Der Verlust einer Vorsorgevollmacht durch betreuungsgerichtliche Suspendierung nach Anordnung einer Kontrollbetreuung setzt nicht voraus, dass Verfehlungen des Bevollmächtigten festgestellt werden. Ausreichend ist die Prognose, dass der Bevollmächtigte trotz angeordneter (Kontroll-)Betreuung nicht den Wünschen des Vollmachtgebers entsprechend handeln und dadurch die Person des Vollmachtgebers oder dessen Vermögen erheblich gefährden wird, insbesondere weil zu erwarten ist, dass der Bevollmächtigte den Weisungen des Kontrollbetreuers nicht folgt.
Eine Betreuung kann also trotz Vorsorgevollmacht erforderlich sein und deshalb (auch gegen den Willen des Vollmachtgebers) angeordnet werden, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen. Ungeeignetheit des Bevollmächtigten liegt insbesondere dann vor, wenn zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen (Vollmachtgebers) durch den Bevollmächtigten eine konkrete Gefahr für das Wohl des Vollmachtgebers begründet. Dies ist dann der Fall, wenn der Bevollmächtigte mangels Befähigung oder wegen erheblicher Bedenken an seiner Redlichkeit als ungeeignet erscheint. Über Art und Umfang der zur Frage der Eignung des Bevollmächtigten durchzuführenden Ermittlungen entscheidet das Tatgericht nach pflichtgemäßem Ermessen. In der Praxis ist an dieser Stelle von maßgeblicher Bedeutung, welche Vorwürfe (und von wem) gegenüber dem Bevollmächtigten erhoben werden. Um den Verlust der Vollmacht, bzw. die Anordnung einer Betreuung erfolgreich zu vermeiden, ist zu den erhobenen Vorwürfen substantiiert vorzutragen.
Sofern erhebliche Zweifel an der Befähigung oder Redlichkeit des Bevollmächtigten bestehen bleiben und sich die Gefahr für das Wohl des Betroffenen durch die Bestellung eines Kontrollbetreuers nicht ausreichend abwenden lässt, ist eine Vollbetreuung einzurichten.
Liegen dagegen (nur) Mängel bei der Vollmachtsausübung vor, die behebbar sind, erfordert der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz grundsätzlich zunächst den Versuch, mittels eines zu bestellenden Kontrollbetreuers auf den Bevollmächtigten positiv einzuwirken. Denn die Achtung des Selbstbestimmungsrechts eines Betroffenen gebietet es, seinen Wunsch, die Angelegenheiten von ausgewählten Bevollmächtigten regeln zu lassen, bestmöglich zur Geltung zu bringen. Hierzu kann ein Kontrollbetreuer, wenn der Bevollmächtigte mit der Regelung einer Angelegenheit des Betroffenen überfordert ist, verbindliche, an den Wünschen des Betroffenen orientierte Weisungen erteilen.
Die Erfolgsaussichten, eine Kontrollbetreuung oder – noch schwieriger – eine Vollbetreuung (nach Anordnung einer Kontrollbetreuung) abzuwenden oder aufzuheben, können entscheidend davon abhängen, dass bereits frühzeitige substantiierte Sachverhaltsaufklärung gegenüber dem Betreuungsgericht erfolgt, so dass möglicherweise einseitige Darstellungen widerlegt oder entkräftet werden können. Grundlegende Voraussetzung dafür ist u. a., über den dem Gericht bis dahin bekannten Sachverhalt überhaupt informiert zu sein.
Leider lassen in vielen Fällen Vollmachtgeber, Bevollmächtigte, Angehörige oder andere Dritte wertvolle Zeit verstreichen, bis dazu spezialisierte rechtliche Beratung/Vertretung in Anspruch genommen wird. Insbesondere innerhalb von Familien wird oft zu lange davon ausgegangen, ein Streit über die Ausübung einer Vorsorgevollmacht verbliebe innerhalb der Familie. Die Wahrscheinlichkeit für den Verlust der Vorsorgevollmacht durch Anordnung einer Berufsbetreuung ist in diesen Fällen besonders hoch. Im Anschluss an die Anordnung einer Betreuung besteht zwar die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen, was in Betreuungsverfahren jedoch ohne aufschiebende Wirkung bleibt. Das bedeutet, bis zum Abschluss des (in der Regel zeitaufwändigen) Beschwerdeverfahrens bleibt es in jedem Fall bei der Betreuerbestellung. Hinzu kommt, dass nicht für jeden Beteiligten (z. B. Angehörige) ein Beschwerderecht besteht, sofern nicht von Beginn an eine förmliche Beteiligtenstellung erreicht wurde.