Im Haushaltswaren-Webshop werden „Tempotaschentücher“, „Thermoskannen“ und „Tupperdosen“ angeboten; in der Werkzeugabteilung gibt es „Inbusschlüssel“. Der Preis ist heiß, denn die Ware stammt unmittelbar von einem chinesischen Billiganbieter. Versandt wird die Ware dann, so jedenfalls die Werbung im Webshop, in einer stoßsicheren „Styroporverpackung“.
Glasklare Produktbeschreibung, weil sich unter diesen Bezeichnungen alle etwas vorstellen können? Nein! Hier drohen teure Abmahnungen aus dem Markenrecht.
Geschützte Marken: Worum geht es?
Im Online-Shop wie im stationären Handel gilt: Wer sein Warenangebot und seine Leistungen achtlos mit scheinbar allgemeingebräuchlichen Bezeichnungen bewirbt, tappt schnell in die Falle des Markenrechts. Das gleich gilt, wenn sich die optische Gestaltung des Webshops an bekannte Farbkonzepte anlehnt – wenn also zum Beispiel der Shop für gebrauchte Smartphones in leuchtendem Magenta gestaltet ist, damit jeder sofort erkennt, worum es geht.
Viele dieser Begriffe, die sich im Volksmund als reine Gattungsbezeichnungen etabliert haben, sind in Wirklichkeit als Marken rechtlich geschützt. Das gleiche gilt für Farben und Designs. Eine falsche Verwendung kann Abmahnungen mit Kosten im vier- oder gar fünfstelligen Bereich nach sich ziehen.
Hintergrund ist § 14 Markengesetz (MarkenG). In Absatz 1 heißt es dort zunächst ebenso lapidar wie kategorisch:
„Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.“
In § 14 Abs. 2 bis Abs. 4 MarkenG finden sich dann diejenigen Verbote geregelt, die Folge des Markenschutzes sind. So ist es beispielsweise § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG Dritten – also unter anderem konkurrierenden Unternehmen – untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen
„ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt“.
Nach § 14 Abs. 3 Nr. 6 MarkenG ist diesen Dritten untersagt,
„das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen“.
§ 14 Abs. 5 MarkenG gibt dem Inhaber der Marke gegen den unberechtigten Nutzer einen Unterlassungsanspruch.
§ 14 Abs. 6 MarkenG verschafft dem Inhaber der Marke zusätzlich einen Schadensersatzanspruch.
§ 14 Abs. 7 MarkenG regelt schließlich, dass der Inhaber des Unternehmens, in dessen geschäftlichen Betrieb die Verletzungshandlung begangen worden ist, sich nicht damit herausreden kann, ein Angestellter oder Beauftragter sei der Täter.
Marke oder Gattungsbezeichnung? Eine unvollständige Auswahl
TEMPO-Taschentuch
„TEMPO“ ist nicht die deutsche Gattungsbezeichnung für Papiertaschentücher, sondern eine unter Registernummer 407752 geschützte Wortmarke. Außerdem ist die Marke beim EUIPO unter Nr. 000637751 als Unionsmarke eingetragen. Der Markenschutz für „TEMPO“ umfasst Papier, Papierwaren, insbesondere Taschentücher, Wischtücher, Servietten, Windeln, Einschlagtücher aus Papier- und Zellstoffwatte.
Kleenex
„Kleenex“ ist nicht die Gattungsbezeichnung für Papiertücher, die nach oben aus einer Schachtel gezogen werden, sondern als einzelnes Wort oder als Teil verschiedener Wortfolgen beim EUIPO durch ein ganzes Bündel von Wort- und Bildmarken als Unionsmarke geschützt.
