Für Rechtsanwälte und Richter existieren keine ausdrücklichen gesetzlichen Pflichten, Supervision in Anspruch zu nehmen. Die Teilnahme an Supervision ist hier freiwillig.
Allerdings können allgemeine Rechtsnormen indirekt relevant werden, insbesondere solche zur Verschwiegenheitspflicht. So ist ein Rechtsanwalt gesetzlich verpflichtet, über alle Informationen aus dem Mandat Stillschweigen zu bewahren (§ 43a Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsordnung) (Verschwiegenheitspflicht: RAK München). Ähnliches gilt für Mediatoren (§ 4 MediationsG) und auch Richter unterliegen der Amtsverschwiegenheit.
Die Verschwiegenheits-Regelungen beeinflussen, wie Supervision durchgeführt werden darf.
Insgesamt ist festzuhalten, dass Supervision als solche im deutschen Recht nicht umfassend geregelt ist, also weder
- wer sich Supervisor nennen darf noch
- wer Supervisionen durchführen darf
- wie Supervisionen durchgeführt werden
Die Anwaltschaft, Juristen und Richter entdecken zunehmend den Nutzen von Supervision. Juristen haben einen anspruchsvollen Berufsalltag, der von hohem Leistungsdruck, komplexen Fällen und permanenter Konfrontation mit Konflikten geprägt ist. Studien zeigen, dass Juristen überdurchschnittlich oft von Stress und psychischen Belastungen betroffen sind – in einem Ranking der Berufe mit hohem Depressionsrisiko liegen Anwälte auf Platz 7 von 55 untersuchten Berufsgruppen. Dies verdeutlicht, warum Supervision und ähnliche Unterstützungsangebote für Anwälte, Juristen und Richter sinnvoll sein können.
Supervision bietet einen strukturierten Rahmen, um herausfordernde Mandate, Umgang mit Niederlagen, schwierige Mandanten oder belastende Kollegialverhältnisse zu reflektieren. Im Gegensatz zum üblichen fachlichen Austausch über juristische Strategien geht es in der Supervision um die menschlich-psychologische Dimension des Berufs. So können beispielsweise konfliktgeladene Situationen mit Mandanten, Streitigkeiten im Team oder Frutrationen über Richterentscheidungen in einer Supervisionssitzung besprochen werden. Die Reflexion solcher „ungewöhnlichen“ Situationen – etwa besonders fordernde Mandanten, problematische Verfahrensabläufe oder persönliche Überforderungen – hilft Anwälten, ihr eigenes Verhalten und Empfinden besser zu verstehen. Dadurch lassen sich neue Lösungsansätze im Umgang mit solchen Situationen entwickeln und nachhaltig integrieren.
Feedbacks unserer Supervisionsrunden zeigen, dass diese Form der Fallsupervision Anwälten Entlastung und Orientierung bieten kann. Indem in einer vertraulichen Runde oder mit einem externen Supervisor Fälle aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden, kann von einer Meta-Eben quasi aus Helikopterperspektive auf die Situation geschaut werden.
Das fördert die professionelle Weiterentwicklung – ähnlich wie in psychosozialen Berufen.
In Österreich ist Anwalts-Supervision deshalb schon länger verbreitet, wird aber auch in Deutschland immer mehr entdeckt und genutzt;
Insgesamt bedeutet Supervision für Juristen eine wichtige Unterstützung zur Psychohygiene, Stressbewältigung und Qualitätssicherung im Mandatsalltag.
Auch für Richterinnen und Richter gewinnt Supervision an Bedeutung: In der richterlichen Tätigkeit treten zwar andere Rahmenbedingungen auf – vor allem die richterliche Unabhängigkeit –, doch der Arbeitsalltag an Gerichten kann ebenso psychisch belastend sein. Hohe Fallzahlen, schwierige Verhandlungen, konfrontative Anwälte oder schwere Entscheidungen (etwa in Straf- oder Familiensachen) führen zu Stress und mitunter Isolation im Entscheidungsprozess. Traditionell galt es in der Justiz als unüblich, persönliche Belastungen oder Zweifel offen zu besprechen, doch dies ändert sich langsam.
