
Geld auf Probleme zu schmeißen hilft… manchmal. In Sachen Stress, Selbstorganisation und Skalieren zum Beispiel schon. Das sagt zumindest der kanadische Seriengründer, Business-Angel und Coach Dan Martell. Geld gegen Zeit einzutauschen und so Raum im Kalender zurückzugewinnen mache erfolgreicher und vor allem auch glücklicher, so sein Credo.
Darum geht es in seinem Buch „Kauf deine Zeit zurück“: auf mehr als 300 Seiten beschreibt Martell, der selbst drei Tech-Startups aufgebaut und als Business-Angel in über 50 Startups investiert hat, wie der Schlüssel zum Skalieren-ohne-Burnout nicht in mehr Arbeit, sondern im klugen Einsatz von Ressourcen (speziell Geld), um Zeit zurückzugewinnen. Lest hier exklusiv das Kapitel „Die einzigen vier Hacks, die Sie fürs Zeitmanagement brauchen“.
Ich muss Ihnen etwas gestehen: Ich kann das Wort Hacks nicht ausstehen. Ich möchte Lösungen liefern, die auch funktionieren – und das tun Hacks nur selten. Sie versprechen oft mehr, als sie halten können.
Doch ich will ehrlich sein – es gibt ein paar Hacks, die für Sie und Ihre Organisation revolutionär sein und Ihnen mehr Zeit zurückgeben können, als Sie es sich je hätten träumen lassen. Diese vier Tools halten, was sie versprechen:
- Die magische 50-Dollar-Pille
- Die Synchronisierung von Meetings mit sich wiederholender Tagesordnung
- Eine konkrete Definition von „erledigt“
- Die 1 : 3 : 1-Regel
Hack Nr. 1: Die magische 50-Dollar-Pille
Wirft ein Profi eine Bowlingkugel auf einer Bahn, dann räumt er damit neun oder zehn Pins ab. Geht mein Achtjähriger bowlen, landet die Kugel prompt in der Rinne … es sei denn, ich aktiviere die Bumpers, die „Seitenschienen“. Mit Bumpern spielt er fast so gut wie ein Profi.
Genau dieselbe Wirkung haben durchdachte Regeln auf Ihr Team: Sie ermöglichen es auch unerfahrenen Mitgliedern, kreativ an die Problemlösung heranzugehen, ohne echten Schaden anzurichten.
Dan Martell, Yes
Eine meiner Regeln lautet beispielsweise, dass jeder im Team ohne besondere Genehmigung bis zu 500 Dollar ausgeben darf, um ein Problem zu lösen. Für die CEOs, die meine Unternehmen leiten, liegt diese Grenze bei 5000 Dollar. (Zu dieser Regel gehört aber auch, dass sie mich bei unserem nächsten Treffen über die Ausgabe informieren müssen.) Paul, der Redakteur, von dem ich Ihnen bereits erzählt habe, hat für seinen Personal Assistant eine ähnliche Regel eingeführt, allerdings mit einem Ausgabenlimit von 50 Dollar.
Es kommt dabei nicht auf die Höhe des Betrags an – es geht um das Prinzip. Warum sollten Sie sich mit der Lösung eines Bagatellproblems befassen, wenn das jemand anderer aus Ihrem Team genauso gut kann, ohne dass Sie eingreifen müssen?
Ob 50 Dollar oder 5000 – legen Sie für jedes Teammitglied einen Betrag fest, den dieses verwenden darf, um Probleme aus der Welt zu schaffen, ohne Sie damit zu behelligen.
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Hack Nr. 2: Die Synchronisierung von Meetings mit sich wiederholender Tagesordnung
Erinnern Sie sich noch an die Geschichte über Branson und seine Assistentin Hannah? Das wesentliche Element ihrer Zusammenarbeit ist ihr tägliches Synchronisierungsmeeting. Jeden Morgen setzen sie sich zum Frühstück zusammen, um über den geringen Anteil von Terminen, E-Mails, Einladungen und andere Szenarien zu sprechen, für die Hannah eine Vorgabe von Branson braucht. In weniger als einer Stunde gibt er ihr alle nötigen Orientierungshilfen, um heiklere einmalige Aufgaben auszuführen. Mit der Zeit ist die Liste solcher Aufgaben erheblich geschrumpft, da Hannah gelernt hat, seine Reaktionen und Entscheidungen vorwegzunehmen.
Dasselbe erwarte ich auch von meiner Assistentin: Sie muss meine Reaktionen auf die meisten Situationen klonen können, ohne dass ich selbst aktiv werde. Ich möchte, dass alle Bälle in der Luft gehalten werden. Ich will sichergehen, dass sämtliche wichtigen Projekte Fortschritte machen und Entscheidungen in meinem Sinne getroffen werden. Das alles will ich – und trotzdem möchte ich Zeit zurückgewinnen. So ein tägliches (oder wöchentliches) Synchronisierungsgespräch mit Ihrem Personal Assistant ist der entscheidende Schlüssel zur Macht.
