Unwirksamkeit von Aufhebungsverträgen: Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns – Ihr Rechtsanwalt für Arbeitsrecht informiert
I. Einleitung: Der Aufhebungsvertrag und die Grenzen der Vertragsfreiheit im Arbeitsrecht
Im deutschen Arbeitsrecht stellt der Aufhebungsvertrag eine häufig genutzte Alternative zur Kündigung dar, um ein bestehendes Arbeitsverhältnis zu beenden. Anders als die Kündigung, die eine einseitige Willenserklärung darstellt und auch gegen den Willen des Gekündigten wirksam werden kann, handelt es sich beim Aufhebungsvertrag um eine zweiseitige Vereinbarung. Seine Wirksamkeit setzt die Zustimmung beider Parteien – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – voraus.
Arbeitgeber greifen oft auf Aufhebungsverträge zurück, um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden, die insbesondere mit betriebsbedingten Kündigungen und dem damit verbundenen Kündigungsschutz verbunden sind, oder um Konflikte wegen vermeintlicher Pflichtverstöße des Arbeitnehmers diskret und zügig beizulegen.1 Für Arbeitnehmer kann ein Aufhebungsvertrag attraktiv sein, um beispielsweise eine neue Stelle vor Ablauf der Kündigungsfrist anzutreten oder um bei eigener Wechselabsicht bessere Austrittsbedingungen, wie etwa ein wohlwollendes Zeugnis, auszuhandeln und eine Eigenkündigung mit potenziellen Nachteilen zu vermeiden. Solche Verträge regeln typischerweise neben dem Beendigungsdatum auch Aspekte wie die Zahlung einer Abfindung, die Freistellung von der Arbeitspflicht, den Inhalt des Arbeitszeugnisses und oft auch umfassende Ausgleichsklauseln, die gegenseitige Ansprüche ausschließen sollen.
Trotz der scheinbaren Einvernehmlichkeit birgt der Abschluss eines Aufhebungsvertrags für Arbeitnehmer erhebliche Risiken. Ein zentraler Nachteil ist die Gefahr einer Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld durch die Agentur für Arbeit, die in der Regel zwölf Wochen beträgt, da der Arbeitnehmer durch den Vertragsschluss aktiv an der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mitwirkt (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III).1Zudem bedarf es für den Abschluss eines Aufhebungsvertrags keiner Beteiligung des Betriebsrats, anders als bei Kündigungen. Formell ist für die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrags zwingend die Schriftform gemäß § 623 BGB vorgeschrieben, was bedeutet, dass der Vertrag auf Papier festgehalten und von beiden Parteien eigenhändig unterschrieben werden muss (§ 126 Abs. 2 BGB). Die elektronische Form ist ausdrücklich ausgeschlossen.
Angesichts der weitreichenden Folgen und des oft bestehenden Machtungleichgewichts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat die Rechtsprechung einen zusätzlichen Schutzmechanismus etabliert: das Gebot fairen Verhandelns. Dieses Prinzip begrenzt die Vertragsfreiheit im Vorfeld des Vertragsschlusses und soll sicherstellen, dass die Entscheidung des Arbeitnehmers, einem Aufhebungsvertrag zuzustimmen, frei von unzulässiger Beeinflussung getroffen wird. Es dient dem Schutz der Entscheidungsfreiheit in der Verhandlungssituation selbst und wirkt als Korrektiv unterhalb der Schwelle klassischer Unwirksamkeitsgründe wie widerrechtlicher Drohung oder arglistiger Täuschung. Die Existenz und justizielle Anerkennung dieses Gebots signalisiert eine wichtige Entwicklung im Arbeitsrecht: Die prozedurale Fairness beim Zustandekommen einer Vereinbarung wird als ebenso bedeutsam erachtet wie die materiellen Vertragsbedingungen, gerade weil im Arbeitsverhältnis typischerweise ein strukturelles Ungleichgewicht besteht. Die Fokussierung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) auf den Prozess des Vertragsschlusses („Weg zum Vertragsschluss“ ) mittels § 241 Abs. 2 BGB spiegelt die Erkenntnis wider, dass echte Zustimmung eine faire Gelegenheit zur Überlegung voraussetzt, die auch ohne Erfüllung der hohen Hürden einer rechtlichen Nötigung (§ 123 BGB) beeinträchtigt sein kann.
Maßgeblich geprägt wurde das Verständnis dieses Gebots durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Insbesondere das Urteil vom 7. Februar 2019 (Az. 6 AZR 75/18) hat klargestellt, dass ein Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags führen kann. Diese Entscheidung rückte das Prinzip stärker ins Bewusstsein. Eine weitere wichtige Präzisierung erfolgte durch das BAG-Urteil vom 24. Februar 2022 (Az. 6 AZR 333/21), das die hohen Anforderungen für die Annahme eines Verstoßes konkretisierte, insbesondere im Hinblick auf Forderungen nach sofortiger Vertragsannahme und die Verweigerung von Bedenkzeit oder Rechtsrat. Diese hohe Schwelle, die das BAG anlegt , stellt in der Praxis eine erhebliche Hürde für Arbeitnehmer dar, die einen bereits unterschriebenen Vertrag anfechten wollen. Dies unterstreicht die immense Bedeutung präventiver Rechtsberatung. Einen Aufhebungsvertrag prüfen lassen durch einen spezialisierten Rechtsanwalt für Arbeitsrecht bevor eine Unterschrift geleistet wird, ist oft weitaus effektiver als der Versuch, einen Vertrag nachträglich aufgrund unfairen Verhandelns zu kippen, was statistisch gesehen selten gelingt.
