Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser am 23. Dezember 2020 hat der deutsche Gesetzgeber eine fundamentale Reform des Immobilienmaklerrechts vollzogen. Im Zentrum dieser Reform steht der sogenannte Halbteilungsgrundsatz, der in den §§ 656c und 656d BGB verankert ist und die Kostenverteilung bei Maklerprovisionen grundlegend neu regelt.
Die Reform zielt darauf ab, Käufer von Wohnimmobilien vor übermäßigen Maklerkosten zu schützen und eine gerechtere Verteilung der Provisionslasten zwischen Verkäufer und Käufer zu erreichen. Seit dem Inkrafttreten der Neuregelung haben sich zahlreiche Auslegungsfragen ergeben, die mittlerweile durch wegweisende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 6. März 2025 geklärt wurden.Der vorliegende Artikel beleuchtet die wesentlichen Problemfelder des Halbteilungsgrundsatzes auf Basis der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung und bietet praktische Hinweise für die Vertragsgestaltung und Rechtsanwendung.
Die Reform des Maklerrechts 2020: Hintergrund und Zielsetzung
Ausgangslage vor der Reform
Vor der Reform des Maklerrechts im Jahr 2020 herrschte in Deutschland ein regional stark unterschiedliches System der Maklerprovisionsverteilung. Während in den südlichen Bundesländern wie Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen traditionell eine hälftige Aufteilung der Maklerkosten zwischen Verkäufer und Käufer üblich war, trugen in den norddeutschen Ländern Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen und teilweise Niedersachsen die Käufer regelmäßig die vollständige Maklerprovision [1]. Diese Praxis führte zu erheblichen regionalen Unterschieden bei den Erwerbsnebenkosten für Immobilienkäufer. In den Regionen mit vollständiger Käuferbelastung mussten Erwerber Maklerprovisionen von bis zu 7,14 Prozent des Kaufpreises tragen, was bei den gestiegenen Immobilienpreisen zu einer erheblichen finanziellen Belastung führte [2]. Besonders problematisch war dabei, dass Käufer häufig keinen Einfluss auf die Auswahl des Maklers und die Höhe der Provision hatten, da diese Entscheidungen typischerweise vom Verkäufer getroffen wurden.
Gesetzgeberische Zielsetzung
Der Gesetzgeber sah in dieser Situation eine faktische Zwangslage für Kaufinteressenten, die einer regulatorischen Lösung bedurfte. Die Bundesregierung führte in der Gesetzesbegründung aus, dass die Bildung von Wohnungseigentum durch hohe Erwerbsnebenkosten erschwert werde, die zumeist aus Eigenkapital geleistet werden müssen [3]. Auf den Kostenfaktor der Maklerprovision hätten Kaufinteressenten dabei häufig keinen Einfluss.Das erklärte Ziel der Reform war es zu verhindern, dass Maklerkosten, die vom Verkäufer verursacht wurden und vor allem in seinem Interesse angefallen sind, im Kaufvertrag vollständig oder zu einem überwiegenden Anteil dem Käufer überbürdet werden [4]. Nach dem Wohngipfel am 21. September 2018 hielten die Koalitionspartner in ihrem Eckpunktepapier fest: „Die Bundesregierung strebt eine Senkung der Kosten für den Erwerb selbstgenutzten Wohnraums bei den Maklerkosten an.“
Das Textformerfordernis nach § 656a BGB
Grundlagen der Textformregelung
Eine wesentliche Neuerung der Reform ist die Einführung von § 656a BGB, der für Maklerverträge über Wohnungen und Einfamilienhäuser ein Textformerfordernis vorsieht. Die Vorschrift lautet:§ 656a BGB – TextformEin Maklervertrag, der den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Kaufvertrags über eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus oder die Vermittlung eines solchen Vertrags zum Gegenstand hat, bedarf der Textform.Durch die Wahrung der Textform sollen Transparenz und rechtliche Eindeutigkeit von Willenserklärungen im Maklergeschäft verbessert werden [5]. Das Textformerfordernis schließt an das reformierte Wohnungsvermittlungsgesetz an, das bereits seit 2015 für Mietvermittlungsverträge eine entsprechende Regelung vorsieht.
