Liebe Mandanten und Freunde,
an dieser Stelle möchten wir Ihnen von Zeit zu Zeit interessante Themen aus der erbrechtlichen und erbschaft-/schenkungsteuerlichen Praxis vorstellen.
Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und helfen Ihnen bei Fragen gern. Ihr BBT-Team.
Exemplarisch gehen wir von folgendem Beispielfall aus:
Die Eltern sind Eigentümer einer gewerblich vermieteten Immobilie zu je 50% (Bruchteilseigentum). Beide Elternteile wollen ihren 50% Anteil an der Immobilie auf ihren Sohn übertragen. Dabei wollen sie sich den lebenslangen Nießbrauch vorbehalten, um weiterhin die Mieteinnahmen zu erhalten. Der Vater ist 70 Jahre, die Mutter 60. Der Grundbesitzwert soll 3 Mio. € betragen, die jährlichen Mieteinkünfte (der sog. Jahreswert) betragen 50.000,00 €.
Für die Ausgestaltung des Nießbrauchs gibt es nun grds. zwei Möglichkeiten
1. Jeder behält sich Nießbrauch an seinem Anteil für sich vor, mit Übergang auf den Längerlebenden
Jeder Elternteil kann sich an seinem 50% Anteil den lebenslangen Nießbrauch vorbehalten. Verstirbt ein Ehegatte soll dessen Nießbrauch auf den längerlebenden Ehegatten übergehen (aufschiebend bedingtes Nießbrauchsrecht). Die schenkungsteuerliche Bereicherung des Sohnes ermittelt sich, in dem der Nießbrauch kapitalisiert wird und vom Grundbesitzwert abgezogen wird. Die Kapitalisierung erfolgt in dem der Jahreswert mit einem Vervielfältiger multipliziert wird, dessen Höhe sich nach dem Geschlecht und dem Alter des jeweiligen Schenkers richtet.
a) Schenkung Vater an Sohn
Bei der Schenkung von Vater an Sohn hinsichtlich seines 50% Anteils würde sich folgende Steuerberechnung ergeben:
Anteiliger Grundbesitzwert: 1.500.000,00 €
Kapitalwert Nießbrauch
(ant. Jahreswert 25.000xVervielfältiger 9,858) -246.450,00 €
Bereicherung 1.253.550,00 €
Persönlicher Freibetrag -400.000,00 €
Steuerpflichtiger Erwerb 853.550,00 €
Steuerpflichtiger Erwerb abgerundet 853.500,00 €
Schenkungsteuer (19% von 853.500 €) 162.165,00 €
b) Schenkung Mutter an Sohn
Bei der Schenkung von Mutter an Sohn hinsichtlich seines 50% Anteils würde sich folgende Steuerberechnung ergeben:
Anteiliger Grundbesitzwert: 1.500.000,00 €
Kapitalwert Nießbrauch
(ant. Jahreswert 25.000xVervielfältiger 13,791) -344.775,00 €
Bereicherung 1.155.225,00 €
Persönlicher Freibetrag -400.000,00 €
Steuerpflichtiger Erwerb 755.225,00 €
Steuerpflichtiger Erwerb abgerundet 755.200,00 €
Schenkungsteuer (19% von 755.200 €) 143.488,00 €
Die Gesamtsteuer beträgt somit 305.653,00 €.
Entscheidend für die Berechnung ist, dass der Nießbrauchswert bei jedem Elternteil mit seinem individuellen Vervielfältiger ermittelt wird. Der Umstand, dass der Nießbrauch des zuerstversterbenden auf den längerlebenden Ehegatten übergeht, wird bei der Schenkung nicht berücksichtigt, mindert damit also auch nicht die Bereicherung durch Erhöhung des abzuziehenden Nießbrauchswerts. Dieser Umstand kann erst berücksichtigt werden, wenn er eingetreten ist. Dann kann die Neuberechnung des Nießbrauchs und damit die Verringerung der Schenkungsteuer im Nachhinein beantragt werden.