Ziel dieses Artikels ist es, einen umfassenden Überblick über das Gebot fairen Verhandelns im Kontext von Aufhebungsverträgen zu geben. Es werden die Rechtsgrundlagen, die vom BAG entwickelten Fallgruppen für mögliche Verstöße sowie die Rechtsfolgen eines solchen Verstoßes detailliert erläutert. Arbeitnehmer sollen dadurch in die Lage versetzt werden, Warnsignale für unfaires Verhandeln zu erkennen und die Wichtigkeit einer sorgfältigen Prüfung und rechtlichen Beratung zu verstehen, bevor sie weitreichende Entscheidungen treffen.
II. Das Gebot fairen Verhandelns: Rechtsgrundlagen und Inhalt
Das Gebot fairen Verhandelns ist keine eigenständige, explizit im Gesetz normierte Regelung für Aufhebungsverträge. Vielmehr leitet die Rechtsprechung es aus allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen ab.
Verankerung im BGB
Die Rechtsgrundlage für das Gebot fairen Verhandelns findet sich in der allgemeinen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils, wie sie in § 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) normiert ist. Diese Pflicht wird durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB konkretisiert. Das Gebot fairen Verhandelns stellt somit eine vorvertragliche Nebenpflicht (culpa in contrahendo) dar, die auch im Rahmen von Verhandlungen über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Geltung beansprucht. Die Verankerung in § 241 Abs. 2 BGB positioniert unfaires Verhandeln als Verletzung einer Sorgfalts- bzw. Rücksichtnahmepflicht, die aus dem Verhandlungsverhältnis selbst entsteht. Dieser dogmatische Ansatz verleiht den Gerichten die Flexibilität, auf prozedurale Unfairness zu reagieren, auch wenn das Verhalten nicht die strengeren Kriterien etablierter Unwirksamkeitsgründe wie Drohung oder Täuschung erfüllt. Es erlaubt ein Eingreifen, wenn Verhalten als inakzeptabel („zu missbilligender Weise“ ) bewertet wird und eine Korrektur erfordert, indem es auf die aus der Verhandlungssituation erwachsenden Pflichten abstellt.
Schutz der Entscheidungsfreiheit im Vorfeld des Vertragsschlusses
Der Kern des Gebots fairen Verhandelns ist der Schutz der freien Willensbildung und Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners während der Verhandlungen. Es geht darum, ein Mindestmaß an Fairness („Mindestmaß an Fairness“) im Vorfeld des Vertragsschlusses sicherzustellen. Dabei zielt das Gebot primär auf die Art und Weise ab, wie der Vertrag zustande kommt – den „Weg zum Vertragsschluss“ –, und nicht primär auf die inhaltliche Angemessenheit der vereinbarten Regelungen selbst. Ein inhaltlich ausgewogener Vertrag kann also dennoch unwirksam sein, wenn er unter unfairen Umständen zustande kam.
Abgrenzung zu anderen Unwirksamkeitsgründen
Das Gebot fairen Verhandelns operiert unterhalb der Schwelle klassischer Willensmängel, die zur Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit eines Vertrages führen können :
- Abgrenzung zu § 123 BGB (Anfechtung wegen Täuschung oder Drohung): Eine Verletzung des Gebots fairen Verhandelns liegt nicht erst dann vor, wenn die Voraussetzungen einer widerrechtlichen Drohung oder arglistigen Täuschung erfüllt sind. Zwar kann eine psychische Drucksituation ein Element beider Tatbestände sein, doch für einen Verstoß gegen das Fairnessgebot muss die ausgeübte Drohung nicht zwingend „widerrechtlich“ im Sinne des § 123 BGB sein (d.h. Mittel, Zweck oder Zweck-Mittel-Relation müssen verwerflich sein). Unfaires Verhandeln kann auch durch die Schaffung einer insgesamt unfairen Verhandlungssituation ohne eine spezifische rechtswidrige Drohung gegeben sein.
- Abgrenzung zu § 105 BGB (Nichtigkeit bei Geschäftsunfähigkeit): Das Gebot fairen Verhandelns greift auch dann, wenn der Arbeitnehmer zwar geschäftsfähig ist, seine Entscheidungsfähigkeit aber durch unfaire Umstände erheblich beeinträchtigt wird. Es setzt nicht voraus, dass der Arbeitnehmer sich in einem Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit befindet.
- Abgrenzung zu § 312g BGB (Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen): Das BAG hat klargestellt, dass Arbeitnehmern bei Aufhebungsverträgen grundsätzlich kein gesetzliches Widerrufsrecht nach den Vorschriften über Verbraucherverträge zusteht, selbst wenn der Vertrag beispielsweise in der Privatwohnung des Arbeitnehmers geschlossen wurde (sog. Haustürgeschäft). Der Anwendungsbereich der §§ 312 ff. BGB sei nicht eröffnet, da Aufhebungsverträge in der Regel keine entgeltliche Leistung zum Gegenstand haben, wie es § 312 Abs. 1 BGB (in seiner aktuellen Fassung) voraussetzt. Die explizite Zurückweisung der Anwendbarkeit von Verbraucherwiderrufsrechten auf Aufhebungsverträge durch das BAG , trotz möglicher Parallelen wie dem Vertragsschluss zu Hause 9, unterstreicht die besondere Natur arbeitsrechtlicher Vereinbarungen und die Zurückhaltung der Gerichte, allgemeine Verbraucherschutzmechanismen direkt anzuwenden. Dies rückt spezifische arbeitsrechtliche Schutzinstrumente wie eben das Gebot fairen Verhandelns in den Vordergrund als primären Weg, prozedurale Unfairness in diesem Kontext anzufechten.