Erfüllung der Textform
Das Erfordernis der Textform im Sinne des § 126b BGB wird durch verschiedene Kommunikationsmittel erfüllt. Dazu gehören Papier, E-Mail, Computerfax, CD-ROM, Speicherkarte, Festplatte oder USB-Stick. Auch Telegramm oder SMS genügen den Anforderungen, jedenfalls wenn der Kunde die zum Aufbau notwendige Handy-Nummer hinterlassen hat [6].Bei modernen Kommunikationswegen ergeben sich jedoch Abgrenzungsfragen. Ob eine Kontaktaufnahme über WhatsApp die Textform wahrt, ist nicht gesichert, erscheint aber zumindest dann anderen E-Kommunikationskanälen vergleichbar, wenn der Makler nicht mit dem Erstkontakt per WhatsApp eine textformgebundene Erklärung schickt, sondern zunächst die E-Kommunikation über eine „harmlose“ Nachricht aufbaut [7].
Persönlicher Anwendungsbereich nach § 656b BGB
Beschränkung auf Verbraucher
Eine wichtige Einschränkung des Anwendungsbereichs der Reform ergibt sich aus § 656b BGB, der lautet:§ 656b BGB – Persönlicher Anwendungsbereich der §§ 656c und 656dDie §§ 656c und 656d gelten nur, wenn der Käufer ein Verbraucher ist.Diese Vorschrift stellt klar, dass die Schutzvorschriften des Halbteilungsgrundsatzes nur dann greifen, wenn der Käufer Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ist [8]. Gewerbliche Käufer oder Unternehmer fallen nicht unter den Schutzbereich der Neuregelungen.
Anwendungsbereich der §§ 656a ff. BGB: Wohnung und Einfamilienhaus
Grundsätzliche Abgrenzung
Die Bestimmungen des Untertitels 4 sind auf Maklerverträge beschränkt, die sich auf den Nachweis oder die Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser beziehen [9]. Diese Beschränkung des sachlichen Anwendungsbereichs führte in der Praxis zu erheblichen Abgrenzungsproblemen, die nun durch die BGH-Rechtsprechung vom 6. März 2025 weitgehend geklärt sind.
Der Begriff des „Einfamilienhauses“ nach BGH-Rechtsprechung
Maßgeblichkeit des erkennbaren Erwerbszwecks
Der BGH hat in seinem grundlegenden Urteil vom 6. März 2025 (I ZR 32/24) klargestellt, dass für die Einordnung als Einfamilienhaus der für den Makler erkennbare Erwerbszweck maßgeblich ist [10]. Um ein Einfamilienhaus im Sinne der §§ 656a ff. BGB handelt es sich, wenn der Erwerb des nachzuweisenden oder zu vermittelnden Objekts für den Makler bei Abschluss des Maklervertrags mit dem Erwerber erkennbar Wohnzwecken der Mitglieder eines einzelnen Haushalts dient.
Untergeordnete gewerbliche Nutzung unschädlich
Der BGH entschied weiter, dass der Annahme, dass ein Einfamilienhaus Wohnzwecken dient, nicht entgegensteht, dass darin eine Einliegerwohnung oder eine anderweitige gewerbliche Nutzungsmöglichkeit von jeweils nur untergeordneter Bedeutung vorhanden sind [11]. Im entschiedenen Fall war ein Büroanbau, der 1/5 der Gesamtfläche umfasste, noch als untergeordnet anzusehen.
Der Halbteilungsgrundsatz nach § 656c BGB
Lohnanspruch bei Tätigkeit für beide Parteien
Der Kern der Reform liegt in § 656c BGB, der den sogenannten Halbteilungsgrundsatz normiert. Die Vorschrift lautet:
§ 656c BGB – Lohnanspruch bei Tätigkeit für beide Parteien
(1) Lässt sich der Makler von beiden Parteien des Kaufvertrags über eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus einen Maklerlohn versprechen, so kann dies nur in der Weise erfolgen, dass sich die Parteien in gleicher Höhe verpflichten. Vereinbart der Makler mit einer Partei des Kaufvertrags, dass er für diese unentgeltlich tätig wird, kann er sich auch von der anderen Partei keinen Maklerlohn versprechen lassen. Ein Erlass wirkt auch zugunsten des jeweils anderen Vertragspartners des Maklers. Von Satz 3 kann durch Vertrag nicht abgewichen werden.
(2) Ein Maklervertrag, der von Absatz 1 Satz 1 und 2 abweicht, ist unwirksam. § 654 bleibt unberührt.