Ein Beispiel: In Schleswig-Holstein wurde vor einigen Jahren ein Supervisionsmodell für Richter etabliert, in welchem eigens fortgebildete Richterkollegen regelmäßige Gruppensupervisionen für andere Richter anboten. Die richterlichen Teilnehmer erweiterten so ihre Perspektive, verstanden besser die Hintergründe schwieriger Situationen, etwa warum ein bestimmter Anwalt so aufbrausend agiert hatte und welche eigenen Reaktionen dies ausgelöst hatte. ) Indem Probleme offen mit Kollegen besprochen worden sind, reduzierte sich das Gefühl der individuellen Überlastung oder Ohnmacht.
In einigen Bundesländern, wie z.B. in Schleswig-Holstein, gibt es bereits organisierte Angebote, oft initiiert von der Justizverwaltung oder Richterakademien. Anderswo nehmen Richter vereinzelt externe Supervisoren (mit Verständnis für den Justizbereich) in Einzelsitzungen in Anspruch.
Insgesamt zeigt sich, dass Supervision auch in der Justiz ein wertvolles Instrument sein kann, um Stress abzubauen, die Kommunikation im Gericht zu verbessern und die professionelle Handlungsfähigkeit von Richtern zu stärken, ohne die notwendige Neutralität und Unabhängigkeit zu gefährden.
Das ist bei der Supervision von Juristen zu beachten:
- Anonymisierung der Fälle (keine Klarnamen)
- idealerweise keine laufenden Verfahren (besser: abgeschlossene)
- Supervisor muss selbst Jurist sein
- bei Gruppen-Supervision muss gesamte Gruppe aus Juristen bestehen
Empfohlen wird, bei Juristen die Supervision mit einem juristischen Supervisor der Intervision oder kollegialen Fallberatung (beides ohne professionellen Moderator) vorzuziehen.
Warum?
Der Supervisor wird neben Lösungsfokus, Prozesseffektivität, Zeit- und Themenmanagement auch auf die Einhaltung der gesetzlichen Verschwiegenheit achten und die Voraussetzugnen schaffen. Zudem unterfallen die Supervisoren selbst dann in der Regel der berufsspezifischen Verschwiegenheitsverpflichtung auch für die Supervision.
Zusätzlich zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen sind Ehtik und Freiwilligkeit zentrale Bestandteile der Supervision. Supervision kann als Teil der beruflichen Fortentwicklung und Selbstfürsorge i.s.d. § 43 a BRAO gesehen werden. Ein Anwalt, der Supervision nutzt, zeigt Bereitschaft zur Reflexion und damit zur stetigen Verbesserung seiner Dienstleistung, was letztlich dem Mandanten zugutekommt. Ähnliches gilt für Richter: Deren Ethos verlangt Unparteilichkeit und Besonnenheit; indem sie in Supervision ihre Emotionen oder Vorurteile bearbeiten, handeln sie am Ende ethisch verantwortungsvoller auf der Richterbank.
Fazit: Supervision mit rechtlichem Augenmaß kann für Anwälte, Richter und Mediatoren ein wertvolles Instrument sein, um die eigene Praxis zu reflektieren, Stress abzubauen und die Qualität der Arbeit zu sichern. Rechtlich ist sie zulässig, wenn Vertraulichkeit und freiwillige Teilnahme gewährleistet sind. Ihre Bedeutung in juristischen Berufen wächst kontinuierlich, da die Anforderungen an diese Berufe steigen und zugleich das Bewusstsein für mentale Gesundheit und professionelle Selbstreflexion zunimmt.
Supervision vereint somit fachliche Weiterbildung mit psychologischer Unterstützung – im Rahmen der geltenden Gesetze und Berufsregeln – und leistet einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit juristischer Berufsausübung.
📌 Sie möchten die Supervision als Jurist in Anspruch nehmen?
Finden Sie qualifizierte Supervisionsangebote nur für Juristen online/offline, Gruppe/Einzel hier!
Kontaktieren Sie mich für ein unverbindliches Erstgespräch!
Lesen Sie auch diese Artikel zu Supervision von Dr. Geertje Tutschka, MCC und CLP – Consulting for Legal Professionals.