Mit der Zeit lernt meine Assistentin, wie und warum ich Entscheidungen treffe. Im Zuge der Entwicklung unserer Beziehung kann ich ihr immer mehr Aufgaben übertragen, weil sie weiß, wie ich vorgehe.
Ich habe für solche Gespräche eine Tagesordnung, die aus sieben Punkten besteht und all diesen Zielen Vorschub leistet. Meine Assistentin und ich arbeiten diese Tagesordnung auf jeder Synchronisierungssitzung ab – die in unserem Fall täglich 30 Minuten in Anspruch nimmt. Mit der Zeit entwickelt sich so eine gewisse Einheitlichkeit ihrer Entscheidungsprozesse, sie agiert selbstständiger und das Vertrauen in unsere Beziehung wird gestärkt.
Das sieht ungefähr folgendermaßen aus:
1. Abladen: Ich führe eine eigene separate Liste für anstehende Aufgaben und Angelegenheiten, die behandelt oder nachbereitet werden müssen. Diese To-do-Liste aktualisiere ich zwischen meinen Synchronisierungsmeetings. Zu Anfang jedes solchen Gesprächs übertrage ich sämtliche Posten auf dieser Liste an meine Assistentin und sie übernimmt dann.
2. Kalender durchsehen: Als Nächstes sehe ich meinen Terminkalender für die nächsten zwei Wochen durch. Wir überlegen gemeinsam, welche Termine zusätzlich berücksichtigt oder gestrichen werden müssen, und sprechen darüber, für welche Aufgaben ich mehr oder weniger Zeit vorsehen sollte.
3. Vergangene / Abgehaltene Meetings: Meine Assistentin führt eine Liste aller meiner Meetings seit unserem letzten Gespräch, sodass sie diese auf unserem Synchronisierungsmeeting ansprechen kann. Ich teile ihr dann mit, welche Maßnahmen diese Meetings zur Folge hatten.
4. Angelegenheiten, die von mir zu behandeln sind: Dabei geht es um Dinge, die ich selbst erledigen muss. Vor allem versorgt mich meine Assistentin mit allen zugrunde liegenden Dokumenten, E-Mails und Nachrichten mit entsprechenden Links in einem Live-Dokument.
5. Feedback-Schleife zu Projekten: Meine Assistentin spricht Projekte an, mit denen ich sie betraut habe, um mich über Fortschritte zu informieren, Hindernisse zu erwähnen und mich davon in Kenntnis zu setzen, wenn ein Projekt zum Abschluss gebracht wurde. (Können Sie sich vorstellen, wie das ist, wenn man sich nicht mehr fragen muss: Ist das auch erledigt?)
6. E-Mails: Zu diesem Punkt gehört, dass mir meine Assistentin alle E-Mails weiterleitet, die ich prüfen soll – etwa zu Chancen, die sich ergeben, zu Nachrichten, bei denen sie nicht genau weiß, wie sie damit umgehen soll, und zu Sachverhalten, auf die ich reagieren muss.
7. Fragen an Dan: Haben wir alle vorstehenden Punkte abgehakt und unsere 30 Minuten sind noch nicht um, stellt mir meine Assistentin folgende Fragen, um sich mehr Kontextinformationen zu beschaffen und herauszufinden, wie sich mich noch besser unterstützen kann:
„Dan, wie fühlst du dich gerade?“
„Wie baust du Stress ab?“
„Welche Probleme bringen dich immer wieder um deinen Schlaf?“
Nach und nach lernt meine Assistentin auf diese Weise, wie ich Entscheidungen treffe und aus welchen Beweggründen. Die Anzahl der Punkte unter „E-Mails“ und „Fragen an Dan“ gehen zurück, die in der „Feedback-Schleife“ werden mehr.
Die Informationen kommen in ein Live-Dokument, das meine Assistentin führt. Zwischen den Synchronisierungsmeetings aktualisiert sie dieses Dokument fortlaufend und fügt alle nötigen Links ein. Bei unserem Synchronisierungsmeeting richtet sie sich nach dieser Struktur. Es wird immer alles systematisch abgearbeitet. Nachdem wir jahrelang an dieser Vorlage für das Synchronisierungsmeeting gearbeitet hatten, sagte meine Assistentin kürzlich: „Jeder Punkt, der sich ergeben könnte, passt irgendwo auf diese Tagesordnung.“
Diese Vorlage gewährleistet auch, dass sich ein neuer Personal Assistant rasch einarbeiten kann. Während ich an diesem Buch arbeitete, wandte sich meine Assistentin neuen Herausforderungen zu, und ich musste eine neue einstellen. Da ich mehrere Unternehmen leite, von denen mir viele Mitarbeiter direkt unterstellt sind, und mein Terminkalender vor Meetings überquillt, wäre durchaus vorstellbar gewesen, dass meine neue Assistentin Wochen gebraucht hätte, um sich auf den aktuellen Stand zu bringen und alle Aufgaben zu erfüllen, die ich ihr stelle. Dieser Vorlage ist es zu verdanken, dass sie bereits nach zwei Wochen meinte, sie hätte alles schon ziemlich gut im Griff.