Doppeltätigkeit des Maklers
Verbindliche hälftige Kostenteilung
Absatz 1 Satz 1 der Vorschrift regelt den Fall der Doppeltätigkeit, bei dem sich der Makler von beiden Parteien des Kaufvertrags einen Maklerlohn versprechen lässt. In diesem Fall wird verbindlich festgelegt, dass sich die Parteien nur in gleicher Höhe verpflichten können [12]. Diese Regelung beseitigt die in den norddeutschen Ländern praktizierte Verlagerung der Maklerkosten allein auf den Käufer.
Unentgeltlichkeitsklausel
Absatz 1 Satz 2 enthält eine wichtige Ergänzung: Vereinbart der Makler mit einer Partei des Kaufvertrags, dass er für diese unentgeltlich tätig wird, kann er sich auch von der anderen Partei keinen Maklerlohn versprechen lassen. Diese Regelung verhindert, dass durch Scheinvereinbarungen der Halbteilungsgrundsatz umgangen wird.
Erlassregelung
Absatz 1 Satz 3 und 4 regeln die Wirkung eines Erlasses: Ein Erlass wirkt auch zugunsten des jeweils anderen Vertragspartners des Maklers, und von dieser Regelung kann durch Vertrag nicht abgewichen werden. Dies stellt sicher, dass nachträgliche Erlasse nicht zu einer Umgehung des Halbteilungsgrundsatzes führen können.
Rechtsfolgen bei Verstößen
Unwirksamkeit der Maklerverträge
Absatz 2 der Vorschrift stellt klar, dass ein Maklervertrag, der von Absatz 1 Satz 1 und 2 abweicht, unwirksam ist. Dies führt zu Rückzahlungsansprüchen für bereits gezahlte Provisionen, die gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoßen [13].
Überwälzungsregelungen nach § 656d BGB
Vereinbarungen über die Maklerkosten
§ 656d BGB regelt die Überwälzung von Maklerkosten bei einseitiger Beauftragung und stellt sicher, dass der Käufer nur dann zur Zahlung verpflichtet werden kann, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Die Vorschrift lautet:
§ 656d BGB – Vereinbarungen über die Maklerkosten
(1) Hat nur eine Partei des Kaufvertrags über eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus einen Maklervertrag abgeschlossen, ist eine Vereinbarung, die die andere Partei zur Zahlung oder Erstattung von Maklerlohn verpflichtet, nur wirksam, wenn die Partei, die den Maklervertrag abgeschlossen hat, zur Zahlung des Maklerlohns mindestens in gleicher Höhe verpflichtet bleibt. Der Anspruch gegen die andere Partei wird erst fällig, wenn die Partei, die den Maklervertrag abgeschlossen hat, ihrer Verpflichtung zur Zahlung des Maklerlohns nachgekommen ist und sie oder der Makler einen Nachweis hierüber erbringt.
(2) § 656c Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
Voraussetzungen der Überwälzung
Mindestens gleiche Verpflichtung
Die erste Voraussetzung für eine wirksame Überwälzung ist, dass die Partei, die den Maklervertrag abgeschlossen hat, zur Zahlung des Maklerlohns mindestens in gleicher Höhe verpflichtet bleibt. Dies bedeutet, dass eine vollständige Überwälzung der Maklerkosten auf die andere Partei ohne entsprechende Verpflichtung der beauftragenden Partei nicht mehr möglich ist [14].
Fälligkeitsvoraussetzungen
Der Anspruch gegen die andere Partei wird erst fällig, wenn die Partei, die den Maklervertrag abgeschlossen hat, ihrer Verpflichtung zur Zahlung des Maklerlohns nachgekommen ist und sie oder der Makler einen Nachweis hierüber erbringt. Diese Regelung soll verhindern, dass die nicht beauftragende Partei in Vorleistung gehen muss [15].
Entsprechende Anwendung der Erlassregelung
Absatz 2 der Vorschrift stellt klar, dass § 656c Absatz 1 Satz 3 und 4 entsprechend gilt. Dies bedeutet, dass auch bei einseitiger Beauftragung ein Erlass zugunsten einer Partei auch der anderen Partei zugutekommt und von dieser Regelung nicht vertraglich abgewichen werden kann.