Der hohe Maßstab des BAG: Kein Anspruch auf „Wohlfühlatmosphäre“
Es ist wichtig zu betonen, dass das Gebot fairen Verhandelns hohe Anforderungen an die Annahme eines Verstoßes stellt. Es verlangt vom Arbeitgeber nicht, eine für den Arbeitnehmer besonders angenehme oder stressfreie Verhandlungssituation zu schaffen („kein Erfordernis der Schaffung einer für den Vertragspartner besonders angenehmen Verhandlungssituation“). Vielmehr geht es um die Einhaltung eines Mindestmaßes an Fairness und den Verzicht auf eindeutig unfaire Methoden. Arbeitgeber dürfen durchaus ihre eigenen Interessen verfolgen und auch Verhandlungstaktiken anwenden, die einen gewissen Druck auf den Arbeitnehmer ausüben, solange dies nicht in einer zu missbilligenden Weise geschieht.
III. Fallgruppen des unfairen Verhandelns nach der BAG-Rechtsprechung
Ob eine Verhandlungssituation als unfair zu bewerten ist, hängt stets von den Gesamtumständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Das BAG hat jedoch in seiner Rechtsprechung, insbesondere in den Urteilen von 2019 (6 AZR 75/18) und 2022 (6 AZR 333/21), bestimmte Konstellationen oder Fallgruppen herausgearbeitet, die typischerweise auf einen Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns hindeuten können. Diese Fallgruppen sind nicht abschließend , aber sie bieten wichtige Anhaltspunkte für die Bewertung der Fairness einer Verhandlungssituation. Sie sind eher als Indikatoren zu verstehen, die auf eine mögliche Verletzung des grundlegenden Prinzips des Schutzes der Entscheidungsfreiheit hinweisen. Die Gesamtschau aller Faktoren ist letztlich entscheidend, nicht das isolierte Vorliegen eines Merkmals aus einer Fallgruppe.
Fallgruppe 1: Ausnutzung von Zwangslagen oder Schwächezuständen
Ein Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns kann vorliegen, wenn der Arbeitgeber eine objektiv erkennbare körperliche oder psychische Schwäche oder unzureichende Sprachkenntnisse des Arbeitnehmers bewusst ausnutzt, um den Abschluss des Aufhebungsvertrags zu erreichen.
Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn Verhandlungen mit einem Arbeitnehmer geführt werden, der offensichtlich krankheitsbedingt geschwächt ist (wie im Fall 6 AZR 75/18, bei dem die kranke Arbeitnehmerin zu Hause aufgesucht wurde), unter erheblichem psychischem Druck steht oder aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse die Tragweite der komplexen juristischen Formulierungen im Vertrag nicht erfassen kann. Entscheidend ist dabei, dass die Schwäche für den Arbeitgeber objektiv erkennbar war („erkennbaren“). Ist ein Arbeitnehmer zwar krankgeschrieben, aber dennoch arbeitsfähig und erscheint dem Arbeitgeber als verhandlungsfähig, reicht die bloße Krankschreibung allein möglicherweise nicht aus, um einen Verstoß zu begründen, wenn die Schwäche nicht offensichtlich war. Die Erkennbarkeit der Schwäche durch den Arbeitgeber ist hier ein zentrales Element. Die Unfairness entsteht durch das bewusste Ausnutzen einer wahrgenommenen Unterlegenheit des Verhandlungspartners.
Fallgruppe 2: Schaffung einer unzulässigen psychischen Drucksituation
Eine weitere Fallgruppe betrifft Situationen, in denen der Arbeitgeber eine psychische Drucksituation schafft oder ausnutzt, die eine freie und überlegte Entscheidung des Arbeitnehmers erheblich erschwert oder gar unmöglich macht. Dies geht über den normalen Verhandlungsdruck hinaus und beinhaltet die Schaffung besonders unangenehmer oder einschüchternder Rahmenbedingungen.
Beispiele hierfür können sein:
- Den Arbeitnehmer unter einem Vorwand in ein Zimmer zu bitten und ihn dort über Stunden festzuhalten, möglicherweise isoliert von Außenkontakten.
- Eine verhörähnliche Situation („kreuzverhörartig“) zu schaffen.
- Eine überlange Verhandlungsdauer, die zur Zermürbung führt.
- Die Schaffung einer allgemeinen Atmosphäre der Einschüchterung.
Der Druck muss dabei ein Maß erreichen, das die Fähigkeit zu einer rationalen und freien Entscheidung maßgeblich beeinträchtigt.
Fallgruppe 3: Überrumpelung durch ungewöhnliche Umstände (Ort, Zeit, Überraschungsmoment)
Ein Verstoß kann auch durch die Nutzung eines Überraschungsmoments (Überrumpelung) erfolgen, indem Verhandlungen zu einer ungewöhnlichen Zeit oder an einem ungewöhnlichen Ort initiiert werden, wodurch die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers beeinträchtigt wird.
Dies kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer völlig unerwartet mit dem Thema konfrontiert:
- Außerhalb der üblichen Geschäftszeiten.
