Spannend ist die Verwerfung am Zinsmarkt auch deshalb, weil der Deutsche Leitindex Dax Fallhöhe aufgebaut hat. Das heißt: Steigende Zinsen machen Geldanlagen in Anleihen attraktiver – und genau das kann den Höhenflug der Aktien bremsen.
Seit dem Herbst 2022 hat sich sein Kurs von 12.000 auf 24.000 Zähler verdoppelt. Eine stolze Bilanz, die jedoch nur auf den ersten Blick wie ein kollektiver Triumph wirkt. In Wahrheit ziehen wenige Schwergewichte den Karren, während viele andere Indexmitglieder bestenfalls als Statisten fungieren. Wenn also jetzt eine Korrektur käme, drohten hohe Verluste.
Die großen Treiber lassen sich klar benennen: Infrastruktur, Verteidigung, Finanzen – und als Solist SAP. „Der Walldorfer Softwarekonzern allein steuerte 1.600 Punkte zum Dax-Anstieg bei und verkörpert die Ausnahmeerscheinung eines ansonsten IT-schwachen Landes“, rechnet Stefan Riße von Acatis vor.
„Airbus und Rheinmetall reiten auf dem geopolitischen Aufrüstungszyklus, Siemens, Siemens Energy und Telekom stemmen die Infrastrukturwelle, während Allianz, Münchner Rück und Deutsche Bank für den Finanzschub sorgen“, so Thomas Soltau vom Smartbroker, der genau jene Aktien auch als Lieblinge der aktiven Anleger identifiziert. Der Rest? Eher Statisten, ausgebremst von Konsum- und Gesundheitswerten.
Verbunden damit haben sich auch die fundamentalen Rahmenbedingungen in den zurückliegenden Monaten deutlich verändert. So speist sich der Kursanstieg fast ausschließlich aus höheren Bewertungen, nicht aus steigenden Gewinnen. Aktien sind also relativ zur erwirtschafteten Leistung des Unternehmens teurer geworden:
Abzulesen ist das zum Beispiel am Kurs-Gewinn-Verhältnis: Mit 15 liegt es beim Dax deutlich über dem Zehn-Jahres-Durchschnitt von 13. Auch das Kurs-Buchwert-Verhältnis von 1,8 unterstellt bereits ein robustes weltwirtschaftliches Wachstum. Es kann auch anders laufen.
Und es bleibt die Zinswarnung: „Mit zuletzt 2,7 Prozent liegt die Dax-Dividendenrendite erstmals seit 2008 unter der Rendite zehnjähriger Bundesanleihen“, so Franz-Georg Wenner von Indexradar. Mit anderen Worten: Dividenden waren im Vergleich zu den Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen schon mal weitaus spannender.