Viele verschenken Immobilien zu Lebzeiten – aus Vertrauen. Doch was, wenn Sie plötzlich selbst Hilfe brauchen? Warum Schenkung kein Selbstläufer ist – und wie Sie Ihr Vermögen besser sichern.
Viele Menschen möchten schon zu Lebzeiten „alles geregelt“ haben. Häufig wird die Immobilie auf die Kinder übertragen – als Schenkung. Doch was als Ausdruck von Fürsorge beginnt, endet nicht selten in bitterem Streit oder existenziellen Problemen: Denn eine Schenkung ist nicht endgültig sicher. Wer schenkt, kann – oder muss – das Geschenk unter bestimmten Umständen zurückfordern. Und auch der Staat kann sich plötzlich am geschenkten Haus bedienen, wenn Pflegekosten anfallen.
In diesem Artikel erfahren Sie, warum eine Schenkung zu Lebzeiten nicht so sicher ist, wie sie scheint, welche Rückforderungsrisiken bestehen – und wie Sie Ihren Nachlass rechtssicher gestalten, ohne später selbst in Not zu geraten.
Rückforderung bei Verarmung – was kaum jemand weiß
Wenn Sie Ihre Immobilie verschenken und später selbst pflegebedürftig oder hilfebedürftig werden, kann der Sozialhilfeträger prüfen, ob das verschenkte Vermögen zurückzuholen ist. Das ist keine Seltenheit – und gesetzlich erlaubt.
§ 528 BGB regelt: Hat sich der Schenker so weit verschlechtert, dass er seinen Lebensunterhalt oder seine Pflege nicht mehr selbst bestreiten kann, kann er die Schenkung zurückverlangen, um sich selbst zu versorgen.
Die Rückforderungspflicht gilt dabei nicht nur gegenüber dem Kind, sondern auch gegenüber Dritten: Der Sozialhilfeträger kann im Rahmen von § 528 BGB i.V.m. § 93 SGB XII den Rückforderungsanspruch auf sich überleiten. Das bedeutet: Ihre Kinder müssen unter Umständen das Haus – oder dessen Gegenwert – an die Sozialkasse herausgeben.
Konkreter Fall: Elternhaus verschenkt – und doch verloren
Ein Ehepaar übertrug das Haus auf die Tochter – mit lebenslangem Wohnrecht. Zehn Jahre später wird der Ehemann pflegebedürftig, die Heimkosten sind hoch. Die Sozialkasse springt ein – und verlangt Rückforderung der Schenkung. Die Tochter kann die Immobilie nicht herausgeben – sie hat bereits umgebaut, vermietet.
Ergebnis: Klage auf Zahlung des Immobilienwerts – mit Zwangsvollstreckung.
Der Bundesgerichtshof hat die Rückforderung in solchen Fällen mehrfach bestätigt (vgl. BGH, Urteil v. 19.01.2016 – X ZR 148/13). Auch das lebenslange Wohnrecht schützt nicht vor Rückforderung – es verschiebt nur den Zeitpunkt.
Pflicht zur Rückforderung – keine Entscheidung aus dem Bauch
Wichtig: Die Rückforderung ist kein Gefallen, den das Kind dem Elternteil macht. Der Staat verlangt vom pflegebedürftigen Schenker, dass er alles Zumutbare unternimmt, um sich selbst zu helfen – inklusive Rückforderung früherer Geschenke.
Dabei werden auch sogenannte „Zuwendungen mit Rücksicht auf künftige Pflege“ kritisch geprüft. Nur wenn die Kinder die Pflege tatsächlich dauerhaft leisten, kann ein Rückforderungsanspruch entfallen – und selbst dann nur teilweise.
Das Sozialamt kann auch „still mitlesen“
Schenkungen werden dokumentiert. Bei einer späteren Sozialhilfeanfrage wird regelmäßig geprüft, ob in den letzten 10 Jahren Vermögen verschenkt wurde. Und selbst bei länger zurückliegenden Übertragungen kann es zum Streit kommen, wenn die Schenkung in Wirklichkeit keine „echte“ gewesen ist – z. B. wegen lebenslanger Gegenleistungen (Wohnrecht, Pflege).
Der Sozialhilfeträger kann auch Grundbuchauszüge anfordern – es genügt ein Hinweis auf die Schenkung. Besonders kritisch wird es, wenn keine Rückforderungsrechte im Schenkungsvertrag geregelt wurden. Dann bleibt nur die gesetzliche Notlösung – oft zu spät.
Auch bei Undank oder Scheidung – Rückforderung möglich
Nicht nur Verarmung kann zur Rückforderung führen. Auch bei groben Undank (§ 530 BGB) – etwa wenn das Kind den Kontakt abbricht, den Schenker beleidigt, enterbt oder gar angreift – ist eine Rückforderung möglich. Ebenso, wenn das Kind in Insolvenz gerät oder sich scheiden lässt – dann kann die Immobilie in den Zugewinnausgleich oder zur Zwangsverwertung fallen.
Besonders gefährlich: Wer ohne Rückforderungsrechte schenkt, kann das Vermögen nicht mehr schützen. Und wer sich kein Nießbrauchsrecht oder Wohnrecht sichert, verliert unter Umständen das Recht, im eigenen Haus zu wohnen.
