Wichtige Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH)
Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Urteilen klargestellt:
Pauschalhonorare für ambulante Schönheitsoperationen sind in vielen Fällen unwirksam – vor allem dann, wenn sie nicht den Vorgaben der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) entsprechen.
Ob Bruststraffung, Fettabsaugung (Liposuktion) oder andere ästhetisch-plastische Eingriffe: Wenn Sie einen solchen Eingriff ambulant vornehmen ließen und einen Pauschalbetrag gezahlt haben, könnten Sie Anspruch auf eine erhebliche Rückerstattung haben.
1. Auch Schönheitsoperationen unterliegen der GOÄ
(BGH, Urteil vom 23. März 2006 – III ZR 223/05)
Bereits 2006 stellte der BGH klar: Auch rein kosmetische und ambulant durchgeführte Behandlungen, die medizinisch nicht notwendig sind, unterliegen der GOÄ – und dürfen nicht einfach pauschal abgerechnet werden.
Was das bedeutet:
- Eine Fettabsaugung darf nur dann abgerechnet werden, wenn sie nach den Regeln der GOÄ berechnet oder wirksam vereinbart wurde.
- Eine abweichende Honorarvereinbarung ist erlaubt, muss aber bestimmte Anforderungen erfüllen: Sie muss schriftlich, individuell und vor der Behandlung getroffen werden sowie sich auf die Leistungsnummern der GOÄ beziehen (§ 2 GOÄ).
- Pauschale Preisabsprachen erfüllen diese Voraussetzungen in der Regel nicht. Die Folge: Die Vereinbarung ist unwirksam – und der Arzt oder die Klinik muss einen zu viel gezahlten Betrag erstatten.
2. GOÄ gilt auch für Privatkliniken und medizinische Versorgungszentren
(BGH, Urteil vom 4. April 2024 – III ZR 38/23)
Häufig werden kosmetische Eingriffe in Privatkliniken oder medizinischen Versorgungszentren (MVZ) durchgeführt. Lange war unklar, ob auch diese Einrichtungen an die GOÄ gebunden sind. Der BGH hat das nun eindeutig beantwortet:
- Ja, auch Kliniken und MVZ müssen sich an die GOÄ halten, wenn dort ambulant ärztliche Leistungen erbracht werden – unabhängig davon, ob Sie mit einer Ärztin oder einem Unternehmen einen Vertrag geschlossen haben.
- Damit schützt der BGH Patienten vor Umgehungen der Gebührenordnung durch juristische Konstrukte.
3. Beispiel Liposuktion: Über 11.000 € Rückzahlung
(BGH, Urteil vom 13. Juni 2024 – III ZR 279/23)
In einem aktuellen Fall ließ eine Patientin zur Behandlung eines Lipödems mehrere ambulante Liposuktionen durchführen und zahlte ein pauschales Honorar von 15.900 €.
Die Entscheidung des BGH:
- Die Pauschalvereinbarung war nichtig, da sie den Anforderungen der GOÄ nicht entsprach.
- Obwohl die Patientin nach jeder Operation eine Nacht in einem Partnerkrankenhaus verbrachte, handelte es sich rechtlich um einen ambulanten Eingriff.
- Der Klinik stand nur ein deutlich geringeres Honorar zu – mehr als 11.000 € musste sie an die Patientin zurückzahlen.
Was bedeutet das für Sie als Patientin oder Patient?
Wenn Sie eine ambulante Schönheitsoperation wie eine Liposuktion, Brustverkleinerung oder Facelift durchführen ließen und dabei ein Pauschalhonorar gezahlt haben, stehen die Chancen gut, dass Sie Geld zurückfordern können – und zwar dann, wenn:
✅ keine schriftliche und formgerechte Honorarvereinbarung vorliegt,
✅ die GOÄ auf den Eingriff anwendbar ist, und
✅ die GOÄ für denselben Eingriff ein geringeres Honorar vorsieht.
Lassen Sie Ihre Rechnung und den Behandlungsvertrag anwaltlich prüfen. Häufig geht es um erhebliche Beträge, auf die Sie rechtlich Anspruch haben.
Empfehlung für Ärzte und medizinische Einrichtungen:
Die Urteile machen deutlich: Auch im Bereich der ästhetischen Medizin und bei juristischen Personen gilt für ambulante Eingriffe das strikte Preisrecht der GOÄ. Eine pauschale Abrechnung ohne Einhaltung der GOÄ-Vorgaben birgt erhebliche Rückzahlungsrisiken und rechtliche Angreifbarkeit. Ein rechtssicheres Vorgehen ist nur mit ordnungsgemäßer Einzelvereinbarung nach § 2 GOÄ möglich – pauschale Beträge sind nicht zulässig.
Eine anwaltliche Erstellung der Honorarvereinbarung schafft für Leistungserbringer Rechtssicherheit, wenn von den Gebühren der GOÄ abgewichen werden soll.