Spezialkräfte vor der Tür – was tun?
Ein Einsatz des Spezialeinsatzkommandos (SEK) ist kein gewöhnlicher Polizeieinsatz. Für die Betroffenen – ob Beschuldigte oder Angehörige – ist er meist ein massiver Schock. Innerhalb von Sekunden stürmen bewaffnete Beamte die Wohnung, durchsuchen Räume, nehmen Menschen fest. Wer sich in dieser Situation falsch verhält, riskiert nicht nur eine Eskalation, sondern auch schwerwiegende rechtliche Nachteile. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Rechte Sie bei einem SEK-Zugriff haben, wie Sie sich richtig verhalten und was ein Strafverteidiger konkret für Sie tun kann.
Wann rückt das SEK an?
Das SEK kommt nicht bei Bagatelldelikten. Ein Einsatz dieser Einheit erfolgt nur bei besonders gefährlichen oder unberechenbaren Situationen. Dazu zählen typischerweise:
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Der Verdacht auf bewaffneten Drogenhandel nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG),
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Illegaler Waffenbesitz und Verstöße gegen das Waffengesetz,
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Haftbefehle gegen mutmaßlich fluchtgefährdete oder gewaltbereite Beschuldigte,
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Ermittlungen im Bereich der organisierten Kriminalität oder bei sogenannter „Clankriminalität“,
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Verdacht auf schwere Gewalttaten wie Tötungsdelikte, Raub oder Geiselnahme.
Ziel des SEK ist es, den Zugriff so sicher wie möglich zu gestalten – für Beamte wie Betroffene. Dennoch: Die Situation ist für Zivilisten regelmäßig extrem belastend und emotional.
Wie läuft ein SEK-Zugriff ab?
In der Praxis erfolgen viele Einsätze früh am Morgen, häufig zwischen 4 und 6 Uhr. Die Beamten tragen Sturmhauben, ballistische Schutzwesten, Helme und sind meist mit Maschinenpistolen oder Sturmgewehren bewaffnet. Die Tür wird nicht geklingelt – sondern aufgestemmt oder gesprengt.
Typischer Ablauf:
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Überraschungsmoment: Tür wird gewaltsam geöffnet
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Sicherung der Personen im Objekt: „Polizei! Nicht bewegen! Hände hoch!“
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Fixierung oder Festnahme der Zielperson(en)
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Sicherung und Durchsuchung der Räumlichkeiten
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Dokumentation und Abtransport
Ein medizinisches Team steht oft bereit. Bei bestimmten Konstellationen (Kinder, gesundheitliche Einschränkungen) sind auch Sozialarbeiter oder Dolmetscher dabei.
Was darf die Polizei beim Zugriff? Und was nicht?
Durchsuchung: Mit oder ohne richterlichen Beschluss
Nach § 105 StPO darf eine Wohnungsdurchsuchung grundsätzlich nur mit richterlicher Anordnung erfolgen. Ausnahme: Gefahr im Verzug – z. B. bei drohendem Beweismittelverlust. Die Polizei muss den Durchsuchungsbeschluss vorzeigen – dies geschieht aber oft erst nach dem Zugriff.
Beschlagnahme von Gegenständen
Im Rahmen der Durchsuchung dürfen Beweismittel sichergestellt werden. Das umfasst:
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Mobiltelefone, Laptops, Tablets
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Bargeld, Gold, Uhren
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Drogen oder Substanzen
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Waffen, Munition
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Schriftstücke, Ausweise, Datenträger
Nach § 94 StPO ist jede Sache beschlagnahmefähig, die als Beweismittel dienen kann. Ein späterer Antrag auf Herausgabe ist möglich – aber selten erfolgreich ohne anwaltliche Begleitung.
Gewahrsam, Festnahme, Vorführung
Wenn ein Haftbefehl vorliegt, wird die betroffene Person festgenommen (§ 112 StPO). Liegt kein Haftbefehl vor, kann es trotzdem zu einer „Identitätsfeststellung“ oder Ingewahrsamnahme kommen – etwa zur Verhinderung weiterer Straftaten oder zur Sicherung der Maßnahme.
