus auf Kryptowährungen
Während Kryptowährungen in den USA eng mit der Politik von US-Präsident Donald Trump verknüpft sind, finden sie im Koalitionsvertrag nur am Rande Erwähnung. “Die Regulierung von Kryptowerten, des Grauen Kapitalmarkts und der Schattenbanken werden wir auf Lücken überprüfen und diese gegebenenfalls schließen.”
Tatsächlich ist die Branche in Europa schon stärker reguliert, seit die Verordnung über Märkte für Kryptowerte (MiCAR) gilt. In Deutschland wird MiCAR durch das Finanzmarktdigitalisierungsgesetz (FinmadiG) ergänzt, die BaFin ist für die Aufsicht zuständig. Insofern gibt es offenbar für die künftige Regierung keinen dringenden Handlungsdruck, die Regeln weiter zu verschärfen.
Immerhin können sich Krypto-Investoren freuen, dass sich die SPD nicht mit dem Plan durchsetzen konnte, Gewinne aus Kryptowerten stärker zu besteuern. Das Halten von Bitcoin & Co. bleibt daher nach 12 Monaten steuerfrei, auch die Abgeltungsteuer wird nicht erhöht. Im Koalitionsvertrag findet sich lediglich ein schmaler Satz, dass die Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene unterstützt werde – eine Absichtserklärung, die allerdings vor allem auf den Handel mit Aktien abzielt.
Besserer Schutz von Verbrauchern?
Im Koalitionsvertrag finden sich auch einige Formulierungen zu Streitpunkten im Verbraucherschutz. So will die Regierung prüfen, “ob zur Durchsetzung angemessener marktüblicher Entgelte Kostendeckel für Basiskontenentgelte und Dispozinsen erforderlich sind oder an der bisherigen Rechtslage festgehalten werden sollte”. Soll heißen: Die Regierung will den Banken und Sparkassen zumindest genauer auf die Finger schauen, die Gebühren für Basiskonten und Dispozinsen eventuell deckeln.
Gleichzeitig schafft der Koalitionsvertrag Klarheit in der Rangelei um eine mögliche Abschaffung der Provisionsberatung. Verbraucherschützer finden diese Art der Beratung problematisch, weil sie Fehlanreize in der Finanzberatung setzen könnte. Einem Verbot erteilt die neue Regierung aber eine klare Absage. Geprüft werden soll lediglich, “ob die Instrumente der Missstandsaufsicht der BaFin derzeit ausreichen, um Fehlanreize in der Finanzberatung zu verhindern.” Die Kompetenzen der Finanzaufsicht im Verbraucherschutz könnten hier also noch erweitert werden.
Neuer Anlauf in der Geldwäschebekämpfung
Die Herausforderungen in der Bekämpfung der Geldwäsche bleiben der Finanzbranche erhalten – das weiß auch die schwarz-rote Koalition und plant „entscheidende Verbesserungen bei der Geldwäschebekämpfung” im Hinblick auf die nächste Prüfung der Financial Action Task Force (FATF). Die hatte Deutschland noch 2022 eine zersplitterte Aufsichtsstruktur im Nicht-Finanzsektor, fehlende statistische Erfassung und mangelnde Transparenz attestiert.
Allerdings ist von den Plänen zum Aufbau eines neuen Bundesamtes zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) nun keine Rede mehr. Ex-Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte den Gesetzentwurf dazu bis zuletzt vorangetrieben, konnte diesen aber nicht mehr durchsetzen. Der Koalitionsvertrag sieht allerdings weiterhin vor, „die Kompetenzen des Bundes im Bereich der Finanzkriminalität“ zu bündeln – wird aber nicht konkreter, wie das aussehen soll. Außerdem will die neue Regierung Lücken im Transparenzregister schließen und Instrumente zur Vermögenseinziehung weiterentwickeln.