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Hack Nr. 3: eine konkrete Definition von „erledigt“
Ein Gedanke ist vielen Unternehmern gemein: Keiner macht es richtig. Es gibt aber einen einfachen Trick, mit dem sich dieses Problem lösen lässt – nämlich eine konkrete Definition von »erledigt«. (Ich bezeichne das auch als DoD. Das steht für „Definition of Done“.
Diese wende ich auf jede Person auf jeder Ebene meines Unternehmens an. Bitte ich beispielsweise meine Assistentin, ein Whiteboard zu besorgen, dann sage ich gleich dazu, wann ich diesen Auftrag als erledigt betrachte: Dieser Auftrag ist dann erledigt, wenn das Whiteboard an der Wand in meinem Büro hängt und vier Whiteboard-Marker (in den Farben Rot, Grün, Blau und Schwarz) und ein Trockenschwamm bereitliegen.
In so einfachen Fällen müssen Sie lediglich kurz eine klare Definition geben. Wenn es komplexer wird – sagen wir, es muss ein Finanzbericht fertiggestellt werden –, muss Ihre Definition von erledigt drei Punkte enthalten:
- Fakten: Welche harten Kennzahlen müssen erreicht werden? Welche Messgröße muss sich in Ihrem Unternehmen verbessern?
- Feeling: Wie müssen Sie und andere sich fühlen, damit dieser Auftrag als erledigt angesehen werden kann?
- Funktionalität: Was können andere damit anfangen, wenn dieser Auftrag erledigt ist?
Würde ich im Fall des Finanzberichts jemanden aus meinem Team mit der Fertigstellung betrauen, könnte ich meine DoD folgendermaßen formulieren: Er muss am 1. Januar eingereicht werden. Fakt. Ich verlasse mich darauf, dass die enthaltenen Angaben stimmen. Feeling. Jeder, der darauf Zugriff nimmt, kann dem Bericht problemlos die Daten entnehmen, die er benötigt. Funktionalität.
Merken Sie, wie nützlich das ist?
Mit vorstehender DoD würde sich der betreffende Mitarbeiter sicherlich fragen: „Wer braucht Zugriff auf den Bericht, und welche Daten benötigter?“ Das ist noch ein triftiger Grund für eine DoD: Sie sorgt dafür, dass Sie alle nötigen Informationen weitergeben und dass potenzielle Verzögerungen zeitig erkennbar werden, sodass Sie rasch eingreifen können.
Wenn Sie das nächste Mal einem Teammitglied einen Auftrag erteilen, denken Sie unbedingt daran, eine eindeutige DoD zu geben. Ihre Leute sind froh, weil sie dann wissen, was Sie wollen – und Sie sind froh, weil Sie das kriegen, was Sie wollen.
Ein zusätzlicher Vorteil: Haben Sie erst einmal eine Kultur aufgebaut, in der solche Anweisungen die Norm sind, können Sie Ihren Leuten beibringen, selbst darauf zu achten, dass Sie ihnen eine DoD liefern. Erteilen Sie beiläufig eine Anordnung und sagen nicht viel dazu, kann Ihr Team dann von sich aus nachfragen: „Und wie lautet die DoD dafür?“
Hack Nr. 4: Die 1 : 3 : 1-Regel
Dieser nächste Hack wird auch als 1 : 3 : 1-Regel bezeichnet. Ihn verdanke ich meinem Freund Brad Pedersen, Serienunternehmer und Mitgründer von Pela, einem nachhaltigen Konsumgüterunternehmen, das „Alltagsprodukte ohne den alltäglichen Abfall“ entwickelt.
Im Zuge seiner Unternehmerkarriere hatte Brad irgendwann genug von der ganzen „Aufwärtsdelegierung“, die er erlebte. Die Leute kamen mit ihren Problemen zu ihm, dem CEO, und überließen ihm die Lösung. Diese Probleme kosteten ihn Zeit und Kraft. Er wollte sich eigentlich auf komplexere Probleme konzentrieren, musste sich aber immer wieder mit Bagatellen befassen. Um sein Gehirn für die Fragen zu schonen, für die es wirklich gebraucht wurde, führte Brad die 1 : 3 : 1-Regel ein.
Bevor ein Teammitglied Brad um Hilfe bitten durfte, musste es ein konkretes Problem gezielt benennen (ohne gleich Dutzende damit zusammenhängende Aspekte ins Spiel zu bringen). Als Nächstes musste es sich drei realistische Lösungsmöglichkeiten für das Problem überlegen. Und schließlich musste es Brad eine Empfehlung für eine der drei Optionen erteilen.
- 1: Definieren Sie das eine Problem, das es zu lösen gilt.
- 3: Liefern Sie drei praktikable Lösungen.
- 1: Schlagen Sie eine der drei Lösungsmöglichkeiten vor.
Brad brachte den ihm direkt unterstellten Mitarbeitern bei, kreativ zu denken, und befähigte sie zu selbstständigen Entscheidungen. So einfach wie möglich vermittelte Brad eine der größten Stärken eines Unternehmers nämlich seine Problemlösungskompetenz.
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