- An einem Ort, der nicht mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung steht, insbesondere in der Privatwohnung des Arbeitnehmers. Der Betrieb gilt hingegen grundsätzlich als geeigneter Ort für solche Verhandlungen.
- Unter Umständen, unter denen der Arbeitnehmer vernünftigerweise nicht mit einer derart schwerwiegenden Verhandlung rechnen musste.
Kontrastierende Verhandlungsszenarien: Fair vs. Unfair nach BAG-Rechtsprechung
Die folgende Tabelle stellt typische Verhandlungssituationen gegenüber und illustriert anhand der BAG-Rechtsprechung, wann ein Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns wahrscheinlich ist und wann nicht. Dies verdeutlicht die hohen Hürden und die Bedeutung der Gesamtumstände.
Szenario Beschreibung |
Wahrscheinliche Bewertung durch BAG |
Maßgebliche(s) BAG-Urteil(e) / Fundstelle(n) |
Unangekündigtes Aufsuchen eines nachweislich erheblich kranken Arbeitnehmers zu Hause zur Vertragsunterzeichnung |
Wahrscheinlich Unfair |
6 AZR 75/18 |
Ausnutzung einer objektiv erkennbaren, schweren psychischen Belastungssituation des Arbeitnehmers |
Wahrscheinlich Unfair |
Grundsatz (§ 241 Abs. 2 BGB) |
Ausnutzung offensichtlich unzureichender Deutschkenntnisse bei Vorlage eines komplexen, juristischen Vertragstextes |
Wahrscheinlich Unfair |
Grundsatz (§ 241 Abs. 2 BGB) |
Mehrstündige Isolation des Arbeitnehmers in einem Raum, verhörähnliche Befragung ohne Kontaktmöglichkeit nach außen |
Wahrscheinlich Unfair |
Grundsatz (§ 241 Abs. 2 BGB) |
Angebot des Aufhebungsvertrags nur zur sofortigen Annahme (gem. § 147 Abs. 1 S. 1 BGB) |
Grundsätzlich Fair (isoliert) |
6 AZR 333/21 |
Verweigerung einer erbetenen Bedenkzeit oder der Möglichkeit, Rechtsrat einzuholen |
Grundsätzlich Fair (isoliert) |
6 AZR 333/21 |
Keine vorherige Ankündigung des Gesprächsinhalts (Vorlage eines Aufhebungsvertrags) |
Grundsätzlich Fair |
Grundsatz / 6 AZR 333/21 |
Verhandlung am Arbeitsplatz während der üblichen Geschäftszeiten |
Grundsätzlich Fair |
Grundsatz |
Androhung einer (berechtigten) außerordentlichen Kündigung oder (begründeten) Strafanzeige bei Nichtunterzeichnung |
Grundsätzlich Fair |
6 AZR 333/21 |
Diese Gegenüberstellung macht deutlich, dass nicht jede unangenehme oder druckvolle Verhandlungssituation automatisch unfair im Rechtssinne ist. Erst das Hinzutreten besonderer Umstände, die auf eine unzulässige Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit abzielen oder diese bewirken, kann zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags führen.
IV. Grenzen des Gebots fairen Verhandelns: Was ist (noch) erlaubt?
Das BAG hat in seiner Rechtsprechung, insbesondere mit dem Urteil vom 24. Februar 2022 (6 AZR 333/21), auch klargestellt, welche Verhaltensweisen des Arbeitgebers im Rahmen von Aufhebungsvertragsverhandlungen nicht per se gegen das Gebot fairen Verhandelns verstoßen. Diese Klarstellungen sind wichtig, um die Reichweite des Gebots zu verstehen und eine übermäßige Ausdehnung zu verhindern. Sie zeigen, dass Standard-Verhandlungstaktiken, auch wenn sie Druck erzeugen, grundsätzlich zulässig sind, solange keine erschwerenden Faktoren aus den oben genannten Fallgruppen hinzukommen.
Angebot nur zur sofortigen Annahme (§ 147 Abs. 1 S. 1 BGB)
Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber sein Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags nur zur sofortigen Annahme unterbreitet (entsprechend § 147 Abs. 1 Satz 1 BGB für Angebote unter Anwesenden), stellt für sich genommen keine Pflichtverletzung dar. Der Arbeitgeber darf also verlangen, dass der Arbeitnehmer sich sofort entscheidet, ob er das Angebot annimmt oder ablehnt. Dies wird als legitime Ausübung der Vertragsgestaltungsfreiheit im Rahmen der allgemeinen zivilrechtlichen Regeln betrachtet.
Verweigerung von Bedenkzeit oder Rechtsrat allein kein Verstoß
Eng damit zusammenhängend hat das BAG entschieden, dass der Arbeitgeber nicht allein aufgrund des Gebots fairen Verhandelns verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer eine Bedenkzeit einzuräumen oder ihm die Möglichkeit zu geben, vor der Entscheidung Rechtsrat einzuholen, selbst wenn der Arbeitnehmer darum bittet. Die Verweigerung solcher Wünsche ist isoliert betrachtet kein Verstoß gegen § 241 Abs. 2 BGB. Allerdings hat das BAG die Frage offengelassen, ob dies anders zu bewerten sein könnte, wenn der Arbeitgeber selbst mit anwaltlicher Vertretung zur Verhandlung erscheint, dem Arbeitnehmer aber die Möglichkeit verwehrt, ebenfalls juristischen Beistand hinzuzuziehen. Diese Konstellation lag im Fall 6 AZR 333/21 vor, wurde aber vom BAG nicht explizit als entscheidend für eine Unfairness gewertet, solange keine weiteren unfairen Umstände hinzutraten. Obwohl die Verweigerung von Zeit für Rechtsrat rechtlich isoliert betrachtet zulässig sein mag, birgt sie für Arbeitnehmer ein erhebliches praktisches Risiko. Sie könnten komplexe Verträge mit schwerwiegenden Folgen (wie Sperrzeiten oder Rechtsverzicht) unterzeichnen, ohne deren Inhalt und Konsequenzen vollständig zu verstehen. Diese Diskrepanz zwischen der rechtlichen Zulässigkeit für den Arbeitgeber und dem praktischen Risiko für den Arbeitnehmer unterstreicht den Wert einen Aufhebungsvertrag prüfen zu lassen.
