Wenn der Hausbau zur Geduldsprobe wird
Der Hausbau oder die Sanierung einer Immobilie ist für viele Menschen ein Lebenstraum – der jedoch nicht selten durch handwerkliche Mängel getrübt wird. Risse im Putz, undichte Fenster, fehlerhafte Leitungen: Baumängel können vielfältig und kostspielig sein. Wenn der beauftragte Unternehmer nicht zur Mangelbeseitigung bereit oder in der Lage ist, stehen Bauherren häufig vor der Frage: Muss ich die Kosten für die Beseitigung selbst tragen – und dann lange auf Erstattung klagen?
Die klare Antwort des Gesetzes lautet: Nein! Mit dem Vorschussanspruch gem. § 637 III BGB können Bauherren sich bereits vor Durchführung der Mängelbeseitigung das Geld vom ursprünglichen Unternehmer holen – um damit einen Dritten zu beauftragen.
So funktioniert der Vorschussanspruch des Bauherrn
1. Rechtsgrundlage und Anwendungsbereich
Die Regelung des § 637 BGB gilt für Bauverträge, die nach dem Werkvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) abgeschlossen wurden. Sie greift typischerweise in Fällen des privaten Hausbaus oder Sanierungen, sofern keine VOB/B vertraglich vereinbart wurde.
Der Absatz 3 der Vorschrift ermöglicht dem Besteller (also dem Bauherrn), vom Unternehmer einen Kostenvorschuss für die Selbstvornahme zu verlangen – aber nur unter bestimmten Voraussetzungen.
2. Voraussetzungen für den Vorschussanspruch
Damit ein Vorschussanspruch durchgesetzt werden kann, muss der Bauherr ein strukturiertes Vorgehen einhalten:
a) Feststellung eines Mangels
Zunächst muss ein Werkmangel vorliegen – also eine Abweichung vom vertraglich geschuldeten Erfolg. Dabei kann es sich um sichtbare Mängel (z.B. beschädigte Fliesen) oder versteckte Mängel (z.B. fehlerhafte Elektroinstallation) handeln.
b) Fristsetzung zur Nachbesserung
Der Bauherr muss den Unternehmer auffordern, den Mangel zu beseitigen und ihm dabei eine angemessene Frist setzen. Diese Fristsetzung sollte schriftlich und mit Nachweis erfolgen. In der Praxis ist eine Frist von 14 Tagen üblich, je nach Mangel und Dringlichkeit
c) Erfolglose Fristablauf oder Verweigerung
Kommt der Unternehmer seiner Pflicht zur Nachbesserung nicht rechtzeitig nach oder lehnt die Mangelbeseitigung ausdrücklich ab, darf der Bauherr den Mangel selbst beseitigen oder beseitigen lassen.
d) Vorschussverlangen vor der Beauftragung eines Dritten
Wichtig: Der Vorschuss muss vor der Beauftragung des Drittunternehmer eingefordert werden. Der Bauherr soll dadurch nicht gezwungen sein, die Mängelbeseitigung selbst zu finanzieren, bevor er sein Geld einklagt.
3. Höhe und Nachweis des Vorschusses
Der Vorschuss umfasst:
- die voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung
- inklusive Nebenkosten, z.B.:
- Gerüststellung,
- Entsorgung,
- Fahrt- oder Übernachtungskosten bei Spezialunternehmen.
Diese Kosten müssen begründet dargelegt werden, etwa durch Kostenvoranschläge, Handwerkerangebote oder Gutachten. Ein pauschales Schätzen reicht nicht aus – je konkreter die Nachweise, desto besser.
4. Rückzahlungspflicht des Bauherrn
Wird der Vorschuss nicht (vollständig) verwendet, so ist der Bauherr verpflichtet, den überschüssigen Betrag zurückzuzahlen. Ebenso ist eine Abrechnung vorzulegen, wenn die Arbeiten abgeschlossen sind. Das bedeutet: Der Vorschussanspruch ist kein Freibrief – sondern ein zweckgebundener Vorschuss auf eine konkrete Maßnahme.
5. Verhältnis zu anderen Mängelrechten
Der Vorschussanspruch steht neben weiteren Rechten des Bauherrn:
- Nacherfüllung (§ 635 BGB)
- Selbstvornahme (§ 637 I BGB)
- Schadensersatz (§ 634 Nr. 4 BGB)
- Minderung oder Rücktritt (§§§ 634 Nr. 3, 636 BGB)
Er ist damit ein effektives Mittel, um schnell auf mangelhafte Leistungen zu reagieren – ohne das Risiko einer teuren Vorleistung.
Fazit
Wenn Baumängel am Bau auftreten, dann ist entschlossenes und rechtssicheres Handeln gefragt. Setzen Sie dem Unternehmer eine Frist zur Nachbesserung – und reagieren Sie bei Untätigkeit oder Verweigerung sofort mit der Geltendmachung des Vorschussanspruchs.
Damit schaffen Sie sich die Möglichkeit, zügig einen zuverlässigen Drittunternehmer zu beauftragen – und ersparen sich langwierige Auseinandersetzungen oder einen Baustopp.
Ich unterstütze Sie gerne!
Lassen Sie sich im Streitfall frühzeitig rechtlich beraten. Eine sauber formulierte Mängelanzeige mit Fristsetzung ist der Schlüssel für die spätere Durchsetzung Ihres Vorschussanspruches. Als Rechtsanwältin mit Schwerpunkt im privaten Baurecht helfe ich Ihnen bei der Abwicklung – vereinbaren Sie gerne einen Erstberatungstermin mit mir.