Praktische Auswirkungen und Praxishinweise
Empfehlungen für Makler
Vertragsgestaltung nach BGH-Rechtsprechung
Makler müssen ihre Vertragsgestaltung an die BGH-Rechtsprechung anpassen. Entscheidend ist die Prüfung, ob der Erwerbszweck für den Makler erkennbar ist. Bei Objekten mit gewerblichen Anteilen muss geprüft werden, ob diese nur untergeordnete Bedeutung haben. Der BGH hat als Grenze 1/5 der Gesamtfläche als noch untergeordnet angesehen [16].
Beachtung der Verbrauchereigenschaft
Makler müssen prüfen, ob der Käufer Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ist. Nur dann greifen die Schutzvorschriften der §§ 656c und 656d BGB. Bei gewerblichen Käufern gelten die allgemeinen Regeln des Maklerrechts.
Dokumentation und Nachweispflichten
Bei einseitiger Beauftragung müssen Makler sicherstellen, dass sie den Nachweis der Zahlung durch die beauftragende Partei erbringen können, bevor sie von der anderen Partei Zahlung verlangen. Dies erfordert eine sorgfältige Dokumentation der Zahlungsvorgänge.
Empfehlungen für Käufer
Rechte nach BGH-Rechtsprechung
Käufer können sich auf die BGH-Rechtsprechung berufen und haben klare Rechte:•Bei Doppeltätigkeit: Verpflichtung beider Parteien in gleicher Höhe•Bei einseitiger Beauftragung: Recht auf Nachweis der Zahlung durch die beauftragende Partei vor eigener Zahlungspflicht•Unwirksamkeit von Vereinbarungen, die gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoßen
Rückforderung gezahlter Provisionen
Käufer, die Provisionen gezahlt haben, die gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoßen, können Rückforderungsansprüche geltend machen. Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen die Voraussetzungen der §§ 656c oder 656d BGB nicht erfüllt waren.
Der Halbteilungsgrundsatz in der Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 6. März 2025 – I ZR 32/24: Einfamilienhaus mit Büroanbau
Sachverhalt: Die Klägerin wies den Beklagten eine Immobilie nach, die aus einem Einfamilienhaus mit Anbau eines Büros (1/5 der Gesamtfläche) und einer Garage bestand. Das Objekt verfügte für Haus und Anbau jeweils über einen Eingang und eine Hausnummer. Die Beklagten unterzeichneten eine Courtagevereinbarung über 3,57% des Kaufpreises von 950.000 Euro. Die Klägerin war von der Ehefrau des Eigentümers beauftragt worden und hatte mit dieser eine abweichende Provisionshöhe vereinbart.Rechtliche Würdigung: Der BGH entschied grundlegend, dass ein Einfamilienhaus im Sinne der §§ 656a ff. BGB vorliegt, wenn der Erwerb für den Makler bei Vertragsabschluss erkennbar Wohnzwecken der Mitglieder eines einzelnen Haushalts dient. Untergeordnete gewerbliche Nutzung bis zu 1/5 der Gesamtfläche steht dem nicht entgegen. § 656c BGB ist entsprechend anwendbar, wenn ein Dritter (hier: Ehefrau des Verkäufers) den Maklervertrag abschließt. Der Maklervertrag war unwirksam, da keine gleiche Verpflichtung beider Parteien vorgesehen war.
BGH, Beschluss vom 6. März 2025 – I ZR 61/24: Erkennbarer Erwerbszweck maßgeblich
Sachverhalt: Die Beklagten legten Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein. Das Verfahren betraf ein Objekt mit zwei Wohnungseigentumseinheiten, von denen eine nicht lediglich untergeordnete Bedeutung hatte. Die klagende Immobilienmaklerin konnte bei Vertragsabschluss nicht davon ausgehen, dass das Objekt Wohnzwecken eines einzelnen Haushalts dienen sollte.Rechtliche Würdigung: Der BGH wies die Beschwerde zurück, da die Rechtsfrage durch das parallel ergangene Urteil I ZR 32/24 geklärt war. Für die Einordnung als Einfamilienhaus ist der für den Makler erkennbare Erwerbszweck maßgeblich. Das Objekt mit zwei nicht untergeordneten Wohnungen fiel nicht unter den Schutzbereich der §§ 656a ff. BGB. Die Entscheidung bestätigt die objektive Auslegung des Einfamilienhausbegriffs.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 26. Januar 2024 – 7 U 243/22
Sachverhalt: Identisch mit dem späteren BGH-Verfahren I ZR 32/24. Das OLG hatte über ein Einfamilienhaus mit Büroanbau zu entscheiden, bei dem unterschiedliche Provisionsvereinbarungen mit Käufer- und Verkäuferseite bestanden.Rechtliche Würdigung: Das OLG Düsseldorf entschied, dass ein „Einfamilienhaus“ i.S.v. § 656c BGB jedes Gebäude ist, das in erster Linie den Wohnzwecken der Mitglieder eines einzelnen Haushalts dient. Eine untergeordnete gewerbliche oder berufliche Nutzung (hier: 1/5 der Gesamtnutzfläche als Bürofläche) ist unschädlich. Der Maklervertrag war unwirksam wegen Verstoßes gegen § 656c BGB. Diese Entscheidung wurde später vom BGH bestätigt.