Androhung zulässiger Rechtsfolgen
Auch die Androhung von Konsequenzen für den Fall der Nichtunterzeichnung des Aufhebungsvertrags ist nicht per se unfair. Wenn ein Arbeitgeber beispielsweise mit einer außerordentlichen Kündigung oder einer Strafanzeige droht, ist dies dann nicht als widerrechtliche Drohung (§ 123 BGB) oder als Verstoß gegen das Fairnessgebot zu werten, wenn ein verständiger Arbeitgeber angesichts der Umstände (z.B. bei konkretem Verdacht auf schwerwiegende Pflichtverletzungen oder Straftaten) solche Maßnahmen ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Die Zulässigkeit der Drohung hängt also entscheidend von ihrer Berechtigung im konkreten Fall ab. Eine Drohung mit unberechtigten oder offensichtlich haltlosen Konsequenzen könnte hingegen sehr wohl zur Anfechtbarkeit wegen widerrechtlicher Drohung führen oder zumindest zur Gesamtbewertung der Verhandlungssituation als unfair beitragen. Die materielle Rechtfertigung der angedrohten Maßnahme ist somit ein wichtiger Faktor bei der Bewertung der Fairness.
Weitere erlaubte Praktiken
Darüber hinaus hat die Rechtsprechung klargestellt, dass weitere Praktiken für sich genommen keinen Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns darstellen:
- Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die Absicht, einen Aufhebungsvertrag vorzulegen, im Vorfeld anzukündigen. Der Arbeitnehmer kann also durchaus in einem Gespräch überraschend mit einem solchen Angebot konfrontiert werden.
- Es besteht keine Pflicht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer im Aufhebungsvertrag ein vertragliches Rücktritts- oder Widerrufsrecht einzuräumen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gebot fairen Verhandelns dem Arbeitgeber zwar Grenzen setzt, ihm aber weiterhin einen erheblichen Spielraum bei der Gestaltung der Verhandlungssituation lässt. Nur wenn durch das Verhalten des Arbeitgebers die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers in einer zu missbilligenden Weise beeinflusst wird, liegt ein Verstoß vor.
V. Praxisbeispiele für Verstöße gegen das Gebot fairen Verhandelns
Um die abstrakten Fallgruppen und rechtlichen Grundsätze greifbarer zu machen, sollen die folgenden drei Beispiele typische Konstellationen illustrieren, in denen ein Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns anzunehmen sein könnte. Diese Beispiele basieren auf den vom BAG entwickelten Kriterien und der Rechtsprechung. Sie verdeutlichen oft eine Kombination verschiedener unfairer Elemente, die in ihrer Gesamtheit zur Unwirksamkeit des Vertrages führen können.
Beispiel 1: Aufsuchen eines kranken Arbeitnehmers zu Hause (angelehnt an BAG 6 AZR 75/18)
- Szenario: Ein Arbeitnehmer ist seit mehreren Tagen wegen einer schweren Grippe mit hohem Fieber krankgeschrieben. Der Arbeitgeber sucht ihn unangemeldet in seiner Privatwohnung auf. Dort konfrontiert er den sichtlich geschwächten Arbeitnehmer mit einem vorbereiteten Aufhebungsvertrag. Er argumentiert, dass die häufigen Fehlzeiten die Zusammenarbeit belasteten und die Zukunft unsicher sei, weshalb eine sofortige Trennung im gegenseitigen Interesse liege. Der Arbeitnehmer, der sich krank und überrumpelt fühlt und dem Druck in seiner privaten Umgebung nachgibt, unterschreibt den Vertrag, der keine Abfindung vorsieht.
- Analyse: In diesem Fall kommen mehrere unfaire Elemente zusammen. Zum einen wird eine objektiv erkennbare krankheitsbedingte Schwäche des Arbeitnehmers ausgenutzt (Fallgruppe 1). Zum anderen findet die Verhandlung an einem ungewöhnlichen Ort (Privatwohnung) statt und beinhaltet ein Überraschungsmoment (Fallgruppe 3). Die Kombination dieser Faktoren – Ausnutzung der Krankheitssituation, Verletzung der Privatsphäre, Überrumpelung – schafft eine unfaire Drucksituation, die die freie Willensbildung des Arbeitnehmers beeinträchtigt und somit gegen § 241 Abs. 2 BGB verstößt.
