Über eine Milliarde Euro werden von Unternehmen und Selbständigen in Bayern aktuell zurückgefordert – zu Unrecht? Wir klären, was hinter den Bescheiden steckt, welche Fristen gelten und wie Sie sich jetzt wehren können.
Ein Milliardenrückschlag für Bayerns Wirtschaft
Während der Pandemie war schnelles Handeln gefragt: Hotels, Friseursalons, Einzelhändler und viele andere Betriebe standen plötzlich vor dem wirtschaftlichen Aus. Die bayerische Staatsregierung versprach schnelle, unbürokratische Hilfe – und zahlte sie auch aus. Besonders die Corona-Soforthilfe wurde hunderttausendfach beantragt und gewährt.
Heute – Jahre später – folgt der Schock: In Bayern wurden laut Süddeutscher Zeitung vom 2. Mai 2025 inzwischen mehr als 1,1 Milliarden Euro an Corona-Hilfen zurückgefordert. Die Soforthilfe macht mit rund 758 Millionen Euro den größten Anteil davon aus.
Ursprünglich kein Rückmeldeverfahren geplant
Besonders bitter: Das bayerische Wirtschaftsministerium hatte 2021 noch öffentlich erklärt, dass kein allgemeines Rückmeldeverfahren vorgesehen sei. Unternehmen durften sich also darauf verlassen, dass sie die erhaltene Soforthilfe nicht mehr zurückzahlen müssen – sofern sie sich an die Regeln hielten.
Dass der Freistaat nun doch umfangreiche Rückforderungen betreibt, empfindet der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) als Wortbruch. Viele Unternehmen seien überrumpelt worden – insbesondere, weil sie teilweise Kosten geltend machten, die Bayern nun im Nachhinein nicht mehr anerkennt (z. B. Personalkosten).
Was bedeutet das konkret für Betroffene?
Die Rückforderungsbescheide erreichen derzeit zehntausende Unternehmen. Die Beträge schwanken stark:
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Kleine Betriebe (z. B. Friseure, Einzelhandel): 5.000 – 9.000 Euro
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Mittlere Unternehmen: bis zu 30.000 Euro und mehr
Besonders perfide: Selbst wer das Geld nach bestem Wissen und Gewissen beantragt und genutzt hat, kann zur Rückzahlung verpflichtet werden – wenn z. B. die Liquiditätsberechnung nachträglich anders beurteilt wird.
Was kann man gegen eine Rückforderung tun?
Hier kommt es ganz auf das Bundesland an. Widerspruch und/oder Klage.
Je nach Bundesland gelten unterschiedliche Vorgaben:
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In Baden-Württemberg sind Personalkosten anrechenbar – in Bayern nicht.
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In NRW und Berlin wurden teilweise andere Maßstäbe bei der Schlussabrechnung angesetzt.
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In manchen Bundesländern ist kein Widerspruchsverfahren vorgesehen, sodass nur noch die Klage bleibt.
Typischer Ablauf bei einer Rückforderung (am Beispiel Bayern):
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Bescheid erhalten (postalisch oder per E-Mail)
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Frist prüfen: Widerspruch oft nur 1 Monat ab Zugang möglich
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Unterlagen zusammentragen: Antrag, Nachweise zur Verwendung, evtl. E-Mails
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Rechtliche Prüfung: Wurde der Bescheid korrekt erlassen? Wurde die Berechnung rechtlich sauber durchgeführt?
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Widerspruch einlegen oder Ratenzahlung beantragen (je nach Fall)
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Ggf. Klage vor dem Verwaltungsgericht, wenn der Widerspruch abgelehnt oder gar nicht möglich ist