OLG Hamm, Urteil vom 18. März 2024 – I-18 U 80/23
Sachverhalt: Das Objekt bestand aus zwei Wohnungseigentumseinheiten (ca. 95 m² und ca. 145 m²) mit separaten Eingängen und einer Verbindungstür. Die Versorgung erfolgte über einen einzigen Gas- und Wasserzähler. Die Klägerin bewarb das Objekt als „Zwei- bzw. Mehrfamilienhaus“ und vereinbarte eine Käuferprovision von 7,14%, während die Verkäufertätigkeit unentgeltlich erfolgte.Rechtliche Würdigung: Das OLG entschied, dass eine Anwendung der §§ 656a ff. BGB auf Objekte mit mehreren Wohnungseigentumseinheiten unter dem Begriff „Wohnung“ ausscheidet. Für die Qualifikation als „Einfamilienhaus“ ist objektiv darauf abzustellen, ob eine Nutzung durch einen einzigen Haushalt nach der Verkehrsanschauung angelegt ist. Die Gestaltungs- und Nutzungsabsichten des Erwerbers spielen grundsätzlich keine Rolle.
OLG Köln, Beschluss vom 4. September 2024 – 24 U 32/24
Sachverhalt: Streitig war die rechtliche Einordnung eines Objekts als Ein- oder Zweifamilienhaus. Das Objekt verfügte über eine Einliegerwohnung, deren rechtliche Bedeutung für die Anwendung der §§ 656a ff. BGB zu klären war.Rechtliche Würdigung: Das OLG Köln stellte fest, dass für die Entscheidung der Frage, ob das zum Verkauf angebotene Objekt als Ein- oder Zweifamilienhaus anzusehen ist, entweder der Erwerbszweck oder eine „objektive Betrachtungsweise ex ante“ maßgebend ist. Das Vorhandensein einer Einliegerwohnung steht der rechtlichen Einordnung als Einfamilienhaus nicht entgegen.
OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19. April 2024 – 19 U 25/24
Sachverhalt: Streitig war die Beweislastverteilung bei der Anwendung des § 656d BGB. Der Käufer verweigerte die Zahlung seiner Provision mit der Begründung, dass ihm nicht nachgewiesen worden sei, dass der Verkäufer seinen Anteil gezahlt habe.Rechtliche Würdigung: Das OLG stellte klar, dass die Beweislast für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 656d BGB beim Makler oder der beauftragenden Partei liegt. Der Käufer muss nicht beweisen, dass die beauftragende Partei nicht gezahlt hat, sondern kann die Zahlung verweigern, bis ihm der entsprechende Nachweis erbracht wird. Diese Entscheidung stärkt die Position der Käufer erheblich.
LG Wiesbaden, Urteil vom 27. Februar 2024 – 9 O 98/23
Sachverhalt: Die Kläger verlangten von der beklagten Maklerin die Rückzahlung des vereinnahmten Maklerlohns. Die Beklagte hatte mit den Klägern einen Maklervertrag abgeschlossen, der gegen die Bestimmungen des § 656c BGB verstieß.Rechtliche Würdigung: Das LG Wiesbaden entschied, dass die Rechtsfolge bei Verstoß gegen § 656c BGB die Unwirksamkeit der jeweiligen Maklerverträge ist. Die Beklagte wurde zur Rückzahlung von 5.979,75 EUR nebst Zinsen verurteilt. Verstöße gegen die zwingenden Bestimmungen des § 656c BGB führen zur Unwirksamkeit der Maklerverträge.
