Nach Jahren der Warnungen vor Russlands Vorteil beginnt die Nato nun, optimistischer in Bezug auf die Munitionsproduktion zu werden.
Nato-Chef Mark Rutte sagte, das Bündnis produziere inzwischen mehr Munition „als seit Jahrzehnten“.
Das ist ein Zeichen dafür, dass die Nato glaubt, ihren massiven Produktionsrückstand gegenüber Russland bald überwinden zu können.
Nato-Chef Mark Rutte sagte am Donnerstag, dass das Bündnis den Rückstand gegenüber Russlands Vorteil in der Munitionsproduktion schließe. „Wir wenden bereits das Blatt bei der Munition“, sagte Rutte auf einem Forum der Verteidigungsindustrie in Bukarest, Rumänien. „Bis vor Kurzem produzierte Russland mehr Munition als alle Nato-Verbündeten zusammen. Aber das ist nicht mehr so.“
Die Äußerungen des Generalsekretärs waren eine seltene positive Note für das Bündnis in dessen Bewertung des Kräfteverhältnisses zwischen Europa und Russland. Rutte und sein Vorgänger Jens Stoltenberg hatten jahrelang davor gewarnt, dass die Nato bei der Munitionsproduktion Russland massiv hinterherhinke. Es ist unklar, ob Rutte andeuten wollte, dass das Bündnis die Parität bereits erreicht hat oder ob es kurz davor steht.
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Erst vor fünf Monaten hatte Rutte gesagt, der Kreml stelle viermal so viel Munition her wie die Nato, obwohl die Volkswirtschaften der Verbündeten zusammen etwa 25-mal so groß seien wie die Russlands.
Ein Nato-Beamter schrieb Business Insider (BI), dass man keine Schätzungen zur Produktionskapazität Russlands oder des Bündnisses offenlegen könne. „Aber was wir sagen können, ist, dass die Verbündeten in einer viel besseren Lage sind als noch vor wenigen Monaten, und die Fähigkeit, benötigte Mengen schnell zu produzieren, verbessert sich weiterhin“, schrieb er. Die europäische Produktion von 155-mm-Artilleriegeschossen habe sich in den letzten zwei Jahren versechsfacht.
In seiner Rede am Donnerstag sagte Rutte, dass die Nato jetzt mehr Munition produziere „als seit Jahrzehnten“. Er sprach jedoch auch von neuen Fabriken als laufenden Projekten. „Im gesamten Bündnis errichten wir jetzt Dutzende neuer Produktionslinien und erweitern bestehende“, sagte er.
Ein zentrales Anliegen der Nato waren die Bestände an 155-mm-Artilleriegeschossen, die europäische Staaten in Richtung Ukraine leiten, da der Krieg in einen langwierigen Abnutzungskrieg übergeht.
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Ausbau der Munitionsproduktion in Europa
Um ihre Vorräte aufzufüllen, haben Nato-Länder wie Polen, Deutschland und das Vereinigte Königreich stark in lokale Industrien investiert, um die Produktion von Artilleriegeschossen schnell hochzufahren. In den letzten zwei Jahren wurden in Europa mehr als ein Dutzend Fabriken eröffnet.
Der Ausbau der Fertigung von Artilleriegeschossen kann jedoch Monate, wenn nicht Jahre dauern. Einige Unternehmen schätzen, dass sie die Nachfrage erst 2026 oder später decken können. Das US-Militär hatte beispielsweise gehofft, bis Oktober 100.000 Geschosse pro Monat zu produzieren, hat dieses Ziel nun aber auf Mitte 2026 verschoben.
Unterdessen schätzen ukrainische Stellen, dass Russland allein im Jahr 2024 etwa 3,8 Millionen Artilleriegeschosse produziert habe, also etwa 310.000 Geschosse pro Monat.
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Bei der Herstellung von Artilleriemunition geht es nicht nur um Fabriken. Das 155-mm-Geschoss ist auf Lieferketten für Stahl, Zünder, Treibladung und energetische Stoffe angewiesen. Als Engpass für die Munitionsproduktion erwies sich oft die Treibladung, die eine Verbindung namens Nitrocellulose benötigt. Diese ist derzeit knapp ist.
Ein weiterer wesentlicher Bestandteil ist das Sprengstoffmaterial im Geschoss, etwa gewöhnliches TNT und dessen leistungsfähigeres Gegenstück RDX. Mehrere Länder und Unternehmen bauen TNT-Anlagen, um die westliche Abhängigkeit vom asiatischen Markt zu verringern.
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