Hackathons erleben ein Comeback und werden zur Bühne für KI-Talente. Startups nutzen diese Events, um mit Tech-Giganten um die besten Köpfe zu konkurrieren. Was macht Hackathons so besonders?

Wenn Startups Hackathons veranstalten, laden sie Entwicklerteams ein, die gemeinsam technische Probleme lösen – oft in Rekordzeit. Inzwischen rekrutieren Gründerinnen und Gründer bei solchen Programmier-Events auch Talente auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz (KI).
Beliebt sind Hackathons im Silicon Valley seit den 2000er Jahren. Tech-Riesen wie Meta entwickeln hier binnen 24 bis 72 Stunden neue Softwareprodukte. Nach der Pandemie allerdings kamen Hackathons nur stockend wieder in Gang, erinnert sich Bela Wiertz. Der Gründer von Tech: Europe organisiert von Berlin aus KI-Hackathons auf dem gesamten Kontinent.
Mit dem KI-Boom, sagt er, erleben die Hackathons ein Revival. Auch abseits der Tech-Metropolen richten Forschungslabore und Startups ihre Hackathons aus, um Spitzentalente zusammenzubringen. Die Termine ziehen zahlreiche Menschen an und ermöglichen es „vielversprechenden KI-Startups, mit Big-Tech-Unternehmen um einen Pool von Top-Talenten zu konkurrieren“, erklärte Zoe Quin. Sie ist Vice President bei der Venture-Capital-Gesellschaft Dawn Capital.
Bei Hackathons beweisen Startups, dass sie agile Arbeitgeber sind
Eigentlich haben große Tech-Unternehmen auf dem Talentmarkt einen großen Vorteil gegenüber Startups: Sie locken in der Regel bei der Rekrutierung mit höheren Gehältern und Vergütungspaketen.
Glaubt man Benjamin Wolba, sind Hackathons wahre Gamechanger im Wettbewerb um die fähigsten Kandidatinnen und Kandidaten. „Startups können nicht allzu viel Geld für Linkedin-Anzeigen ausgeben oder kommen nicht an das Prestige von Big Tech heran“, meinte der Gründer des European Defense Tech Hub, der ebenfalls Hackathons in ganz Europa organisiert. „Aber Startups können beweisen, dass sie agiler und zugänglicher sind, dass sie sich während eines Hackathons mehr engagieren.“
Bei Hackathons fallen Startups in einigen Fällen herausragende Programmiererinnen und Programmierer ein, die sie bei herkömmlichen Einstellungsverfahren möglicherweise nicht erreichen würden.
Angelo Giacco etwa nahm im November an einem KI-Hackathon teil, den das KI-Startup Eleven Labs organisiert hatte. Er selbst machte seinen Abschluss am Imperial College London und der ETH Zürich. Zwei Wochen nach dem Event erhielt er ein Jobangebot als Ingenieur bei dem jungen Unternehmen.
„Ohne den Hackathon hätte ich nicht einmal in Erwägung gezogen, mich zu bewerben“, sagt er im Interview. „Wir stellen bald noch mehr Leute aus Hackathons ein, und wir haben das Ereignis in sieben verschiedene Ländern gebracht.“
Unternehmergeist gesucht
Startups heuern Ingenieurinnen und Ingenieure auf Hackathons nicht nur Neulinge an. So erinnert sich Qin von Dawn Capital an Hackathons, bei denen Startups „leistungsstarke Kandidaten“ rekrutierten.
KI-Startups suchen außerdem Menschen mit unternehmerischem Können und diversen Hintergründen. Bei einem Hackathon schlagen Menschen auf, „die tüfteln, bauen und Dinge verbessern wollen – die nicht unbedingt dem klassischen Profil eines Informatikers mit Big-Tech-Erfahrung entsprechen“, erklärte Qin.

Während traditionelle KI-Forschungslabore möglicherweise kein reines Forschungspersonal direkt aus Hackathons rekrutieren, können diese Veranstaltungen dennoch nützlich sein. Sie bieten eine gute Gelegenheit, praxisorientierte Lösungen zu finden und Entwicklerinnen und Entwickler zu gewinnen, die Anwendungen entwickeln und umsetzen können.
„Für die Foundation-Labs und alle Infrastrukturpartner wie Mistral oder Eleven Labs gilt: Sie betreiben zwar Labore, verkaufen ihre Technologie aber als Infrastruktur“, erklärt der Berliner Wiertz. „Deshalb geht es ihnen nicht nur um Neueinstellungen, sondern auch darum, ihre Technologie im gesamten Ökosystem zu etablieren.“
Auch Quereinsteiger haben eine Chance
Neben den klassischen Programmiererinnen und Programmierern schreiben immer mehr Menschen mit nicht-technischem Hintergrund Code unter Einsatz von KI-Assistenten. Das senkt die Einstiegshürde für programmiertechnische Projekte und vergrößert den Talentpool bei Hackathons.
„Die Universität kann sehr theoretisch sein. Hackathons wiederum helfen uns, reale Probleme anzugehen und Projekte auf den Weg zu bringen“, sagt Franziska Harzheim, die an verschiedenen Hackathons teilgenommen hat. Sie sucht als Venture Scout beim Unternehmen Flashpoint nach vielversprechenden Startups oder Gründerinnen und Gründern.
Mit einem Abschluss in Business Analytics hat Harzheim dennoch einen Weg gefunden, ihr Wissen sinnvoll einzusetzen – und gemeinsam mit einem Team ein KI-Produkt zu entwickeln. „Ich habe das Gefühl, diese Hackathons bestehen nicht aus fünf hoch-spezialisierten Programmiererinnen und Programmierern. Vielmehr geht es darum, die Fähigkeiten aller Beteiligten zu betrachten und die Aufgaben entsprechend aufzuteilen“, erklärt sie. „Wenn man bereit ist, spontan etwas Neues zu lernen, ist das genau der richtige Ort. Es ist großartig.“
Für Unternehmen bieten solche Hackathons zudem eine wertvolle Gelegenheit, potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten kennenzulernen – sowohl mit technischem als auch nicht-technischem Hintergrund.
„Man sieht, wie die Leute sich verhalten: ob sie mitziehen, ob sie abliefern – und zwar nicht in einem künstlichen Assessment Center, sondern in der echten Zusammenarbeit“, sagt Wolba vom European Defense Tech Hub. „Man bekommt einen direkten Einblick in ihre Arbeit. Das ist sehr aufschlussreich und spart Zeit – ein effizienter Weg, um herauszufinden, ob man mit jemandem künftig zusammenarbeiten möchte.“
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