Ein Ermittlungsverfahren oder gar eine Verurteilung wegen eines Sexualdelikts zieht nicht nur strafrechtliche Konsequenzen nach sich. Für Personen, die über eine waffenrechtliche Erlaubnis verfügen – etwa als Jäger, Sportschütze oder Sicherheitsmitarbeiter im Bewachungsgewerbe – kann bereits der Verdacht einer solchen Straftat zum Verlust ihrer Waffenbesitzkarte, Jagdschein oder behördlichen Genehmigung führen. Denn das Waffenrecht ist besonders sicherheitsorientiert ausgestaltet und setzt bei der persönlichen Eignung deutlich niedrigere Hürden als das Strafrecht.
Nach § 5 Waffengesetz (WaffG) ist eine Person nicht zuverlässig im waffenrechtlichen Sinne, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird, mit Waffen nicht vorsichtig oder sachgemäß umgeht oder sie nicht sicher verwahren kann. Eine strafrechtliche Verurteilung ist hierfür nicht zwingend erforderlich. Es genügt bereits, dass ein Strafverfahren eingeleitet wurde und gewichtige Verdachtsmomente vorliegen – insbesondere bei Sexualdelikten.
In der Praxis werden Betroffenen bereits im Ermittlungsverfahren waffenrechtliche Erlaubnisse entzogen oder ruhend gestellt. Behörden reagieren häufig sofort, sobald ihnen bekannt wird, dass gegen eine Person wegen eines Delikts aus dem Sexualstrafrecht – etwa nach §§ 177 ff., § 184b oder § 174c StGB – ermittelt wird. Die Waffenbehörde kann dann gemäß § 45 WaffG die Rückgabe der Waffen und Munition anordnen sowie die Waffenbesitzkarte widerrufen. Dasselbe gilt für Jagdscheine nach dem Bundesjagdgesetz (§ 17 BJagdG) oder Erlaubnisse nach der Gewerbeordnung (für Sicherheitsdienste). Hier wird oft argumentiert, dass bereits der sexuelle Vorwurf Zweifel an der charakterlichen Eignung begründet.
Für Jäger und Sportschützen bedeutet dies nicht nur einen tiefen Einschnitt in ihr Hobby, sondern auch den Verlust von Ausrüstung, Vereinsmitgliedschaften oder jagdlicher Praxis. Besonders schwerwiegend ist die Situation bei Berufswaffenträgern – etwa im Bewachungsgewerbe, als Geldtransporteur oder im Bereich Personenschutz. Dort kann die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit unmittelbar zur Untersagung der Tätigkeit führen.
Die Verteidigung muss daher frühzeitig auch das Waffenrecht mitdenken. Es empfiehlt sich, mit Einleitung des Ermittlungsverfahrens umgehend Akteneinsicht zu beantragen und – parallel zur strafrechtlichen Verteidigung – präventiv gegenüber der Waffenbehörde zu kommunizieren. Oft kann durch einen fundierten Schriftsatz, gestützt auf bisherige Unauffälligkeit, sachkundige Nutzung und professionelle Eignung, eine voreilige Entziehung verhindert oder zumindest aufgeschoben werden. Wichtig ist, der Behörde glaubhaft zu machen, dass keine konkrete Gefahr vom Betroffenen ausgeht und dass der Ausgang des Strafverfahrens offen ist.
In bestimmten Konstellationen – etwa bei jugendlichen oder heranwachsenden Beschuldigten – ist auch der Antrag auf Wiedererteilung zu einem späteren Zeitpunkt denkbar, sofern keine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe erfolgt ist. Die gesetzliche Sperrfrist beträgt in der Regel fünf Jahre, kann aber im Einzelfall kürzer sein, wenn das Verfahren eingestellt oder mit milder Sanktion beendet wurde.
Besondere Aufmerksamkeit verdient auch die Kommunikation mit Waffenbehörden: Hier gilt kein strafprozessuales Schweigerecht. Was dort gesagt oder geschrieben wird, kann für Entscheidungen im Verwaltungsrecht relevant sein. Die Verteidigung sollte deshalb alle Stellungnahmen abstimmen und idealerweise auch die Interessen gegenüber Waffen- oder Jagdbehörden mit vertreten.
Fazit:
Sexualdelikte und Waffenbesitz schließen sich aus Sicht der Behörden nahezu aus. Bereits der Verdacht eines Sexualdelikts kann zum Verlust waffenrechtlicher Erlaubnisse führen – unabhängig davon, ob es zu einer Verurteilung kommt. Für Betroffene mit Jagdschein, Waffenbesitzkarte oder beruflichem Waffenzugang ist eine koordinierte Verteidigung unverzichtbar. Wer seine Unschuld beweisen will, muss zugleich seine waffenrechtliche Zuverlässigkeit sichern. Die Verteidigung beginnt nicht erst vor Gericht, sondern mit dem ersten Schreiben der Ermittlungsbehörde – und muss straf- wie verwaltungsrechtlich gleichermaßen professionell geführt werden.