Beispiel 2: Verhandlung unter Isolations- und Einschüchterungsbedingungen
- Szenario: Eine Arbeitnehmerin wird kurz vor Feierabend am Freitag unerwartet in das Büro des Geschäftsführers gerufen. Dort warten bereits der Geschäftsführer, die Personalleiterin und ein externer Rechtsanwalt des Unternehmens. Ihr werden pauschale Vorwürfe hinsichtlich ihrer Arbeitsleistung gemacht. Man legt ihr einen Aufhebungsvertrag zur sofortigen Unterschrift vor und erklärt unmissverständlich, dass sie den Raum nicht verlassen dürfe, bevor sie unterschrieben habe; andernfalls sei das Angebot vom Tisch und es würden „andere Konsequenzen“ folgen. Telefonate oder Kontakt nach außen werden ihr untersagt. Das Gespräch zieht sich über zwei Stunden hin, wobei die Vorwürfe wiederholt und der Druck zur Unterschrift aufrechterhalten wird. Die Arbeitnehmerin fühlt sich eingeschüchtert und isoliert und unterschreibt schließlich.
- Analyse: Dieses Szenario fällt primär unter die Fallgruppe 2: Schaffung einer unzulässigen psychischen Drucksituation durch Isolation, Einschüchterung und überlange Gesprächsdauer. Selbst wenn die Leistungsvorwürfe eine Grundlage hätten, ist die Art und Weise der Verhandlungsführung hier das Problem. Sie zielt darauf ab, den Widerstand der Arbeitnehmerin durch unfaire Mittel zu brechen. Die Anwesenheit des Arbeitgeberanwalts, während der Arbeitnehmerin möglicherweise keine Möglichkeit zur Einholung eigenen Rechtsrats gegeben wird, kann als zusätzlicher Faktor die Unfairness verstärken, auch wenn dies isoliert betrachtet nach der Rechtsprechung nicht zwingend ausschlaggebend ist.
Beispiel 3: Ausnutzung mangelnder Sprachkenntnisse bei komplexem Vertrag
- Szenario: Ein Arbeitnehmer aus dem Ausland, dessen Deutschkenntnisse nachweislich noch begrenzt sind, wird vom Arbeitgeber zu einem Gespräch gebeten. Ihm wird ein umfangreicher Aufhebungsvertrag vorgelegt, der zahlreiche Klauseln in komplexer juristischer Fachsprache enthält (z.B. Verzichtserklärungen, Ausgleichsklauseln, Regelungen zur Abgeltung von Urlaubsansprüchen). Der Arbeitgeber erläutert den Inhalt nur sehr oberflächlich und in einfachen Worten, wobei er mögliche Nachteile (wie die drohende Sperrzeit beim Arbeitslosengeld) herunterspielt. Er drängt auf eine schnelle Unterschrift mit dem Hinweis, dies sei eine „Standardprozedur“. Dem Arbeitnehmer wird weder eine Übersetzung noch ausreichend Zeit gegeben, den Vertrag von einer Vertrauensperson oder einem Anwalt prüfen zu lassen. Der Arbeitgeber weiß um die sprachlichen Schwierigkeiten des Arbeitnehmers.
- Analyse: Hier liegt ein klarer Fall der Fallgruppe 1 vor: Ausnutzung einer objektiv erkennbaren Schwäche, nämlich der unzureichenden Sprachkenntnisse. Die Unfairness besteht darin, dass der Arbeitgeber die Sprachbarriere bewusst nutzt, um die Zustimmung zu einem Vertrag zu erlangen, dessen Inhalt und Tragweite der Arbeitnehmer nicht vollständig verstehen kann. Dies verletzt die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitnehmers.
Diese Beispiele illustrieren, dass es oft die Gesamtschau der Umstände ist, die eine Verhandlungssituation als unfair erscheinen lässt. Sie zeigen auch, wie die subjektive Erfahrung des Arbeitnehmers – das Gefühl von Druck, Überrumpelung oder Ausgenutztsein – relevant wird, wenn sie auf objektiv unfairen Handlungen des Arbeitgebers beruht und die Fähigkeit zu einer freien und überlegten Entscheidung nachweislich beeinträchtigt wurde.
VI. Rechtsfolgen eines Verstoßes
Stellt ein Gericht fest, dass ein Aufhebungsvertrag unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande gekommen ist, hat dies gravierende Rechtsfolgen. Der Vertrag wird nicht lediglich modifiziert, sondern in seiner Gesamtheit unwirksam.
Der Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers (§ 280 Abs. 1 BGB)
Die rechtliche Konstruktion, die das BAG anwendet, basiert auf dem Schadensersatzrecht. Ein schuldhafter Verstoß des Arbeitgebers gegen seine aus § 241 Abs. 2 BGB resultierende Pflicht zur fairen Verhandlungsführung stellt eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB (in Verbindung mit § 311 Abs. 2 BGB für vorvertragliche Pflichten) dar. Dies löst einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers aus.
Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB): Fortbestand des Arbeitsverhältnisses
Der Inhalt dieses Schadensersatzanspruchs bestimmt sich nach § 249 Abs. 1 BGB, der primär auf Naturalrestitution gerichtet ist. Das bedeutet, der Zustand ist wiederherzustellen, der bestehen würde, wenn das schädigende Ereignis – hier der unfaire Verhandlungsprozess und der daraus resultierende Vertragsschluss – nicht eingetreten wäre.