LG Wuppertal, Urteil vom 15. August 2023 – 4 O 376/22
Sachverhalt: Streitig war die Auslegung des Begriffs „Einfamilienhaus“ bei einem Objekt, das sowohl Wohn- als auch gewerbliche Nutzungsmöglichkeiten bot. Der Käufer hatte geplant, das Objekt teilweise gewerblich zu nutzen, was der Makler bei Vertragsabschluss wusste.Rechtliche Würdigung: Das LG Wuppertal entschied, dass sich die Frage, ob ein „Kaufvertrag über ein Einfamilienhaus“ i.S.d. § 656c BGB vorliegt, objektiv an der tatsächlichen Nutzung des Objekts bei Abschluss des Maklervertrags bestimmt. Eine subjektive Betrachtung würde zu einer künstlichen Aufspaltung eines einheitlichen Lebenssachverhaltes führen.
LG Münster, Urteil vom 15. Dezember 2022 – 8 O 212/22
Sachverhalt: Die Kläger erwarben eine Doppelhaushälfte und zahlten der beklagten Maklerin eine Bruttocourtage von 3,57% des Kaufpreises (6.426 Euro). Sie forderten später die Rückzahlung mit der Begründung, die Beklagte könne nicht beweisen, dass auch der Verkäufer eine entsprechende Provision gezahlt habe.Rechtliche Würdigung: Das LG Münster entschied, dass die Darlegungs- und Beweislast für eine Rückforderung der Maklercourtage nach § 656c BGB beim Kaufinteressenten liegt, der den Makler auf Rückzahlung in Anspruch nimmt. Der Makler muss lediglich schlüssig erklären, worin er einen Rechtsgrund sieht. Diese Rechtsprechung wurde später durch höhere Instanzen korrigiert.
LG Kiel, Urteil vom 2. März 2023 – 6 O 249/22
Sachverhalt: Ein Zweifamilienhaus wurde nach Abschluss des Maklervertrags, aber vor Wirksamwerden des Kaufvertrags nach dem WEG in Wohnungseigentum aufgeteilt. Die entstehenden Wohnungen wurden von unterschiedlichen Käufern erworben.Rechtliche Würdigung: Das LG Kiel entschied, dass eine Wohnung i.S.d. §§ 656a ff. BGB auch dann vorliegt, wenn ein Zweifamilienhaus nach Maklervertragsabschluss in Wohnungseigentum aufgeteilt wird. Das Gericht stellte auf die Erwerbsabsicht des Käufers ab und begründete dies mit dem Ziel eines „größtmöglichen Verbraucherschutzes“. Diese subjektive Auslegung steht im Widerspruch zur späteren BGH-Rechtsprechung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist der Halbteilungsgrundsatz?
Der Halbteilungsgrundsatz ist eine seit dem 23. Dezember 2020 geltende Regelung in den §§ 656c und 656d BGB. Bei Doppeltätigkeit müssen sich beide Parteien in gleicher Höhe verpflichten (§ 656c BGB). Bei einseitiger Beauftragung muss die beauftragende Partei mindestens in gleicher Höhe verpflichtet bleiben wie die andere Partei (§ 656d BGB).
Für welche Immobilien gilt der Halbteilungsgrundsatz nach BGH-Rechtsprechung?
Nach der BGH-Rechtsprechung vom 6. März 2025 gilt der Halbteilungsgrundsatz für Wohnungen und Einfamilienhäuser, wenn der Erwerbszweck für den Makler erkennbar Wohnzwecken eines einzelnen Haushalts dient. Untergeordnete gewerbliche Nutzung (bis zu 1/5 der Gesamtfläche) ist unschädlich.
Gilt der Halbteilungsgrundsatz für alle Käufer?
Nein, nach § 656b BGB gelten die §§ 656c und 656d nur, wenn der Käufer ein Verbraucher ist. Gewerbliche Käufer oder Unternehmer fallen nicht unter den Schutzbereich der Neuregelungen.
Muss der Maklervertrag schriftlich geschlossen werden?
Ja, seit der Reform müssen Maklerverträge über Wohnungen und Einfamilienhäuser mindestens in Textform abgeschlossen werden. Mündliche Vereinbarungen sind unwirksam. Textform bedeutet, dass E-Mail, SMS oder andere elektronische Kommunikationsmittel ausreichen.
