In den letzten Jahren gab es vermehrt Anbieter, die Kapital für den Verkauf eines Teils der eigenen Immobilie versprochen haben und man weiter in seiner Immobilie wohnen konnte. Dies stellt für Eigentümer eines Hauses oder einer Wohnung eine Alternative zu einem Kredit dar, den man als Rentner oft nicht mehr bekommen würde. Auch kann man so in seiner Immobilie wohnen bleiben und trotzdem ein Teil der Immobilie als Kapital zu Lebzeiten für sich nutzen. Typische Anbieter von Immobilienteilverkaufsverträgen sind Wertfaktor, Deutsche Teilkauf, Engel & Völkers Liquid Home, Realwert Partner und Vobahome.
Das klingt erst einmal vielversprechend, insbesondere wenn man keine Kinder als Erben hat: Eine Reise im eigenen Wohnmobil durch Europa, ein Segelboot kaufen oder einfach nur die Rente aufbessern und besser leben. Die Risiken und Nachteile werden den Immobilienbesitzern oft erst viel später bewusst.
Experten meinen: teuer, intransparent und mit Risiken behaftet
Ein Gutachten kam Ende 2024 zu dem Ergebnis, dass die Angebote des Teilverkaufs in Deutschland nicht nur intansparent und teuer sind, sondern auch mit zahlreichen Risiken verbunden ist, die man auf den ersten Blick nicht erkennt:
„Der in Deutschland praktizierte Teilverkauf ist ein im Vergleich insbesondere zum lebzeitig verzinslichen, aber tilgungsfreien grundpfandrechtlich besicherten Darlehen besonders teures, kompliziertes und mit spezifischen Risiken verbundenes Modell der Liquiditätsbeschaffung für ältere Immobilieneigentümer, dessen besonders hohe Kosten sich aus dem modellspezifischen doppelten Verkauf zunächst eines Grundstücksanteils an den Teilkäufer und später des Gesamtgrundstücks an den Dritten ergeben.“
Artz/Gsell Rechtsgutachten 2024, Seite 47
Wie der Teilverkauf einer Immobilie funktioniert
Typischerweise kann man so bis zu 50 Prozent seiner Immobilie verkaufen. Bei einer Immobilie im Wert von 400.000 Euro erhält man also bis zu 200.000 Euro und kann weiter in seiner Immobilie wohnen bleiben. Der Teilkäufer wird Miteigentümer der Immobilie und im Grundbuch eingetragen. Die 200.000 Euro werden oft durch eine Grundschuld auf dem gesamten Grundstück gesichert.
Der Teilkäufer will nicht bei einem einziehen. Vielmehr will er für die weitere alleinige Nutzung des Verkäufers eine monatliche Rate, meistens „Nutzungsentgelt“ genannt. Dieses Nutzungsentgelt ist wie bei Darlehen für eine bestimmte Laufzeit fest und kann danach steigen oder fallen. Mit dem Nutzungsentgelt finanziert sich der Teilkäufer vermutlich selbst bzw. zahlt die Zinsen für seine Refinanzierung.
Wenn der Rentner auszieht oder stirbt, will der Teilkäufer von dem Verkauf der Immobilie profitieren, denn er ist ja schließlich Miteigentümer geworden. Dabei behält er sich oft vor, den Makler zu bestimmen, den Verkaufsprozess zu kontrollieren und einen erheblichen Betrag von dem Verkaufserlös zu erhalten.
Laufende Ratenzahlungen als „Nutzungsentgelt“
Da man die Wohnung oder das Haus weiter allein nutzt, muss man in der Regel dem Teilkäufer für seinen Teil ein Nutzungsentgelt zahlen. Dies entspricht oft der Ratenzahlung eines üblichen Darlehens, weil sich die Teilkäufer das Geld auch von jemanden leihen müssen und die Kosten weitergeben. Diese laufenden Zahlungen sind zum einen nicht bis ans Lebensende fest vereinbart, sondern können deutlich steigen. Zum anderen fressen diese Zahlungen schnell das erhaltene Geld auf. So kann es sein, dass man nach 20 Jahren die Hälfte seines Hauses verkauft hat, das gesamte Geld aber für das Nutzungsentgelt aufbrauchen musste. Man hat bei langen Laufzeiten daher möglicherweise gar keinen geldwerten Vorteil mehr, dafür aber einen Teil seiner Immobilie verloren, für die man weiter monatlich eine Rate zahlen muss.
Wer das Geld benötigt, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, weil er keine hohe Rente hat, erlebt so schnell eine böse Überraschung, weil das erhaltene Geld schnell aufgezehrt ist durch die eigenen Lebenshaltungskosten, die Ablösung von Altschulden und die Ratenzahlungen an den Teilkäufer. Wer sein „Nutzungsentgelt“ dann nicht zahlt, kann seine Immobilie verlieren und muss vorzeitig ausziehen. Es kann also genau das passieren, was man gerade ausschließen wollte.