Angewendet auf den Aufhebungsvertrag führt dies dazu, dass der Arbeitnehmer so zu stellen ist, als hätte er den Vertrag nie unterzeichnet. Der Vertrag selbst wird als der zu beseitigende Schaden angesehen. Die Konsequenz ist, dass der Aufhebungsvertrag seine rechtliche Wirkung verliert und das Arbeitsverhältnis als ununterbrochen fortbestehend behandelt wird („Fortsetzung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen“). Es bedarf keines Neuabschlusses eines Arbeitsvertrages; der ursprüngliche Vertrag lebt quasi wieder auf bzw. hat rechtlich nie geendet. Die Wahl der Naturalrestitution als Rechtsfolge ist dabei von erheblicher Bedeutung. Sie zielt auf die Wiederherstellung des status quo ante – des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses – ab, anstatt lediglich einen finanziellen Ausgleich zu gewähren. Dies trägt der fundamentalen Bedeutung des Arbeitsplatzes und dem Schutzgedanken des deutschen Arbeitsrechts Rechnung, da der Verlust des Arbeitsplatzes oft den primären Schaden darstellt.
Bedeutung für die Praxis: Der Aufhebungsvertrag wird unwirksam
Im Ergebnis führt ein erfolgreich geltend gemachter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zur Unwirksamkeit des gesamten Aufhebungsvertrags. Alle darin enthaltenen Regelungen, wie z.B. zur Beendigung, zur Abfindung, zur Freistellung oder zu Verzichtsklauseln, werden hinfällig, da die Grundlage – die wirksame Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Vertrag – entfällt.
Für die Kausalität des Verstoßes für den Vertragsschluss spricht nach Ansicht des BAG im Regelfall eine Vermutung: Es wird davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmer bei fairer Behandlung seine Interessen vernünftig wahrgenommen und den Vertrag nicht abgeschlossen hätte. Die Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Umstände, die einen Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns begründen, liegt jedoch beim Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber muss sich auf entsprechenden Vortrag aber substantiiert einlassen.
Die dogmatische Konstruktion des BAG, die Unwirksamkeit des Vertrages über einen Schadensersatzanspruch (§§ 280, 249 BGB) herbeizuführen, mag zwar juristisch komplex erscheinen, sie ermöglicht es den Gerichten aber, auf prozedurale Unfairness unterhalb der Schwelle etablierter Nichtigkeits- oder Anfechtungsgründe zu reagieren und eine effektive Rechtsfolge (Fortbestand des Arbeitsverhältnisses) zu erreichen, ohne auf eine Gesetzesänderung warten zu müssen.
VII. Handlungsempfehlungen für Arbeitnehmer
Wird einem Arbeitnehmer ein Aufhebungsvertrag angeboten, ist höchste Vorsicht geboten. Die Kenntnis der eigenen Rechte und potenzieller Fallstricke ist entscheidend. Die folgenden Empfehlungen sollen helfen, die Situation richtig einzuschätzen und Fehler zu vermeiden.
Warnsignale für unfaires Verhandeln erkennen
Arbeitnehmer sollten auf bestimmte Anzeichen achten, die auf eine unfaire Verhandlungssituation hindeuten könnten. Eine Checkliste mit Warnsignalen umfasst unter anderem:
- Ungewöhnliche Umstände: Eine unerwartete Vorladung zu einem Gespräch ohne Nennung des Themas, insbesondere außerhalb der normalen Arbeitszeiten oder an einem ungewöhnlichen Ort (z.B. zu Hause).
- Übermäßiger Zeitdruck: Der Arbeitgeber drängt massiv auf eine sofortige Unterschrift und lehnt jede Bedenkzeit kategorisch ab.
- Verweigerung von Unterstützung: Die Bitte, den Vertrag mitzunehmen, um Rechtsrat einzuholen oder ihn in Ruhe zu prüfen, wird strikt abgelehnt.
- Ungleiche Verhandlungsposition: Der Arbeitnehmer sitzt allein mehreren Vertretern des Arbeitgebers gegenüber, möglicherweise sogar dessen Anwalt.
- Ausnutzung persönlicher Umstände: Der Arbeitgeber spielt auf bekannte persönliche Schwierigkeiten (Krankheit, finanzielle Nöte, Sprachprobleme) an, um Druck auszuüben.
- Einschüchternde Atmosphäre: Der Ton ist aggressiv, drohend oder herablassend; es wird eine Isolation herbeigeführt.
Auch wenn einzelne dieser Punkte isoliert betrachtet nicht zwingend einen Verstoß begründen (insbesondere Zeitdruck oder Ablehnung von Rechtsrat), sollten sie in der Summe oder bei besonderer Intensität als Alarmsignal gewertet werden.
Die Bedeutung, nichts unter Druck sofort zu unterschreiben
Die wichtigste Regel lautet: Unterschreiben Sie niemals einen Aufhebungsvertrag sofort unter Druck! Bestehen Sie darauf, das Dokument mitzunehmen, um es in Ruhe lesen und prüfen zu können. Auch wenn der Arbeitgeber rechtlich dazu befugt sein mag, ein Angebot nur zur sofortigen Annahme zu unterbreiten, hat der Arbeitnehmer das Recht, dieses Angebot unter diesen Umständen abzulehnen. Die Konsequenz mag sein, dass das Angebot zurückgezogen wird oder der Arbeitgeber eine Kündigung ausspricht. Eine Kündigung kann jedoch gerichtlich überprüft werden, während ein unterschriebener Aufhebungsvertrag nur unter sehr engen Voraussetzungen wieder beseitigt werden kann.
