Das Oberlandesgerichts Schleswig bejahte in einem Urteil vom 18.3.2024 (16 U 74/23) eine Leistungspflicht der Reiserücktrittsversicherung, obwohl der Kläger bereits vor Abschluss der Versicherung durch einen Sturz eine Platzwunde erlitten hatte. Denn die erlittene Wunde infizierte sich erst nach Vertragsschluss, weshalb ein Reiserücktritt notwendig wurde.
In dem Klageverfahren vor dem Landgericht Itzehoe (3 O 176/20) hatte der Kläger von der Beklagten die Erstattung von Stornierungskosten aus einer Reiserücktrittsversicherung verlangt. Der Kläger verlangte die Erstattung von diversen Reisekosten (Flugkosten, Kosten für eine Busrundreise und weitere Transferleistungen).
Nachdem das Landgericht in erster Instanz die Klage abwies, hob das Berufungsgericht das Urteil auf und verurteilte die Beklagte auf Zahlung des geltend gemachten Stornierungskosten.
In dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag war vereinbart, dass ein versichertes Ereignis dann vorliegt, wenn während der Dauer des Versicherungsschutzes eine unerwartet schwere Erkrankung eintritt.
Eine schwere Erkrankung liegt dann vor, wenn diese erheblich, gravierend und von einigem Gewicht ist. Die bei der Ehefrau des Klägers eingetretene Erkrankung war als solche schwer, da die Reise wegen der Erkrankung nicht planmäßig durchgeführt werden konnte. Ferner wurde diese Erkrankung ärztlicherseits attestiert.
Das Gericht stellte fest, dass diese Erkrankung auch unerwartet war. Denn diese trat erst durch einen Infekt, welcher nach Vertragsschluss, aufgrund eines Substanzdefekts der Haut eintrat. Zwar geschah der Sturz der Ehefrau bereits vor Abschluss des Vertrages, jedoch war dieser allein noch kein Versicherungsfall. Denn die Stornierung der Reise erfolgte aufgrund einer Behandlung des Ulkus (Entzündung), welche erst nach Vertragsschluss eingetreten war. Bei einem Ulkus, d.h. einem – erst durch einen Infekt – ausgelösten Substanzdefekt der Haut, handelt es sich objektiv um ein ganz anderes Erkrankungsbild als bei einer „bloßen“ sturzbedingten Schürfwunde.