Kapitalanlageunternehmen wollen und müssen Kapital ein- und ihre Produkte bewerben, um ihre Unternehmensziele zu erreichen. Dem gegenüber stehen die umfangreichen Vorgaben von Gesetz und Aufsichtsbehörden, die Anleger
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat in ihren aktualisierten „Häufigen Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB“ (Stand: 5. Juli 2022) umfassende Klarstellungen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen für Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) und Finanzdienstleister veröffentlicht. Diese betreffen insbesondere die Abgrenzung von Pre-Marketing und Vertrieb, die Anzeigeverfahren sowie die Informationspflichten gegenüber Anlegern.
I. Abgrenzung zwischen Pre-Marketing und Vertrieb
Pre-Marketing bezeichnet die Bereitstellung von Informationen über Anlagestrategien oder Anlagekonzepte durch eine AIF-Verwaltungsgesellschaft oder von ihr beauftragte Dritte an potenzielle professionelle oder semiprofessionelle Anleger mit dem Ziel, das Interesse an einem AIF zu testen. Dies ist grundsätzlich noch kein Vertrieb im Sinne des KAGB, löst jedoch eine Mitteilungspflicht gemäß § 306b Abs. 3 Satz 1 bzw. Abs. 4 Satz 1 KAGB aus. Wird innerhalb von 18 Monaten nach Beginn des Pre-Marketings eine Zeichnung von Anteilen oder Aktien vorgenommen, muss zuvor das entsprechende Vertriebsanzeigeverfahren durchlaufen werden.
II. Anzeigeverfahren für den Vertrieb
Vor dem Vertrieb von Investmentvermögen müssen KVGs ein Anzeigeverfahren bei der BaFin durchführen. Die Anforderungen variieren je nach Art des Investmentvermögens und der Zielgruppe:
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Inländische Publikums-AIF: Anzeige gemäß § 316 KAGB mit Vorlage eines Geschäftsplans, Anlagebedingungen, Verkaufsprospekts und Angabe der Verwahrstelle.
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EU-AIF und ausländische AIF: Anzeigeverfahren nach §§ 317 bis 320 KAGB, abhängig von der Anlegerkategorie (Privatanleger, semiprofessionelle oder professionelle Anleger).
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OGAW: Anzeigeverfahren gemäß §§ 309 bis 313a KAGB.
Die BaFin prüft die Unterlagen auf Vollständigkeit und Konformität mit den gesetzlichen Anforderungen. Erst nach positiver Rückmeldung darf der Vertrieb beginnen.
III. Informationspflichten gegenüber Anlegern
KVGs sind verpflichtet, Anleger umfassend zu informieren:
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§ 297 KAGB: Informationspflichten gegenüber Privatanlegern, einschließlich Risikohinweisen und Kosteninformationen.
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§ 300 KAGB: Pflichten zur Bereitstellung von Informationen über wesentliche Änderungen.
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§ 301 KAGB: Verpflichtung zur Veröffentlichung von Informationen, die für die Anleger von Bedeutung sind.
Diese Informationen müssen klar, verständlich und nicht irreführend sein.
IV. Maßnahmen zur Verhinderung des unzulässigen Vertriebs an Privatanleger
Für AIFs, die nicht für den Vertrieb an Privatanleger zugelassen sind, müssen KVGs wirksame Vorkehrungen treffen, um einen solchen Vertrieb zu verhindern:
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Deutliche Hinweise in Prospekten und Informationsmaterialien.
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Technische Maßnahmen, wie zugangsbeschränkte Bereiche auf Websites.
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Vertragliche Vereinbarungen mit Vertriebspartnern, die den Vertrieb an Privatanleger ausschließen.
V. Konsequenzen bei Verstößen
Verstöße gegen die Vorschriften des KAGB können erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen:
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Aufsichtsrechtliche Maßnahmen: Untersagung des Vertriebs, Rücknahme oder Widerruf der Zulassung durch die BaFin.
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Bußgelder: Geldbußen bis zu 500.000 Euro oder 10 % des Jahresumsatzes gemäß § 120 WpHG.
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Zivilrechtliche Haftung: Schadensersatzansprüche von Anlegern bei fehlerhafter oder irreführender Information.
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Strafrechtliche Konsequenzen: Bei schwerwiegenden Verstößen kann der Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs (§ 264a StGB) erfüllt sein.
VI. Handlungsempfehlung
KVGs und Finanzdienstleister sollten ihre Vertriebsaktivitäten sorgfältig planen und durchführen:
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Frühzeitige Klärung, ob eine Vertriebsanzeige erforderlich ist.
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Sicherstellung der Einhaltung aller Informationspflichten.
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Implementierung technischer und organisatorischer Maßnahmen zur Verhinderung eines unzulässigen Vertriebs. Regelmäßige Schulung von Mitarbeitern und Vertriebspartnern.
Eine enge Zusammenarbeit mit der BaFin und gegebenenfalls rechtlicher Beistand können dabei helfen, Compliance-Risiken zu minimieren.
Für detaillierte Informationen und spezifische Fragen empfiehlt es sich, die vollständigen FAQ der BaFin zu konsultieren:
🔗 BaFin-FAQ zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB
Rechtsanwalt Johannes Goetz, Gesellschafter der Kanzlei Klamert & Partner PartGmbB, München, berät und vertritt bundesweit Kapitalanlageunternehmen und Finanzdientsleister bei der rechtssicheren Prüfung ihrer Werbemaßnahmen. Er steht für eine erste Einschätzung zur Verüfugung.