Thermoskanne
„Thermos“ ist keine technische Gattungsbezeichnung für Isolierkannen, sondern eine beim EUIPO unter Nr. 000860288 als Wort-/Bildmarke eingetragene Unionsmarke. Der Markenschutz für „Thermos“ umfasst unter anderem Flaschen, Flakons und Behälter, ebenso Thermosflaschen, Isolierbehälter, Krüge, Kästen, Kisten, Becher, Bechergläser und Taschen, Picknickboxen und -taschen (mit Inhalt), isolierte Reiserucksäcke, isolierte Flaschenhüllen, Thermogefäße und -karaffen aus Stahl, isolierte Karaffen und Kaffeekannen, Glaswaren, Glasgefäße, Geräte und Behälter für Koch- und Haushaltszwecke, Flaschen, Flakons und Behälter, Eisbehälter, Spender für Flüssigkeiten, Glasstöpsel, Tee-Eier, Teekessel, Kaffeekessel sowie Teile und Bestandteile für alle vorstehend genannten Waren.
Tupper-Box
„Tupperware“ oder „Tupperbox“ sind keine Gattungsbezeichnungen für Frischhalteboxen und Lebensmittelbehälter aus Kunststoff, sondern beim EUIPO unter Nr. 007335813 als Unions-Wortmarke „TUPPER“ eingetragen. Der Markenschutz für „TUPPER“ umfasst unter anderem Behälter für Haushalt und Küche einschließlich Deckel für diese Behälter sowie die Präsentation und Entgegennahme von Waren (für Dritte) für Verkaufszwecke, also dasjenige Verkaufsformat, das unter der Bezeichnung „Tupperparty“ bekannt geworden ist.
Inbusschlüssel
„Inbus“ ist keine technische Gattungsbezeichnung für Sechskantschlüssel und Schrauben mit Innensechskant, sondern eine unter Registernummer 477514 geschützte Wortmarke. Außerdem ist die Marke beim EUIPO unter Nr. 018867122 als Unionsmarke eingetragen. Der Markenschutz für „Inbus“ umfasst Kleineisenwaren, insbesondere Schrauben und Muttern.
Rollerblade
„Rollerblades“ ist keine technische Gattungsbezeichnung für Inlineskates aller Art, sondern eine unter anderem unter der Registernummer 1104163 in der Schreibweise „ROLLERBLADE“ geschützte Wortmarke. Der Markenschutz für „ROLLERBLADE“ umfasst hierbei Schuhe, Stiefel; Rollschuhe und Kufenrollstiefel.
Frisbee
„Frisbee“ ist keine Gattungsbezeichnung für Wurfscheiben aus dem Sport- und Freizeitbereich, sondern eine unter Registernummer 826457 in der Schreibweise „FRISBEE“ geschützte Wortmarke. Außerdem ist die Marke beim EUIPO unter Nr. 002995231 als Unionsmarke eingetragen. Der Markenschutz für „FRISBEE“ umfasst Spielwaren, Turn- und Sportgeräte.
Flip-Flop
„Flip-Flops“ ist keine Sammelbezeichnung für einfache Sandalen und Badeschlappen, sondern eine beim EUIPO unter Nr. 003987906 in der Schreibweise „flip*flop“ als Unionsmarke eingetragene Wort-/Bild-Marke. Der Markenschutz umfasst unter anderem Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen.
Styropor
„Styropor“ ist keine technische Gattungsbezeichnung für Hartschaumprodukte aus expandiertem Polystyrol. Vielmehr handelt es sich um eine unter der Registernummer 741179 geschützte Wortmarke. Außerdem ist die Marke beim EUIPO unter Nr. 000104661 als Unionsmarke eingetragen. Markeninhaberin ist die BASF SE mit Sitz in Ludwigshafen. Der Markenschutz für „STYROPOR“ – so die registrierte Schreibweise – umfasst unter anderem
„Verpackungen für gasförmige, feste, flüssige und pulverige Güter, für Nahrungsmittel und Kosmetika, für Textilien und Lederwaren in Form von Filmen, Beuteln, Säcken, Tuben, Flaschen, Kanistern, gegossenen und gezogenen Behältern, vorgenannte Waren aus Kunststoffen aus oder unter Verwendung von Kunststoffen hergestellte Waren für technische Zwecke, nämlich Folien, Platten, Hohl- und Vollstäbe, Rohre, Blöcke, Schläuche und Profile (Halbfabrikate)“.
Telekom-Magenta
Die Deutsche Telekom AG hat den Farbton RAL-4010 „magenta“ unter der Registernummer 39552630 als Farbmarke eintragen lassen. Der Markenschutz umfasst unter anderem
„Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten für die Telekommunikation“.
