Urteil des Landgerichts Osnabrück gegen Emsländische Volksbank eG zu Schadensersatz wegen unterbliebener Aufklärung über negative Presseberichterstattung zu Wirecard ist rechtskräftig
Wie bereits mit Beitrag vom 07.06.2024 berichtet (hier abrufbar), hatte das Landgericht Osnabrück am 04. Juni 2024 entschieden, dass die Emsländische Volksbank eG einem Anleger Schadensersatz zahlen muss, da sie ihn nicht über kritische Berichterstattung im Handelsblatt und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu möglicher Bilanzfälschung bei Wirecard informierte.
Landwirt verlor durch die Investition rund € 25.000,00
Am 25. Juni 2020 meldete die Wirecard AG wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung Insolvenz an. 3 Tage zuvor hatte sie per Ad-hoc-Meldung mitgeteilt, dass 1,9 Milliarden Euro ihres Vermögens „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht existieren“.
Wenige Monate zuvor – im Dezember 2019 und Februar 2020 – erwarb unser Mandant, ein Landwirt aus dem Emsland, auf Empfehlung eines für die damalige Volksbank Lingen eG tätigen Anlageberaters Zertifikate der DZ Bank mit Bezug auf Aktien der Wirecard AG.
Der Kläger musste die Zertifikate entsprechend der vertraglichen Vereinbarungen im Juli 2020 für insgesamt 219,35 Euro verkaufen.
Insgesamt ist unserem Mandanten so ein Schaden in Höhe von 24.905,65 Euro entstanden – eine Summe, zu deren Zahlung die Rechtsnachfolgerin der Volksbank Lingen eG, die Emsländische Volksbank eG, nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten im Endurteil vom 04. Juni 2024 verurteilt wurde.
Landgericht Osnabrück hält Information über Berichterstattung in FAZ und Handelsblatt zu Vorwürfen der Bilanzfälschung für notwendig
Zur Aufgabe des Anlageberaters der Bank habe es gehört – so das Gericht in der Urteilsbegründung – über die seit Oktober 2019 einsetzende Berichterstattung im Handelsblatt und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im Hinblick auf eine mögliche Bilanzfälschung bei Wirecard zu informieren.
Dabei handelt es sich um Berichte, die in einem zeitlichen Zusammenhang zur Zeichnung durch den Kläger stehen, so das Landgericht in seiner Urteilsbegründung. Es handele sich auch um einen bedeutenden Umstand der Anlageentscheidung. Schließlich führe eine Bilanzfälschung dazu, dass das Unternehmen anders dargestellt bzw. bewertet wird als es bei den tatsächlichen Zahlen der Fall wäre, so das Gericht. Dies wiederum könne Auswirkungen auf den Kursverlauf haben. Das Gericht stellte fest, dass zwischen den Parteien unstreitig geblieben sei, dass der Anlageberater der Bank diese Presseberichte nicht mit dem Kläger besprochen hat.
Oberlandesgericht Oldenburg erteilt Hinweise zur fehlenden Erfolgsaussicht der Berufung
Die Emsländische Volksbank legte gegen dieses Urteil des Landgerichts Osnabrück Berufung beim Oberlandesgericht Oldenburg ein. Dies erteilte daraufhin einen Hinweis, dass es beabsichtige, die Berufung der Bank zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe.
Das Oberlandesgericht wies insbesondere darauf hin, dass das Landgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die Bank durch den seitens ihres Beraters unterlassenen Hinweis auf die im Artikel des Handelsblatts vom 15. Oktober 2019 unter dem Titel „Erneute Zweifel an Bilanzierung lassen Wirecard-Aktie abstürzen“ dargestellten Vorwürfe ihre Aufklärungspflicht aus den Anlageberatungsverträgen verletzt hat. Gleichfalls sei das Landgericht zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass es der Bank nicht gelungen ist, die sogenannte Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens zu widerlegen.
Die Bank hat die Berufung daraufhin zurückgenommen. Das Urteil des Landgerichts Osnabrück ist damit rechtskräftig geworden.
Über die Kanzlei
mzs Rechtsanwälte vereidigter Buchprüfer Meyer zu Schwabedissen und Partner mbB ist eine Fachkanzlei für Bank-, Kapitalmarkt- und Versicherungsrecht, die private und institutionelle Investoren seit mehreren Jahrzehnten erfolgreich gegenüber diversen Akteuren am Kapitalmarkt vertritt. In den Jahren 2016 bis 2024 wurde die Kanzlei vom US-Verlag „Best Lawyer“ in Zusammenarbeit mit dem Handelsblatt durchgehend in die Liste der „Besten Anwälte Deutschlands“ im Bereich Kapitalmarktrecht aufgenommen.