Teilkäufer bestimmen meist überall mit
Bei einem Teilverkauf gehört einem das Haus oder die Wohnung nicht mehr allein. Will man etwas verändern, benötigt man in der Regel immer die Zustimmung des Teilkäufers. Auch verkaufen kann man seine Immobilie nicht mehr selbst. Das gilt meist ebenso für eine weitere Besicherung des Grundstücks mit einer weiteren Grundschuld oder bei Einzug einer weiteren Person in das eigene Haus. Selbst die Vermietung des Objekts ist oft ausgeschlossen.
Auch der Verkauf ist in den Verträgen meist genau geregelt. So kann man meist den Makler nicht selbst aussuchen und der Kaufpreis wird auch nicht nach den Anteilen einfach aufgeteilt. Oft trägt der Immobilienbesitzer das Risiko bei einem schlechten Verkaufspreis, während der Teilkäufer sein Geld plus Aufschlag zurückerhält.
Unübersichtliches Vertragswerk
Der notarielle Vertrag für den Teilverkauf ist für Laien kaum verständlich und oft 40 – 50 Seiten lang. Wie viel Rechte man abgibt und was dies für Konsequenzen hat, ist für einen meist nicht erkennbar. Dazu kommen Verschwiegenheitsklauseln, damit man nicht mit jemanden über den Vertrag spricht, was wir für unzulässig halten.
Denn als Verbraucher und Eigentümer einer Immobilie hat man das Recht, sich von unabhängiger Stelle zu einem Vertrag beraten zu lassen und einen so wichtigen Schritt mit seinen Angehörigen oder Beratern zu besprechen. Dies sollte am besten vor Abschluss des Vertrages passieren, spätestens jedenfalls dann, wenn es zu Schwierigkeiten bei dem Vertrag kommt.
Wenn für die Erben nur noch wenig übrig bleibt
Gibt es Kinder oder andere Erben, kann der Teilverkauf zu einem bösen Erwachen führen. Dachte man, dass man ein Haus oder eine Wohnung erbt, sind einem als Erben plötzlich die Hände gebunden. So kann es sein, dass man weder die Immobilie selbst übernehmen noch Einfluss auf den Verkauf und den Preis nehmen kann. Hier entsteht schnell das Gefühl, dass die Rentner bei dem Teilverkauf über den Tisch gezogen wurden.
Teilweise haben die Kinder von dem Teilverkauf anfangs gar nichts erfahren. Selbst wenn sie es dann noh zu Lebzeiten mitbekommen und den Eltern gerne das Kapital stattdessen zur Verfügung gestellt hätten, kann es sein, dass sie die Verträge nicht einfach rückgängig machen können.
Tritt der Erbfall ein, haben Erben möglicherweise auch keinen Anspruch, den verkauften Teil zurückzukaufen und so die Immobilie für die Familie zu erhalten.
Typische Probleme beim Teilverkauf von Immobilien
Schon beim Abschluss stellt sich die Frage, ob das Produkt für die eigene Situation überhaupt geeignet ist und zu der finanziellen Situation passt. Die erste Frage sollte daher sein, ob man das Nutzungsentgelt langfristig aus seinem eigenen Einkommen tragen kann. Dabei sollten auch spätere Erhöhungen des Nutzungsentgelts mit bedacht werden. Auch sollte man vorsichtig sein bei der Frage, wie lange man in seiner Immobilie wohnen will. Ein zwangsweiser Auszug aus seinem eigenen Eigentum ist das letzte, was man im Alter erleben möchte. Schließlich sollte man auch Alternativen zum Immobilienteilverkauf prüfen wie ein Darlehen von einer Bank oder der eigenhändige Verkauf und Umzug in eine kleinere Wohnung.
Bei schon abgeschlossenen Verträgen zum Immobilienteilverkauf entstehen die Probleme meistens, wenn das Nutzungsentgelt stark ansteigt, Veränderungen anstehen oder die Erben sich übervorteilt fühlen.
In diesen Fällen sollte man sich rechtlichen Beistand suchen und prüfen lassen, ob man falsch beraten wurde, es Möglichkeiten gibt, aus den Verträgen herauszukommen oder das Unternehmen für einen entstandenen Schaden haften muss.
Lassen Sie sich vor Abschluss und bei Problemen beraten!
Fachanwalt Dr. Achim Tiffe von JUEST+OPRECHT Rechtsanwälte berät seit über 12 Jahren zu den Themen Immobiliardarlehen und Immobilienkauf- und -verkauf. Zu dem Gebiet gehört auch der Immobilienteilverkauf für Verbraucher, dem sich Dr. Achim Tiffe seit einigen Jahren gewidmet hat.
Unsere Empfehlung ist: „Lassen Sie sich vor Abschluss eines Teilverkaufs Ihrer Immobilie von einer unabhängigen Stelle beraten und suchen Sie spätestens bei Problemen rechtliche Unterstützung, um ihre Ansprüche und Möglichkeiten prüfen zu lassen. Lassen Sie sich dabei auch nicht von Geheimhaltungsklauseln in den Verträgen abschrecken“, so Rechtsanwalt Dr. Achim Tiffe.