Kann ich als Käufer die Zahlung der Provision verweigern?
Bei einseitiger Beauftragung können Sie als Käufer die Zahlung Ihrer Provision verweigern, bis Ihnen nachgewiesen wird, dass die beauftragende Partei ihren Anteil gezahlt hat. Die Beweislast liegt beim Makler oder der beauftragenden Partei.
Was passiert bei Objekten mit gewerblichen Anteilen?
Nach der BGH-Rechtsprechung sind gewerbliche Anteile bis zu 1/5 der Gesamtfläche noch als untergeordnet anzusehen und stehen der Anwendung der §§ 656a ff. BGB nicht entgegen. Bei größeren gewerblichen Anteilen ist eine Einzelfallprüfung erforderlich.
Was bedeutet die Unentgeltlichkeitsklausel in § 656c BGB?
Nach § 656c Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich der Makler, wenn er mit einer Partei vereinbart, dass er für diese unentgeltlich tätig wird, auch von der anderen Partei keinen Maklerlohn versprechen lassen. Dies verhindert Umgehungsgeschäfte.
Können die neuen Regelungen umgangen werden?
Nein, die Regelungen sind zwingend und können nicht durch abweichende Vereinbarungen umgangen werden. Vereinbarungen, die gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoßen, sind unwirksam.
Wann verjähren Rückforderungsansprüche?
Rückforderungsansprüche verjähren nach drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und Sie Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt haben.
Fazit
Die BGH-Rechtsprechung vom 6. März 2025 hat die wichtigsten Auslegungsfragen zum Halbteilungsgrundsatz geklärt und für Rechtssicherheit gesorgt. Die Entscheidungen stärken den Verbraucherschutz und geben allen Beteiligten klare Handlungsrichtlinien.Für Makler bedeutet dies, dass sie ihre Vertragsgestaltung an die höchstrichterliche Rechtsprechung anpassen müssen. Insbesondere die Prüfung des erkennbaren Erwerbszwecks, die Beachtung der Verbrauchereigenschaft des Käufers und die ordnungsgemäße Dokumentation der Zahlungsvorgänge sind von zentraler Bedeutung.Käufer profitieren von der Rechtsprechung durch gestärkte Rechte und klare Grenzen für ihre Kostenbelastung. Die Beweislastverteilung zugunsten der Käufer erleichtert die Durchsetzung ihrer Rechte erheblich.Die Reform hat ihr Ziel, die Kostenbelastung für Immobilienkäufer zu reduzieren und faire Marktbedingungen zu schaffen, mit Unterstützung der BGH-Rechtsprechung erfolgreich erreicht.
Quellenverzeichnis
[1] Fischer, Detlev: Die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnimmobilien, NJW 2020, 3553
[2] Schmidt, Joachim: Maklerlohn nach der Reform 2020: Wer verteilt? Wer zahlt? Und was? Vor allem: Wann?, NZM 2021, 289
[3] BT-Drs. 19/15827, S. 1
[4] BT-Drs. 19/15827, S. 1
[5] Schmidt, Joachim: Maklerlohn nach der Reform 2020, NZM 2021, 289
[6] Schmidt, Joachim: Maklerlohn nach der Reform 2020, NZM 2021, 289
[7] Schmidt, Joachim: Maklerlohn nach der Reform 2020, NZM 2021, 289
[8] Fischer, Detlev: Die Verteilung der Maklerkosten, NJW 2020, 3553
[9] Fischer, Detlev: Die Verteilung der Maklerkosten, NJW 2020, 3553
[10] BGH, Urteil vom 6.3.2025 – I ZR 32/24, Leitsatz 1
[11] BGH, Urteil vom 6.3.2025 – I ZR 32/24, Leitsatz 2
[12] Fischer, Detlev: Die Verteilung der Maklerkosten, NJW 2020, 3553
[13] LG Wiesbaden, Urteil vom 27.2.2024 – 9 O 98/23
[14] Fischer, Detlev: Die Verteilung der Maklerkosten, NJW 2020, 3553
[15] Fischer, Detlev: Die Verteilung der Maklerkosten, NJW 2020, 3553
[16] BGH, Urteil vom 6.3.2025 – I ZR 32/24, Leitsatz 2