Landesarbeitsgericht Düsseldorf erklärt Probezeitkündigung wegen widersprüchlichem Verhalten des Arbeitgebers für treuwidrig
Auch in der Probezeit ist eine Kündigung nicht immer rechtens. Das zeigt ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Düsseldorf vom 14.01.2025 (Az. 3 SLa 317/24). Ein Wirtschaftsjurist war erst wenige Monate im Unternehmen tätig, als er plötzlich die Kündigung erhielt – obwohl ihm kurz zuvor noch die Weiterbeschäftigung zugesichert worden war. Das Gericht erklärte die Kündigung für treuwidrig und damit unwirksam.
„Das tun wir natürlich“ – Vorgesetzter sichert Übernahme zu
Der Kläger war seit Mitte Juni 2023 bei einem großen Rückversicherer beschäftigt. Im November, also vor Ende der vereinbarten sechsmonatigen Probezeit, wurde sein Vorgesetzter – ein personalverantwortlicher Abteilungsdirektor mit Prokura – von der Personalabteilung gefragt, ob der Mitarbeiter übernommen werden solle. Seine Antwort gegenüber dem Kläger: „Das tun wir natürlich.“
Der Kläger nahm diese Aussage als klare Zusicherung wahr, dass er im Unternehmen bleiben werde – ein Eindruck, den das Gericht später als gerechtfertigt ansah. Umso größer die Überraschung: Nur drei Wochen später kündigte der Arbeitgeber – vertreten durch den Abteilungsleiter – unter Verweis auf die angeblich nicht bestandene Probezeit.
Gericht: Kündigung ist treuwidrig nach § 242 BGB
Das LAG Düsseldorf sah in diesem Verhalten einen klaren Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Wer als personalverantwortlicher Vertreter des Unternehmens – vorliegend war der Abteilungsleiter sogar mit Prokura ausgestattet – eine Übernahme „natürlich“ zusagt, schafft Vertrauen – besonders im letzten Monat der Probezeit. Wird dieses Vertrauen enttäuscht, ohne dass neue Erkenntnisse hinzukommen, ist das rechtsmissbräuchlich.
Das Gericht stellte klar: Es kam nicht darauf an, ob mit der Äußerung eine formale Vereinbarung zur Verkürzung der Probezeit getroffen wurde. Entscheidend war das durch den Arbeitgeber geschaffene Vertrauen auf eine sichere Weiterbeschäftigung. Da der Kläger sich darauf verlassen und keine Alternativen gesucht hatte, durfte der Arbeitgeber dieses Vertrauen nicht ohne sachlichen Grund enttäuschen.
Fehler bei der Betriebsratsanhörung verschärfen die Rechtswidrigkeit
Zusätzlich hatte der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht klar darüber informiert, zu welchem Termin die Kündigung ausgesprochen werden sollte. In der Anhörung war sowohl der 22.12.2023 als auch der 30.06.2024 genannt – das Gericht sah darin einen weiteren Mangel, der die Unwirksamkeit der Kündigung unterstreichen könnte, sah aber auch diesen Aspekt als nicht entscheidungserheblich an.
Auch Probezeitkündigungen sind überprüfbar – und oft angreifbar
Viele Arbeitnehmer glauben, dass sie einer Kündigung in der Probezeit schutzlos ausgeliefert sind. Dieses Urteil zeigt das Gegenteil: Auch ohne Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes kann eine Kündigung unwirksam sein, etwa wenn sie treuwidrig erfolgt oder formale Voraussetzungen nicht eingehalten werden. Besonders riskant für Arbeitgeber ist es, zunächst Sicherheit zu vermitteln – und dann ohne nachvollziehbare Gründe zu kündigen.