Schenkung bedeutet oft: Kontrolle abgegeben
Viele glauben, eine Schenkung könne man „regeln“ – doch in der Praxis gibt es kaum noch Einfluss, wenn die Immobilie einmal überschrieben ist. Ohne Nießbrauch, Wohnrecht, Rückforderungsrecht oder klare Auflagen ist die Immobilie faktisch weg. Auch ein gutes Verhältnis zum Kind ist kein Ersatz für Rechtssicherheit – denn niemand kann die Zukunft vorhersehen.
Verantwortlich ist, wer sich schützt – nicht, wer vertraut.
Warum ein Testament oft die bessere Lösung ist
Im Vergleich zur Schenkung hat ein Testament viele Vorteile:
✅ Es wahrt die volle Kontrolle bis zum Lebensende
✅ Es kann flexibel angepasst werden
✅ Es schützt vor Zugriff durch Sozialhilfeträger
✅ Es lässt Spielraum für Pflichtteilsstrategien
✅ Es verhindert Rückforderungsprozesse
Eine klug gestaltete Kombination aus Testament und ggf. Nießbrauchregelung ist oft der bessere Weg – vor allem, wenn Pflege oder Pflegeheim absehbar ist oder keine sichere familiäre Situation besteht.
Was Sie tun sollten – bevor Sie verschenken
1. Lassen Sie prüfen, ob die Schenkung wirklich sinnvoll ist.
Nicht jede Immobilie sollte verschenkt werden – insbesondere dann nicht, wenn Pflegebedürftigkeit droht oder unklare Familienverhältnisse bestehen.
2. Sorgen Sie für Rückforderungsrechte.
Diese müssen notariell in den Schenkungsvertrag aufgenommen werden, z. B. bei Verarmung, Undank, Pflegebedürftigkeit.
3. Sichern Sie sich ein Nießbrauchsrecht oder Wohnrecht.
So behalten Sie das Nutzungsrecht an der Immobilie – auch bei Schenkung.
4. Vermeiden Sie Schnelllösungen durch „Schenkungszentralen“.
Standardverträge bieten keine individuelle Lösung für Ihre familiäre und steuerliche Situation – und schützen nicht vor Sozialhilferegress.
Fazit: Schenken kann teuer werden – wenn Sie nicht aufpassen
Eine Schenkung wirkt endgültig – ist es aber oft nicht. Wer sein Haus heute verschenkt, kann es morgen zurückfordern müssen – oder verliert es durch staatlichen Zugriff. Die Sozialhilfeträger machen von diesem Recht regelmäßig Gebrauch.
Schützen Sie sich und Ihr Vermögen mit einer klugen Strategie – bevor Sie übertragen. Denn wer rechtzeitig vorsorgt, schützt nicht nur sich selbst, sondern auch seine Familie.
Ich berate Sie vor der Schenkung – und nicht erst, wenn es zu spät ist
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Wichtige Informationen:
rund ums Testament:
– Testament richtig erstellen – Checkliste REXUS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
– Testament richtig erstellen
– notarielles Testament und Erbschein
– wer erbt, wenn kein Testament vorhanden ist?
– gemeinschaftliches Testament
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– Familiengesellschaft gründen
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zum Erbstreit:
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– Verjährung von Pflichtteilsansprüchen
FAQ: Schenkung, Rückforderung und Sozialhilferegress
Kann ich eine verschenkte Immobilie später zurückfordern?
Ja – wenn Sie nach der Schenkung verarmen, etwa durch Pflegebedürftigkeit, haben Sie nach § 528 BGB grundsätzlich das Recht, die Schenkung zurückzufordern. Das gilt auch, wenn der Sozialhilfeträger einspringt.
Darf das Sozialamt auf verschenkte Immobilien zugreifen?
Ja. Wenn Sie Sozialhilfe in Anspruch nehmen, kann der Träger den Rückforderungsanspruch aus § 528 BGB übernehmen und gegen den Beschenkten geltend machen. Das kann zur Rückzahlung oder sogar zur Verwertung der Immobilie führen.
Schützt ein Wohnrecht vor der Rückforderung durch das Sozialamt?
Nicht vollständig. Ein lebenslanges Wohnrecht sichert Ihnen die Nutzung, verhindert aber nicht automatisch die Rückforderung der Immobilie oder deren Wert durch den Sozialhilfeträger.
Was ist, wenn mein Kind sich nach der Schenkung abwendet?
Auch bei grobem Undank (§ 530 BGB), z. B. wenn der Kontakt abgebrochen wird oder es zu schwerwiegenden Kränkungen kommt, kann eine Rückforderung der Schenkung möglich sein.
Kann ich durch eine Schenkung den Pflichtteil umgehen?
Nur eingeschränkt. Nach § 2325 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte Schenkungen bis zu zehn Jahre rückwirkend anrechnen lassen. Die Anrechnung verringert sich zwar jährlich, entfällt aber nicht automatisch – vor allem bei Nießbrauch bleibt sie bestehen.
Was ist sicherer: Schenkung oder Testament?
Ein Testament gibt Ihnen die volle Kontrolle bis zum Lebensende, schützt vor Rückforderung und lässt sich flexibel anpassen. Eine Schenkung ist unwiderruflich – mit allen Risiken, die damit verbunden sind.
Sind Online-Schenkungsverträge eine gute Lösung?
Nein. Sie berücksichtigen weder Rückforderungsrechte noch familiäre Besonderheiten oder Pflichtteilsrisiken. Ohne individuelle anwaltliche Gestaltung drohen rechtliche und wirtschaftliche Nachteile.