Wann und warum rechtlicher Rat unerlässlich ist („Aufhebungsvertrag prüfen lassen“)
Ein Aufhebungsvertrag ist ein rechtlich bindendes Dokument mit weitreichenden Folgen: Verlust des Arbeitsplatzes, mögliche Sperrzeit beim Arbeitslosengeld, Verzicht auf Ansprüche. Die Formulierungen sind oft komplex und für Laien schwer verständlich.
Daher ist die Einholung von fachkundigem Rechtsrat unerlässlich. Nur ein spezialisierter Rechtsanwalt für Arbeitsrecht kann beurteilen:
- Ob die Verhandlungssituation fair war.
- Ob die angebotenen Konditionen (insbesondere die Höhe einer Abfindung ) angemessen sind.
- Welche Risiken (z.B. Sperrzeit) bestehen und ob diese im Vertrag ausreichend berücksichtigt oder vermieden werden.
- Welche Alternativen bestehen (z.B. Abwarten einer Kündigung und Erhebung einer Kündigungsschutzklage).
Es ist entscheidend, diesen Rat vor der Unterschrift einzuholen. Einen Aufhebungsvertrag prüfen zu lassen ist eine Investition, die vor erheblichen Nachteilen schützen kann. Nachträglich gegen einen unterschriebenen Vertrag vorzugehen, ist ungleich schwieriger und riskanter.
VIII. Fazit
Das Gebot fairen Verhandelns, abgeleitet aus § 241 Abs. 2 BGB, stellt einen wichtigen, wenn auch in der Praxis schwer durchsetzbaren Schutzmechanismus für Arbeitnehmer im Rahmen von Aufhebungsvertragsverhandlungen dar. Es soll sicherstellen, dass die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf einer freien und unbeeinflussten Entscheidung beruht.
Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat Fallgruppen identifiziert, die auf eine Verletzung dieses Gebots hindeuten können, wie die Ausnutzung von Schwächezuständen, die Schaffung unzulässigen psychischen Drucks oder die Überrumpelung durch ungewöhnliche Verhandlungsumstände. Gleichzeitig hat das BAG aber auch klargestellt, dass die Hürden für die Annahme eines Verstoßes hoch sind. Insbesondere die Forderung nach sofortiger Annahme eines Angebots oder die Verweigerung von Bedenkzeit oder Zeit für Rechtsrat stellen für sich genommen noch keine unfaire Verhandlung dar (BAG 6 AZR 333/21).
Wird ein Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns gerichtlich festgestellt, führt dies über den Weg des Schadensersatzes in Form der Naturalrestitution (§§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB) zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags. Das Arbeitsverhältnis besteht dann unverändert fort.
Für die Rechtspraxis bedeutet dies, dass Arbeitgeber zwar einen gewissen Spielraum bei Verhandlungen haben, aber unfaire Methoden meiden und idealerweise den Verhandlungsprozess dokumentieren sollten, um sich gegen Vorwürfe verteidigen zu können. Für Arbeitnehmer bleibt die Erkenntnis, dass sie trotz des rechtlichen Schutzes durch das Gebot fairen Verhandelns äußerst wachsam sein müssen. Die hohe Schwelle für die Annahme eines Verstoßes unterstreicht die zentrale Bedeutung präventiven Handelns.
Der abschließende und wichtigste Appell richtet sich daher an alle Arbeitnehmer, die mit dem Angebot eines Aufhebungsvertrags konfrontiert werden: Handeln Sie nicht überstürzt und unterschreiben Sie nichts unter Druck. Nutzen Sie die Möglichkeit, professionellen Rechtsrat einzuholen. Lassen Sie den Aufhebungsvertrag prüfen von einem spezialisierten Rechtsanwalt für Arbeitsrecht. Angebote wie die kostenfreie Erstberatung, wie sie beispielsweise über die Plattform notruf-kuendigung.de für Arbeitnehmer in Köln und Umgebung zugänglich ist, können dabei eine wertvolle erste Orientierung bieten und helfen, die eigenen Rechte wirksam zu wahren.
Melden Sie sich sehr gerne bei mir – ich möchte Sie gut beraten und gemeinsam mit Ihnen die beste Lösung für Ihre Situation finden.
Rechtsanwalt für Arbeitsrecht – Daud Haque
Rechtsanwalt Daud Haque ist Gründer der Rechtsanwaltskanzlei Haque. mit Schwerpunkt im Arbeitsrecht und Compliance-Bereich – Arbeitsrechtsboutique. Er ist spezialisiert auf Kündigungsschutzrecht und Konfliktmanagement und berät Arbeitnehmer umfassend zu Aufhebungsverträgen sowie Abwicklungsvereinbarungen nach einer Kündigung durch den Arbeitgeber. Falls erforderlich, vertritt er seine Mandanten vor dem Arbeitsgericht, um eine angemessene Abfindung, ein herausragendes Arbeitszeugnis oder eine Weiterbeschäftigung zu erreichen.
Aufgrund der hohen Nachfrage und der Vielzahl betroffener Arbeitnehmer hat die Rechtsanwaltsboutique Haque. eine unverbindliche Arbeitsrechtshotline eingerichtet sowie die Plattform Notruf-Kuendigung.de speziell für Arbeitnehmer, die von einer Kündigung oder einem Aufhebungsvertrag betroffen sind. Wer von einer Kündigung oder einem Aufhebungsvertrag betroffen ist, kann sich kostenfrei und unverbindlich beraten lassen – ohne Verpflichtungen, ohne Follow-up-Calls oder versteckte Kosten.
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Extra-Service – Aufhebungsvertrag prüfen
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