Erstmals findet das Innovationsfestival South By Southwest – kurz: SXSW – nicht in Austin, Texas, sondern in London statt. Die Messe für Techies, Künstler und Wissenschaftler zieht sogar königlichen Besuch an.
SXSW – vier Buchstaben, oft in Pink. An fast jeder Ecke im Londoner Trendviertel Shoreditch sind sie in diesen Tagen zu sehen. Die etwas sperrig wirkende Abkürzung steht für South by Southwest, eine Mischung aus Messe und Festival für die Themen der Zukunft.
Vor einem solchen Schriftzug hat sich gerade auch Björn Schneider fotografiert. Er ist Geschäftsführer einer digitalen Marketingagentur in Bremen und wollte schon immer zum SXSW-Original in Austin, Texas. Er ist froh, dass die SXSW jetzt nach Europa gekommen ist und er nur nach London fliegen musste.
„Es fühlt sich an, als ob man das Silicon Valley hierher geholt hat. Diese Kombination aus Tech, Künstlicher Intelligenz, Kunst, Musik ist super, und man muss sich fast entscheiden, welchen Vortrag und welches Thema man nicht mitnehmen kann, weil das Angebot einfach so unendlich groß ist“, sagt Schneider.
KI und Kunst
Mehr als 400 Vorträge von Vordenkern und Experten weltweit finden verteilt über die Woche statt, immer wieder geht es um Künstliche Intelligenz, ihren Einfluss auf die Wissenschaft, die Kreativ-Branche, auf Medien. Am Abend sind dann viele Konzerte und Filmvorführungen im Angebot. Und auch viele Kunst-Installationen gibt es – zum Beispiel die Videoinstallation „Grounding“: immer neu KI-generierte Landschaftsbilder, bei denen kein Moment dem anderen gleicht.
Clara Blomeyer ist aus Hamburg angereist, wo sie für Hamburger Kunsthalle arbeitet. Letztes Jahr war sie in Austin, hier in London fällt ihr der größere Fokus auf die Kreativbranche auf. „Man merkt, dass hier deutlich mehr Kreative sind, die auch die Energie haben, das wirklich umzusetzen und nicht nur schauen, wo man am meisten Geld rausschlagen kann.“
Große Namen, keine Berührungsängste
Egal ob in Austin oder London: In der Schlange stehen für die Vorträge und Events – das gehöre zur South by Southwest einfach dazu, erzählt Blomeyer. Besonders lang sind die Schlangen bei großen Namen: wenn Abba-Frontmann Björn Ulvaeus über das neue Musical erzählt, das er gerade mit KI-Hilfe schreibt oder wenn die legendäre britische Schimpansen-Forscherin Jane Goodall über ihre Erfahrungen mit KI spricht. Für Clara Blomeyer war der Talk der 91 Jahre alten Goodall ein Highlight: „Sie hat so eine unglaubliche Energie, und sie gibt zu, dass KI ihr auch etwas suspekt ist, aber dass man damit eben auch Tierbeobachtung verbessern und Artenschutz stärken kann. Diese Energie, die nehme ich mit.“
Ein weiteres Highlight der Woche: Der Auftritt des Londoner Filmstars und Produzenten Idris Elba, unter anderem bekannt für seine Rolle in der britischen Krimiserie Luther. Elba wurde hier in Ostlondon geboren und lange als nächster James Bond gehandelt. Auf der Bühne erzählt er unter anderem über ein von ihm mitentwickeltes Computer-Programm, das Schauspielern mit Lese-Rechtsschreibschwäche dabei hilft, Filmskripte schnell zu erfassen. Ein Problem, das ihn selbst betrifft.
Gelungene Premiere mit König
Doch es sind längst nicht nur Kreative und Tech-Experten, die die South by Southwest besuchen. Für den Bundesverband der deutschen Industrie ist Steven Heckler nach London gereist. Schließlich betreffe die digitale Transformation auch für die deutsche Industrie. „Für uns als Verband ist das ein ganz entscheidender Aspekt, und deswegen wollen wir uns natürlich neue Trends und Technologien anschauen“, sagt er. „Für diese neuen Eindrücke, die eindrucksvollen Redner aus den USA und ganz Europa, das ist alles ganz wunderbar und genau dafür bin ich hier.“ Er findet: Der Weg nach London habe sich gelohnt, die Premiere sei gelungen.
Für das Vereinigte Königreich und die Stadt London passt die South by Southwest zur selbst auferlegten Agenda und dem Selbstbild, ein Ort für Innovation und Weltoffenoffenheit sein zu wollen. Am Donnerstag adelte sogar König Charles die Veranstaltung mit einem Besuch, der zuvor nicht im Festival-Programm stand. Doch Zukunftsthemen hin oder her: Für den König bedeutete selbst ein Besuch bei der SXSW – wie immer – Händelschütteln und viel Small Talk.