Wer einer anderen Person ständig schreibt, vor ihrer Tür wartet oder sie heimlich beobachtet, überschreitet schnell die Grenze zum Strafrecht. Das Gesetz spricht in solchen Fällen von Nachstellung, umgangssprachlich auch „Stalking“.
Was viele nicht wissen: Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Strafbarkeit haben sich seit der Gesetzesänderung 2024 deutlich verschärft. Schon Verhalten, das früher nicht strafbar war, kann heute zu Ermittlungen führen.
Was ist Nachstellung?
Nachstellung liegt vor, wenn eine Person einer anderen beharrlich nachstellt – also sie wiederholt kontaktiert, beobachtet, bedrängt oder verfolgt – mit dem Ziel, deren Lebensgestaltung schwerwiegend zu beeinträchtigen.
Das kann beispielsweise so aussehen:
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tägliche, unerwünschte Nachrichten per WhatsApp oder Social Media
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wiederholtes Warten vor der Wohnung oder am Arbeitsplatz
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Verfolgen, Ausspionieren oder Beobachten
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Bedrohungen, Einschüchterungen oder das Verbreiten privater Informationen
Wichtig: Schon wiederholtes Verhalten kann strafbar sein – auch ohne Gewalt oder offene Drohung.
Was hat sich durch die Reform geändert?
Seit der Reform 2024 ist § 238 StGB kein Erfolgsdelikt mehr, sondern ein Gefährdungsdelikt.
Das bedeutet konkret:
Es genügt bereits, wenn das Verhalten geeignet ist, das Opfer erheblich in seiner Lebensgestaltung zu beeinträchtigen – auch wenn es sich tatsächlich noch nicht zurückgezogen hat.
Früher musste das Opfer beweisen, dass es z. B. den Wohnort gewechselt oder den Alltag verändert hat. Das ist nun nicht mehr erforderlich. Diese Änderung soll Betroffenen einen schnelleren Zugang zum strafrechtlichen Schutz ermöglichen – verschärft aber auch die Situation für Beschuldigte.
Häufige Irrtümer zur Nachstellung
„Ich habe doch nur geschrieben – das ist doch nicht verboten.“
Doch: Auch ständige, unerwünschte Nachrichten können strafbar sein, wenn sie aufdringlich oder einschüchternd wirken.
„Ich wollte nur wissen, wie es ihr geht.“
Die Motivation ist oft zweitrangig. Entscheidend ist, wie sich das Verhalten objektiv auf das Opfer auswirkt – nicht, wie harmlos es gemeint war.
„Es ist doch nichts passiert.“
Seit der Reform ist nicht mehr entscheidend, ob das Opfer sein Leben tatsächlich verändert hat – es reicht die Eignung zur Beeinträchtigung.
Was Betroffene tun können
Wenn Sie sich bedrängt, verfolgt oder bedroht fühlen:
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Sichern Sie Beweise: Nachrichten, Anruflisten, Fotos oder Zeugen
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Wenden Sie sich an die Polizei
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Lassen Sie sich anwaltlich beraten – auch zivilrechtliche Schutzmöglichkeiten wie das Gewaltschutzgesetz kommen in Betracht
Was tun bei einer Anzeige wegen Nachstellung?
Auch eine falsche oder überzogene Anzeige kann schwerwiegende Folgen haben. Schon eine polizeiliche Vorladung wegen Nachstellung kann belastend sein – auch für berufliche und persönliche Verhältnisse.
Wenn Sie betroffen sind:
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Machen Sie keine unüberlegten Aussagen
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Nehmen Sie unverzüglich anwaltlichen Beistand in Anspruch
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Lassen Sie prüfen, ob tatsächlich eine Straftat vorliegt – oder ob das Verhalten im rechtlichen Rahmen lag
Fazit
Die Schwelle zur Strafbarkeit bei Nachstellung ist niedriger als viele denken. Auch vermeintlich „harmlose“ Kontaktversuche können juristische Konsequenzen haben – besonders nach der gesetzlichen Neufassung von § 238 StGB.
Sowohl Opfer als auch Beschuldigte sollten sich frühzeitig rechtlich absichern.
Kontaktieren Sie mich gern für eine persönliche Beratung über mein Kontaktformular unter www.kanzlei-pavlic.de