Zu berücksichtigen ist weiter, dass im Übergang des Nießbrauchsrechts vom zuerstversterbeneden auf den längerlebenden Ehegatten eine Schenkung an den längerlebenden Ehegatten in Höhe des Kapitalwerts des Nießbrauchs zum Zeitpunkt des Versterbens zu sehen ist.
2. Jeder behält sich Nießbrauch an seinem Anteil für beide gemeinsam vor
Im Unterschied zur vorgenannten Variante, wo sich jeder Elternteil an seinem Anteil den Nießbrauch (nur) für sich selbst vorbehält und der Nießbrauch bei Versterben auf den längerlebenden Ehegatten übergeht, behält sich in der zweiten Variante jeder Elternteil an seinem Anteil einen gemeinsamen Nießbrauch vor, für sich und seinen Ehegatten. Die Ehegatten sind in diesem Fall Gesamtberechtigte nach § 428 BGB.
In dieser Konstellation ist für die Kapitalisierung bzw. den Vervielfältiger bei beiden Elternteilen auf das Lebensalter und Geschlecht desjenigen Elternteils abzustellen, für den sich der höhere Vervielfältiger ergibt. Das wäre im vorliegenden Fall der Vervielfältiger der jüngeren Ehefrau.
Im Ergebnis würde sich die Berechnung der Schenkung von Vater an Sohn ändern, da hier nun der Vervielfältiger der Mutter verwendet würde. Die Berechnung der Schenkung Mutter an Sohn würde gleich bleiben.
a) Schenkung Vater an Sohn
Bei der Schenkung von Vater an Sohn hinsichtlich seines 50% Anteils wäre nun der Vervielfältiger der Mutter zu verwenden:
Anteiliger Grundbesitzwert: 1.500.000,00 €
Kapitalwert Nießbrauch
(ant. Jahreswert 25.000xVervielfältiger 13,791) -344.775,00 €
Bereicherung 1.155.225,00 €
Persönlicher Freibetrag -400.000,00 €
Steuerpflichtiger Erwerb 755.225,00 €
Steuerpflichtiger Erwerb abgerundet 755.200,00 €
Schenkungsteuer (19% von 755.200 €) 143.488,00 €
b) Schenkung Mutter an Sohn
Bei der Schenkung von Mutter an Sohn hinsichtlich ihres 50% Anteils würde sich keine Änderung ergeben:
Anteiliger Grundbesitzwert: 1.500.000,00 €
Kapitalwert Nießbrauch
(ant. Jahreswert 25.000xVervielfältiger 13,791) -344.775,00 €
Bereicherung 1.155.225,00 €
Persönlicher Freibetrag -400.000,00 €
Steuerpflichtiger Erwerb 755.225,00 €
Steuerpflichtiger Erwerb abgerundet 755.200,00 €
Schenkungsteuer (19% von 755.200 €) 143.488,00 €
Die Gesamtsteuer beträgt somit nur 286.976,00 € statt 305.653,00 €. Die Ersparnis beträgt damit 18.677 €. Die Ersparnis ist im Ergebnis umso größer, umso weiter die schenkenden Eltern im Alter auseinanderliegen.
Sind die Ehegatten hälftige Miteigentümer und behalten sie sich wie hier den Nießbrauch als Gesamtberechtigte i.S.d. § 428 BGB vor, findet grds. keine Schenkung im Verhältnis der Ehegatten zueinander statt. Überdies bewirkt das Versterben eines Ehegatten/Gesamtgläubigers grds. auch keine Schenkung beim längerlebenden Ehegatten (BFH, Urteil v. 07.02.2001, Az. II B 11/00, BStBl II 01, 245).
2. Fazit und Schlussfolgerung für die Praxis
Die Beispielsberechnungen zeigen, dass durch die richtige Gestaltung des Nießbrauchsrechts im Schenkungsfalle Steuern gespart werden können. Schenken die Ehegatten ihre gemeinsame Immobilie an die Kinder und behalten sie sich den Nießbrauch als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB vor, so entsteht bei diesem Schenkungsvorgang weniger Schenkungsteuer als bei der alternativen, aufschiebend bedingten Nießbrauchsbestellung.
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