Hintergrund
Nach einigen schwierigen Jahren aufgrund des Coronavirus erholt sich die Startup-Branche derzeit. Vor allem in der Softwarebranche und im Gesundheitswesen entstehen deutlich mehr neue Unternehmen.
Als Alice Martin ihr Medizinstudium begann, hätte sie nicht gedacht, dass sie eines Tages ein Start-up-Unternehmen finden würde. Die Karrieren, die Ärzte einschlagen können, scheinen vorbestimmt: ob sie im Krankenhaus, in der Forschung oder irgendwann in der eigenen Klinik arbeiten.
Doch während ihrer Facharztausbildung zur Dermatologin an der Klinik entdeckten sie und ihre Kollegin Estefania Lang eine Lücke in der medizinischen Versorgung. Ein Freund oder Bekannter schickt zwei Fotos seiner Schmerzen und bittet um eine schnelle Erstdiagnose. „Ich habe diese Fotos immer wieder als Direktnachrichten von Fremden erhalten, die keinen rechtzeitigen Termin für einen Arztbesuch bekommen konnten“, sagte Martin.
Sie und ihre Kollegen erkannten schnell, dass die meisten Probleme schnell aus der Ferne diagnostiziert und behandelt werden können, und beschlossen daher, eine App zu entwickeln. Im Mai 2020 werden sie Dermanostic auf den Markt bringen. Seitdem wurden rund 150.000 Behandlungen über die App durchgeführt. Wir beschäftigen 14 Dermatologen in Voll- und Teilzeit.
bürokratische Hürden
Sie haben nicht nur während des Gründungsprozesses eine positive Erfahrung gemacht; „In Deutschland dürfen Ärzte seit 2019 Patienten nur noch digital behandeln“, sagt Dermatologe Martin. „Im Gegensatz zu Ländern wie der Schweiz oder den Niederlanden haben viele unserer Aktivitäten noch keine echte rechtliche Grundlage. Wir machen im Wesentlichen Gesetze durch unsere Arbeit. Das bringt auch bürokratische Herausforderungen mit sich.“
Laut dem Deutschen Startup-Verband wird Deutschland Glück haben, wenn seine Gründer die vielen Hürden überwinden können. „Wir sind die Frischzellentherapie der deutschen Wirtschaft. Wir innovieren schnell, gehen neue Wege und etablieren clevere Geschäftsmodelle. So schaffen wir den Grundstein für Weltklasse-Technologieunternehmen“, sagte CEO Christian Miele. Startup-Vereinigung.
1.300 Startups in sechs Monaten
Zumindest in der Theorie. Denn 2022 war kein einfaches Jahr für die deutsche Startup-Szene. Eine Erhöhung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank hat die Kreditvergabe verteuert. Darüber hinaus haben Lieferkettenunterbrechungen und die geopolitischen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine auch der Start-up-Branche Probleme bereitet. Die Zahl der Neugründungen ist im zweiten Halbjahr 2022 deutlich zurückgegangen.
Die Zahl der Gründungen in den Bereichen Umwelttechnik und Landwirtschaft war im ersten Halbjahr 2023 weiter rückläufig, fast alle anderen Branchen, insbesondere Software und Gesundheitswesen, verzeichneten jedoch wieder starke Zuwächse. Mit insgesamt 1.300 Neugründungen im ersten Halbjahr 2023 blickt Verbandspräsident Miele erneut optimistisch in die Zukunft.
Wichtig sei jetzt, so Miele, dass es politische Rückenwinde für diese Entwicklung gebe, etwa in Form künftiger Fördergesetze der Bundesregierung. Denn jedes erfolgreiche Startup braucht qualifizierte Mitarbeiter. Die im Gesetz enthaltenen Regelungen zur Arbeitnehmerbeteiligung sind für Start-up-Unternehmen ein wichtiges Instrument, um Top-Talente zu gewinnen.
„Wir können es schaffen.“
Andre Cristo zeigt mit seinem Bonner Softwareunternehmen LeanIX, wie Startups schnell zu Global Playern werden können. Er leitet das Unternehmen bereits im 12. Jahr und beschäftigt 540 Mitarbeiter. Christ und sein Team helfen internationalen Unternehmen, sich einen Überblick über Tausende von Softwareanwendungen zu verschaffen, indem sie eine Art Mapping-Software bereitstellen.
Im Vergleich zu anderen Ländern hinke Deutschland im Start-up-Sektor lange hinterher, sagt Christ. „SAP wurde vor mehr als 50 Jahren gegründet und es kam lange Zeit nicht mehr viel Software-Innovation aus Deutschland. Aber wir können es tatsächlich tun.“ Durch mein Praktikum und andere Erfahrungen bin ich mit dem Thema in Kontakt gekommen eine Firma gründen. Seiner Meinung nach sollte es mehr Programme geben, auch an Universitäten, um die Hürde für die Gründung eines Unternehmens zu senken.
Auch Dermatologe Martin ist davon überzeugt, dass Deutschland jede Menge gute Ideen hat. Was oft fehlt, sind Kontakte und Netzwerke. Aus Martins Sicht läge es im Interesse Deutschlands, bei Studierenden das Bewusstsein für Unternehmertum zu schärfen.