Russlands Wirtschaft wuchs zuletzt – vor allem wegen der massiven Aufrüstung seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine. Nun warnt Wirtschaftsminister Reschetnikow vor einer drohenden Rezession und kritisiert die Zentralbank.
Russlands politische Führung hat unerwartet deutlich vor Problemen für die russische Wirtschaft gewarnt. „Den Zahlen nach haben wir eine Abkühlung, den aktuellen Empfindungen der Unternehmer nach sind wir schon an der Grenze zum Übergang in eine Rezession“, sagte Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow auf dem Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum SPIEF. Er kritisierte die Politik der Zentralbank und warnte vor einem Einbruch bei den Investitionen.
Der Wirtschaftsminister stellte klar, dass eine Rezession vermeidbar sei. Es hänge von politischen Entscheidungen, insbesondere von den Zinssätzen, ab. „Ich habe keine Rezession vorhergesagt. Ich sagte, wir stehen am Rande. Von nun an wird alles von unseren Entscheidungen abhängen“, sagte er. Reschetnikow betonte, er werde am Inflationsziel von 4 Prozent festhalten.
Leitzins wurde auf 20 Prozent gesenkt
Das derzeitige Zinsniveau demotiviere Unternehmer, zu investieren, sagte Reschetnikow. Die Zentralbank hat kürzlich den Leitzinssatz unwesentlich von 21 auf 20 Prozent gesenkt. Im dritten und vierten Quartal könnten die Investitionen nach Schätzung des Ministers unter dem Vorjahresniveau liegen.
Der Kreml hatte zuletzt erklärt, dass der aktuelle Leitzins die Wirtschaft bremse. Die Kosten für Kredite liegen auf Rekordniveau. Damit sind Investitionen für Unternehmer kaum noch möglich. Das ist auch für die langfristige Entwicklung der Wirtschaft schädlich.
Zentralbankchefin: Ressourcen sind aufgebraucht
Zentralbankchefin Elvira Nabiullina wehrte sich gegen die Vorwürfe einer falschen Geldpolitik, prognostizierte aber ebenfalls Schwierigkeiten. Russlands Wirtschaft sei zwei Jahre lang trotz der Sanktionen durch Programme zur Importverdrängung gewachsen – dank Geldern aus dem Wohlstandsfonds und bestehenden Kapitalreserven des Bankensystems.
„Wir müssen verstehen, dass viele dieser Ressourcen tatsächlich aufgebraucht sind, und wir müssen über ein neues Wachstumsmodell nachdenken“, sagte sie.
Massive Aufrüstung sorgte bislang für Wachstum
Das „Zentrum für makro-ökonomische Analyse und kurzfristige Prognosen“, ein regierungsnaher Thinktank, erklärte diese Woche, die meisten zivilen Sektoren befänden sich in einer Rezession, und es gebe keine Anzeichen dafür, wie das Wirtschaftswachstum wieder angekurbelt werden könne. „Es scheint, als stagniere die Wirtschaft“, schrieben die Analysten des Thinktanks.
Russland führt seit drei Jahren seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Das Wachstum der vergangenen Jahre basierte vor allem auf einer massiven Aufrüstung und gestiegenen Ausgaben für Militär und Sicherheit.
Sanktionen treffen die Rohstoffindustrie
Die Sanktionen durch die Verbündeten der Ukraine trafen zudem die Wirtschaft – insbesondere die Rohstoffindustrie. Gazprom, lange Zeit wichtigste Geldquelle für den russischen Haushalt, hat 2024 einen Milliardenverlust erlitten – erstmals nach einem Vierteljahrhundert mit Gewinnen.
Der Konzern droht 2025 noch tiefer in die roten Zahlen abzurutschen. Hier machen sich der Wegfall des europäischen Marktes und sinkende Gaspreise bemerkbar.