Stand: 06. Juni 2025
Brustoperation verpfuscht – was tun? Führen fehlende Hygieneschritte oder verspätete Nachkontrollen nach einer Schönheitsoperation zu Infektion, Implantatverlust oder sichtbarer Verformung, haftet die Klinik bzw. der behandelnde Arzt. Fordern Sie schnell OP-Bericht, Implantatpass und Wunddokumentation an. Außergerichtliche Vergleiche bewegen sich häufig zwischen 70.000 und 180.000 Euro; bei dauerhafter Entstellung oder chronischen Schmerzen können bis 400.000 Euro erreicht werden.
Kapselfibrose – kurz erklärt: Bei einer Kapselfibrose bildet der Körper eine harte Bindegewebshülle um das Implantat. Wird die Kapsel zu dick, verformt sie die Brust, verursacht Schmerzen und erhöht das Infektionsrisiko.
Praxisbeispiel: So kam es zur Komplikation
Eine 39-jährige Patientin ließ sich in einer Privatklinik Silikonimplantate einsetzen. Laut Aufklärung sollte sie „in zwei Wochen wieder sportbereit“ sein. Zehn Tage nach dem Eingriff traten Fieber, deutliche Rötung und schmerzhafte Schwellung an der rechten Brust auf. Die Klinik riet telefonisch zu Salbe und Geduld; ein persönlicher Termin wurde erst für die Folgewoche angeboten.
Als die Patientin vorstellig wurde, war die Wunde bereits eitrig. Das Implantat musste entfernt werden, zurück blieb eine vertiefte Narbe.
Medizinischer Facharztstandard
Die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie verlangt drei unverzichtbare Hygieneschritte: eine einzige Antibiotikagabe unmittelbar vor dem Hautschnitt, einen sterilen Einmaltrichter beim Einsetzen des Implantats sowie ärztliche Kontrolle spätestens 48 Stunden nach jeder Rötung.
Im vorliegenden Fall fehlten sowohl der dokumentierte Antibiotikaschutz als auch die frühe Kontrolle – klare Abweichungen vom Standard.
Grober Hygienefehler und Beweislast
Ein Sachverständiger stufte das Unterlassen der Antibiotikaprophylaxe und der zeitnahen Kontrolle als groben Hygienefehler ein. Bei solch gravierendem Organisationsmangel kehrt sich die Beweislast um: Die Klinik müsste nachweisen, dass die schwere Infektion auch bei korrektem Vorgehen unvermeidbar gewesen wäre – ein praktisch aussichtsloses Unterfangen.
Die Haftpflichtversicherung erkannte daher die Haftung an und schlug einen außergerichtlichen Vergleich vor.
Lesen Sie hierzu auch unseren Rechtstipp „Behandlungsfehler – was tun?“ , um Beweise von Anfang an richtig zu sichern.
Folgen für die Patientin – Schmerzensgeld und Wiederherstellung
Neben dauerhaften Schmerzen leidet die Patientin unter deutlicher Asymmetrie. Auch das gesunde Implantat wurde explantiert, um ein gleichmäßiges Ergebnis zu erzielen. Die Klinik zahlte ein Schmerzensgeld in Höhe von 90.000 Euro und übernahm sämtliche künftigen Kosten für Rekonstruktionseingriffe, Kompressionswäsche, Physiotherapie und psychologische Betreuung.
Ihr nächster Schritt – Unterlagen sichern, Fristen wahren
Wer nach einer Schönheitsoperation Rötung, Schmerzen, Verhärtung oder Asymmetrie bemerkt, sollte die komplette Behandlungsakte anfordern: OP-Bericht, Implantatpass, Fotos und Nachsorgeprotokolle. Ein Gedächtnisprotokoll mit Datum, Uhrzeit und Telefonanweisungen hilft, den Verlauf lückenlos darzustellen.
Ein Fachanwalt für Medizinrecht vergleicht diese Unterlagen mit der DGPRÄC-Empfehlung, beauftragt bei Bedarf Gutachten und achtet darauf, dass die dreijährige Verjährungsfrist gewahrt wird.
Einen kompakten Überblick finden Sie in unserem Beitrag „Beginn der Verjährung bei Behandlungsfehlern – Wie lange kann man gegen einen Arzt oder eine Klinik vorgehen?“.
Ihr Patientenanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht
Christoph Theodor Freihöfer
Kanzlei Freihöfer – Ihr Patientenanwalt
Autor: Christoph Theodor Freihöfer, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, Master of Laws Medizinrecht, Inhaber der Kanzlei Freihöfer – Ihr Patientenanwalt