Milka-Lila
Die Kraft Foods Schweiz Holding GmbH mit Sitz in Zug in der Schweiz hat den Farbton „lila“ unter der Registernummer 2906959 aufgrund Verkehrsdurchsetzung für die Milka-Schokolade als Farbmarke eintragen lassen. Der Markenschutz umfasst Schokoladenwaren. Außerdem ist die Marke beim EUIPO unter Nr. 000031336 als Unionsmarke eingetragen.
Nivea-Blau
Die Beiersdorf Aktiengesellschaft aus Hamburg als Herstellerin unter anderem der Nivea-Creme hat den Farbton blau Pantone 280 C unter der Registernummer 30571072 als Farbmarke eintragen lassen. Der Markenschutz umfasst Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, nämlich Haut- und Körperpflegeprodukte.
Sparkassen-Rot
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband e.V. mit Sitz in 10117 Berlin, also der Dachverband der Sparkassen-Finanzgruppe, hat den Farbton „rot (HKS 13)“ unter der Registernummer 30211120 als Kollektivmarke eintragen lassen. Der Markenschutz umfasst das Finanzwesen, nämlich Retail – Banking (Bankdienstleistungen für Privatkunden), insbesondere Kontoführung, Durchführung des Zahlungsverkehrs (Girogeschäft) und weitere aufgezählte Dienstleistungen.
Langenscheidt-Gelb
Die PONS Langenscheidt GmbH aus Stuttgart, die unter anderem die Langenscheidt-Wörterbücher herausgibt, ist Inhaberin der unter Registernummer 39612858 eingetragenen Farbmarke. Die Markenbeschreibung lautet:
„Als Marke angemeldet ist die wie folgt definierte Farbe Gelb. Wird Vollfarbe verwendet, so ist das Gelb der standardisierte Farbton HKS 5. Wenn das Gelb aus der Vier-Farben (Euro-)Skala zusammengesetzt wird, wird zu 100 % Gelb 20 % Magenta hinzugefügt.“
Vorsicht bei Wortspielereien
Auch Wortspielereien unter Verwendung markenrechtlich geschützter Begriffe kommen nicht gut an. Das „Kleid mit Esprit“, der „Mercedes unter den Lastenfahrrädern“, der „Swarovski unter den Deko-Steinen“ mag beim Publikum anklingen lassen, welchen Qualitätsanspruch der jeweilige Anbieter hat (oder welche Qualität er auch nur behauptet). Die Behauptung, jede:r könne sich doch denken, dass es sich dabei um Drittprodukte anderer Hersteller handele, hilft dann aber nicht weiter.
Empfehlung für die Praxis
Das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) ist ebenso frei und öffentlich zugänglich wie die eSearch-Datenbank des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO). Jede:r Interessierte kann dort ohne Anmeldung kostenlos recherchieren, ob ein bestimmter Begriff oder eine bestimmte grafische bzw. farbliche Gestaltung als Marke geschützt ist und deshalb nicht frei verwendet werden darf.
Wer den eigenen Online-Shop durch eine Webdesign-Agentur erstellen lässt, einen externen Texter beauftragt oder externe SEO-Leistungen hinzukauft, sollte jedenfalls im Vertrag eine ausdrückliche Regelung mit aufnehmen, dass der jeweilige Dienstleister die erforderlichen markenrechtlichen Kollisionsprüfungen eigenständig und eigenverantwortlich durchführt.
Noch besser ist es, von Anbeginn an anwaltlichen Rat mit einzuholen: Ein nicht nur auf dem Gebiet des Markenrechts, sondern auch auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts erfahrener Rechtsanwalt wird in Zweifelsfällen das Risiko einschätzen, eventuell drohende Kollisionen und Konflikte erkennen und erforderlichenfalls rechtssichere Ausweichmöglichkeiten empfehlen. Konkurrenz soll das eigene Geschäft beleben, nicht zu Abmahnungen führen.
Rechtsanwalt Stefan Loebisch berät seit vielen Jahren Startups, kleine und mittelständische Unternehmen beim Aufbau und der Gestaltung ihrer Online-Auftritte und Webshops.