Internationale Ermittlungen gegen „Archetyp Market“: Festnahme eines mutmaßlichen Darknet-Administrators in Barcelona
Am 11. Juni 2025 wurde in Barcelona ein 30-jähriger deutscher Staatsbürger durch eine Spezialeinheit der spanischen Nationalpolizei festgenommen. Grundlage war ein umfangreiches Ermittlungsverfahren der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main in Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt (BKA).
Dem Festgenommenen wird vorgeworfen, als Administrator eine der weltweit größten Darknet-Plattformen – den sogenannten „Archetyp Market“ – mitverantwortlich betrieben zu haben. Neben der Festnahme in Spanien fanden koordinierte Durchsuchungen in Deutschland und Schweden statt, die sich gegen weitere mutmaßliche Moderatoren und Verkäufer richteten.
Durchsuchungen in Deutschland und Schweden – Millionenwerte sichergestellt
Im Zuge der internationalen Maßnahmen wurden insgesamt 20 Objekte durchsucht – unter anderem in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen und Baden-Württemberg. In Schweden kam es zur Festnahme von sieben weiteren Personen. Dabei konnten insgesamt 47 Smartphones, 45 Computer und Notebooks, verschiedene Betäubungsmittel sowie erhebliche Vermögenswerte sichergestellt werden.
Allein bei den Durchsuchungen in Barcelona, Hannover, dem Landkreis Minden-Lübbecke und Bukarest wurden acht Mobiltelefone, vier Computer, 34 Datenträger sowie Vermögenswerte im Umfang von rund 7,8 Millionen Euro beschlagnahmt.
„Archetyp Market“ – kriminelle Handelsplattform mit geschätztem Umsatz von 250 Millionen Euro
„Archetyp Market“ war ausschließlich über das Darknet erreichbar und zählte zu den ältesten und umsatzstärksten illegalen Online-Marktplätzen. Über die Plattform wurden insbesondere Betäubungsmittel wie Amphetamin, Kokain, Heroin, Fentanyl und Cannabis gehandelt. Die Bezahlung erfolgte ausschließlich in der anonymen Kryptowährung Monero.
Zum Zeitpunkt der Abschaltung waren rund 17.000 aktive Verkaufsangebote gelistet, bei etwa 612.000 registrierten Nutzerkonten und rund 3.200 Händlern („Vendoren“). Der geschätzte Gesamtumsatz beträgt etwa 250 Millionen Euro.
Server in niederländischem Rechenzentrum abgeschaltet
Parallel zu den Maßnahmen in Deutschland, Spanien und Schweden konnte in einem Rechenzentrum in den Niederlanden die technische Infrastruktur der Plattform lokalisiert, sichergestellt und durch die niederländische Nationalpolizei deaktiviert werden.
Dem in Barcelona Festgenommenen wird bandenmäßiger Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß §§ 29a, 30a BtMG zur Last gelegt.
Was droht Käufern im Darknet? Oftmals bestehen gute Chancen auf Einstellung des Verfahrens wegen Beweismangels!
Die aktuelle Razzia im Zusammenhang mit dem Darknet-Marktplatz „Archetyp Market“ zeigt erneut: Ermittlungsbehörden setzen verstärkt auf digitale Forensik und internationale Kooperation, um Strukturen im Online-Drogenhandel aufzudecken. Die Sicherstellung von Servern, verschlüsselten Datenträgern und Kommunikationsverläufen kann auch Käufer und mutmaßliche Mittäter ins Visier der Strafverfolgung rücken.
Unklare Beweislage – was bedeutet das für Kunden?
Ob bei der Auswertung unverschlüsselte Kundendaten gefunden wurden, ist bislang unklar. Sollte dies der Fall sein, ist mit einer Vielzahl weiterer Ermittlungsverfahren zu rechnen. Dennoch gilt: Ein Name auf einer Liste allein beweist nicht, dass die betreffende Person tatsächlich eine Bestellung aufgegeben oder Betäubungsmittel erhalten hat.
Insbesondere bei digitalen Beweismitteln ist stets auch an Identitätsmissbrauch zu denken – etwa durch Nutzung fremder Daten oder missbräuchliche Lieferung an Briefkästen Dritter. Ohne konkret zuordenbare Zahlungsnachweise oder Kommunikationsinhalte lassen sich viele Tatvorwürfe nicht gerichtsfest belegen.
Wann eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO realistisch ist
Die Praxis zeigt: Gerade bei kleineren Mengen – etwa wenige Gramm Kokain, Speed oder MDMA – liegt häufig keine ausreichende Beweislast vor. Mangels konkreter Zahlungsbelege oder verwertbarer Aussagen kann in vielen Fällen eine Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO (mangelnder Tatverdacht) erreicht werden.
Allerdings hängt die Entscheidung über eine Einstellung auch von der jeweiligen Ermittlungspraxis der Staatsanwaltschaft ab: Manche Behörden agieren strikt rechtsstaatlich und stellen mangels Beweislage zügig ein – andere neigen zu einer ausgedehnteren Auswertung, selbst bei geringen Mengen.
Ziel: Keine Eintragung im Führungszeugnis
Lässt sich eine Einstellung nicht erreichen, ist das nächste verteidigungstaktische Ziel häufig die Vermeidung einer Eintragung ins Führungszeugnis. Dies gelingt, wenn die Strafe 90 Tagessätze oder weniger beträgt (§ 32 BZRG). Gerade bei geringen Mengen oder Ersttat ist dieses Ziel realistisch und juristisch erreichbar.
Fahrerlaubnis: Führerschein trotz Strafverfahren?
Auch fahrerlaubnisrechtlich hat der Ausgang des Strafverfahrens erhebliche Konsequenzen:
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Einstellung des Verfahrens aus Mangel an Beweisen (§ 170 Abs. 2 StPO): In diesem Fall drohen in der Regel keine fahrerlaubnisrechtlichen Konsequenzen.
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Keine Einstellung aus Mangel an Beweisen möglich: Dann wird häufig ein ärztliches Gutachten angeordnet, um das Konsummuster zu klären.
Diese Gutachten („§ 14 FeV“) sind jedoch – bei guter anwaltlicher Vorbereitung – in der Regel zu bestehen, sodass die Fahrerlaubnis auch in solchen Fällen oft gerettet werden kann.
Verteidigung im Darknet- und BtMG-Verfahren
Gerade bei Vorwürfen wie Drogenhandel im Darknet, Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge oder Einsatz von Kryptowährungen zur Verschleierung ist eine frühzeitige und spezialisierte Verteidigung entscheidend.
Wichtig: Machen Sie keine Angaben gegenüber Polizei oder Staatsanwaltschaft. Schweigen ist kein Schuldeingeständnis – es ist Ihr gutes Recht. Als erfahrener Strafverteidiger mit Spezialisierung im Betäubungsmittelstrafrecht und Fahrerlaubnisrecht vertrete ich Mandanten bundesweit – von der Hausdurchsuchung über die Hauptverhandlung bis hin zu Verfahren vor der Führerscheinstelle.
Wenn Sie ein Betroffener sind und Fragen haben, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf:
RA Björn Schüller
Mobil / Whatsapp: 0157 82 77 39 34
Mail: kontakt@strafverteidiger-schueller.de