Eine überwiegende Haftung des überholenden Beklagten ist anzunehmen, auch wenn der Kläger als Fahrradfahrer mit einem zu geringen Sicherheitsabstand fuhr.
In dem Fall, den ursprünglich das Landgericht Saarbrücken (4 O 265/20) zu entscheiden hatte, machte der Kläger Schmerzensgeldansprüche und die Feststellung der umfänglichen Einstandspflicht für die ihm entstandenen und noch entstehenden Schäden aus einem Verkehrsunfall geltend. Hintergrund war ein Unfall, in dem der Kläger mit seinem Rennrad in einer Gruppe von insgesamt 5 Radfahrern die Hauptstraße befuhr. Der Kläger war der vorletzte Fahrer des Pulks. Dahinter fuhr der Beklagte zu 1 in gleicher Fahrtrichtung mit dem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Fahrzeug, an dem ein Anhänger angebracht war. Der Beklagte zu 1 versuchte, die Radfahrerkolonne zu überholen. Wegen eines entgegenkommenden Fahrzeugs, welches einen Pferdeanhänger zog, brach er den Überholvorgang jedoch wieder ab. Hierbei kamen der Kläger sowie zwei weitere seiner Mitfahrer – der vor ihm fahrende Zeuge F. und der hinter ihm fahrende Zeuge R. – zu Fall.
Der Kläger zog sich bei dem Sturz eine Schultereckgelenkssprengung Typ Rockwood IV an der rechten Schulter, eine Beckenprellung rechts sowie Schürfwunden am linken Unterschenkel zu.
Nachdem das Landgericht die Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilte und feststellte, dass die Beklagten verpflichtet seien, dem Kläger sämtliche materiellen Schäden und sämtliche zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden zu jeweils 1/3 zu ersetzen, legten beide Seiten Berufung ein. Das Oberlandesgericht Saarbrücken folgte dem Landgericht nicht, soweit es dem Kläger eine Mithaftung in Höhe von lediglich 1/3 auferlegte. Es begründete dies damit, dass auch bei einem berührungslosen Unfall ein solcher beim Betrieb des vom Beklagten geführten Pkw erfolgt ist. Zwar sei der Kläger mit einem unzureichenden Sicherheitsabstand gefahren, jedoch schütze das Verbot an unübersichtlicher Stelle zu überholen, nicht nur den Gegenverkehr, sondern auch deb zu überholenden Verkehrsteilnehmer. Aus diesem Grunde hafte der Kläger nach Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge entgegen der Annahme des Landgerichts deutlich überwiegend mit 2/3.