Die erste Phase eines Arbeitsverhältnisses beginnt nicht mit dem Vorstellungsgespräch, sondern bereits mit der Stellenausschreibung. Vielen Arbeitgebern ist dabei nicht bewusst, dass sie sich bereits mit der Formulierung eines Stellenangebots erheblichen rechtlichen Risiken aussetzen können – insbesondere im Hinblick auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Fehlerhafte Ausschreibungen können Schadensersatzforderungen auslösen, auch wenn es zu keiner Einstellung kommt.
Gemäß § 11 AGG müssen Stellenausschreibungen diskriminierungsfrei erfolgen. Das bedeutet: Sie dürfen keine Hinweise enthalten, die Bewerberinnen oder Bewerber wegen eines der in § 1 AGG genannten Merkmale benachteiligen – etwa wegen Geschlecht, Alter, ethnischer Herkunft, Religion, Weltanschauung, sexueller Identität oder einer Behinderung.
Eine Formulierung wie „Suche junge, dynamische Verstärkung“ kann bereits eine mittelbare Altersdiskriminierung darstellen. Auch die Aussage „Deutsch als Muttersprache erwünscht“ ist rechtlich problematisch, da sie Menschen mit Migrationshintergrund benachteiligen kann. Hier ist eine sachliche Anforderung wie „Sehr gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift erforderlich“ der rechtssichere Weg – aber nur, wenn die Sprachkenntnisse tatsächlich für die Tätigkeit notwendig sind.
Besonders häufig sind Fehler im Hinblick auf das Merkmal Geschlecht. Eine Stellenausschreibung muss sich laut AGG an alle Geschlechter richten. Die klassische Berufsbezeichnung in der männlichen Form („Maler gesucht“) genügt nicht mehr. Arbeitgeber sind verpflichtet, z. B. durch Zusätze wie „(m/w/d)“ oder inklusive Formulierungen („Malerin/Maler“, „*“) klarzustellen, dass sich die Ausschreibung an alle richtet. Fehlt ein solcher Hinweis, liegt regelmäßig ein Verstoß gegen § 11 AGG vor – mit erheblichen Folgen.
Wird ein Bewerber aufgrund diskriminierender Ausschreibungsmerkmale abgelehnt, kann er gemäß § 15 Abs. 2 AGG eine Entschädigung verlangen. Der Arbeitgeber muss dabei nicht einmal eine Benachteiligungsabsicht gehabt haben – es genügt, wenn die Umstände eine Vermutung nahelegen, dass eine Benachteiligung erfolgt ist (§ 22 AGG). Die Entschädigung kann bis zu drei Monatsgehälter betragen – selbst dann, wenn die betroffene Person objektiv ungeeignet für die Stelle war.
Das AGG erlaubt ausnahmsweise die Beschränkung einer Stelle auf bestimmte Personengruppen, etwa auf ein Geschlecht, wenn dies eine „wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung“ darstellt (§ 8 AGG).
Wenn die Stellenausschreibung über Dritte – etwa Personalvermittler oder die Bundesagentur für Arbeit – erfolgt, bleibt der Arbeitgeber dennoch verantwortlich für deren Inhalte. Fehler, die durch diese Dienstleister passieren, werden dem Arbeitgeber als „Erfüllungsgehilfe“ nach § 278 BGB zugerechnet. Es ist daher zwingend, alle veröffentlichten Texte vorab rechtlich zu prüfen.
Fazit
Die Anforderungen an Stellenausschreibungen haben sich mit Inkrafttreten des AGG deutlich verschärft. Unbedachte Formulierungen können teuer werden, selbst wenn der beste Bewerber letztlich eingestellt wurde. Arbeitgeber sind daher gut beraten, jede Ausschreibung vor Veröffentlichung sorgfältig zu prüfen oder rechtlich begleiten zu lassen.
Verwenden Sie geschlechtsneutrale Sprache, verzichten Sie auf altersbezogene oder ethnisch konnotierte Anforderungen, und prüfen Sie sachlich, ob bestimmte Anforderungen wirklich notwendig sind. Im Zweifel ist rechtlicher Rat günstiger als eine Entschädigungszahlung.