Das Landgericht (LG) Koblenz hat am 11. Dezember 2024 entschieden (Az. 14 O 278/24), dass Verträge auch in Krisenzeiten verbindlich bleiben, insbesondere wenn die Krise zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits absehbar war.
In dem verhandelten Fall hatte ein Käufer im April 2020 ein Grundstück erworben und sich verpflichtet, innerhalb von drei Jahren ein gewerbliches Gebäude darauf zu errichten. Nach Ablauf dieser Frist im Februar 2024 war das Gebäude jedoch nicht errichtet worden. Der Käufer berief sich auf die Corona-Pandemie und den Ukrainekrieg als unvorhersehbare Ereignisse, die die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verändert hätten, und verlangte eine Anpassung des Vertrags gemäß § 313 Abs. 1 BGB wegen Störung der Geschäftsgrundlage.
Das Gericht lehnte dies ab und betonte, dass die Pandemie zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits ein weltweites Thema war und somit keine unvorhersehbare Veränderung darstellte. Auch der Ukrainekrieg fiel laut Gericht in das unternehmerische Risiko des Käufers und rechtfertigte keine Vertragsanpassung.
Grundsatz „pacta sunt servanda“ und Ausnahmen laut BGH-Rechtsprechung:
Der Grundsatz pacta sunt servanda (Verträge sind einzuhalten) bildet eine fundamentale Säule des Vertragsrechts. Er besagt, dass einmal geschlossene Verträge für die Parteien bindend sind und erfüllt werden müssen. Dieser Grundsatz fördert die Rechtssicherheit und das Vertrauen in die Verlässlichkeit von Vereinbarungen.
Allerdings erkennt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) Ausnahmen an, insbesondere in Fällen der „Störung der Geschäftsgrundlage“ gemäß § 313 BGB. Eine solche Störung liegt vor, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag so nicht geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Das Festhalten am unveränderten Vertrag muss einer Partei unzumutbar sein.
Die Anwendung dieser Ausnahme setzt jedoch hohe Hürden voraus. Der BGH betont, dass der Grundsatz pacta sunt servanda Vorrang hat und nur in eng begrenzten Ausnahmefällen durchbrochen werden darf. So entschied der BGH beispielsweise, dass selbst erhebliche Preissteigerungen oder wirtschaftliche Schwierigkeiten nicht automatisch zu einer Vertragsanpassung führen. Vielmehr muss eine grundlegende Veränderung der Umstände vorliegen, die das Gleichgewicht des Vertragsverhältnisses so stark beeinträchtigt, dass ein Festhalten am ursprünglichen Vertrag unzumutbar wäre.
Unternehmer müssen klare Verträge schließen
Unternehmer sollten bei Vertragsabschlüssen in Krisenzeiten besonders sorgfältig prüfen, welche Risiken sie übernehmen. Ereignisse, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits bekannt oder absehbar sind, gelten nicht als unvorhersehbare Veränderungen der Geschäftsgrundlage und rechtfertigen in der Regel keine nachträgliche Vertragsanpassung. Es ist daher ratsam, klare vertragliche Regelungen zu treffen, die den Umgang mit solchen Risiken festlegen. Im Zweifel ist anwaltliche Beratung unverzichtbar.
Fazit
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der Grundsatz pacta sunt servanda im deutschen Vertragsrecht von zentraler Bedeutung ist. Ausnahmen, wie die Störung der Geschäftsgrundlage, werden von der Rechtsprechung des BGH nur unter strengen Voraussetzungen anerkannt, um die Verlässlichkeit und Bindungskraft von Verträgen zu gewährleisten.
Rechtsanwalt Johannes Goetz, Partner der Kanzlei Klamert & Partner PartGmbB, München steht seinen Mandanten seit über 12 Jahren bei Vertragsgestaltung, Verhandlung und außergerichtlicher und gerichtlicher Vertretung im Bank- und Kapitalmarktrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht und angrenzenden Rechtsgebieten zur Seite. Er steht für eine Ersteinschätzung zur Verfügung.