Wie Sie sich beim SEK-Einsatz richtig verhalten
Ruhe bewahren – keine Gegenwehr
Egal wie überrumpelnd oder demütigend die Situation ist: Leisten Sie keinen Widerstand. Jeder körperliche oder verbale Widerstand kann als tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) gewertet werden – und zu weiteren Anzeigen führen. Darüber hinaus können Sie ebenfalls verletzt werden.
Keine Aussagen – kein Smalltalk
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Sagen Sie nichts zur Sache. Auch nicht, wenn Sie glauben, sich rechtfertigen zu müssen.
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Geben Sie nur Ihre Personalien an. Kein Lebenslauf, keine Beziehungsdetails, keine spontanen Rechtfertigungen.
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Äußerungen wie „Das gehört mir nicht“ oder „Ich wusste davon nichts“ sind juristisch verwertbar – und gefährlich.
Verteidiger wissen: Die meisten Fehler passieren in den ersten Minuten nach einem Zugriff – durch unnötige Aussagen aus Panik oder Unwissenheit.
Angehörige: Verhalten bei Hausdurchsuchung oder Festnahme
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Bleiben Sie ruhig. Keine Provokationen, keine Diskussionen mit der Polizei.
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Notieren Sie, was passiert: Uhrzeit, Namen (soweit bekannt), Verhalten der Beamten, mitgenommene Gegenstände.
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Stellen Sie keine Fragen zur Sache und versuchen Sie nicht, Einfluss zu nehmen.
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Kontaktieren Sie sofort einen Strafverteidiger, auch wenn noch unklar ist, worum es genau geht.
Was darf ein Strafverteidiger im Anschluss tun?
Ein erfahrener Strafverteidiger übernimmt nach einem SEK-Zugriff sofort:
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Kontaktaufnahme zur Polizei und Staatsanwaltschaft,
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Beantragung der Akteneinsicht,
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Prüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme (z. B. § 102 ff. StPO),
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Verteidigung in einem Haftprüfungstermin,
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Begleitung bei der Rückgabe von beschlagnahmten Gegenständen,
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Entwicklung einer Verteidigungsstrategie – abgestimmt auf die Tatsachenlage.
Häufige Fehler – und wie Sie sie vermeiden
Fehler 1: Aussagen aus Panik
Beschuldigte glauben häufig, sie könnten sich durch ein sofortiges Geständnis oder durch Schuldzuweisungen an Dritte „herausreden“. Das Gegenteil ist der Fall: Die Aussagen werden dokumentiert, festgehalten, protokolliert – und später gegen Sie verwendet.
Fehler 2: Kontakt zu Mitbeschuldigten
Nach einem Zugriff besteht bei mehreren Betroffenen oft der Drang, sich abzusprechen. Das kann als Verdunkelungsgefahr gewertet werden – und zu Untersuchungshaft führen.
Fehler 3: Kommunikation über Social Media
Viele machen den Fehler, Bilder, Videos oder Kommentare zum Einsatz zu posten. Das ist nicht nur unklug, sondern hochriskant: Auch Posts werden als Beweismittel verwendet. Schweigen ist Gold – auch im Netz.
Typische Fallkonstellationen aus der Praxis
Zugriff wegen Betäubungsmitteln
In vielen Fällen erfolgt der Zugriff wegen Verdachts auf gewerbsmäßigen Handel mit BtM. Besonders riskant: wenn kleinere Mengen bei mehreren Personen gefunden werden – der Vorwurf des „Bandenhandels“ ist schnell konstruiert.
Waffenbesitz – auch Softair und Schreckschuss
Ein SEK-Einsatz droht auch, wenn der Verdacht besteht, dass illegale Schusswaffen im Spiel sind – selbst wenn es sich nur um ungeladene oder deaktivierte Modelle handelt. Entscheidend ist oft: Lagern sie zugriffsbereit? Gibt es Munition?
Offene Haftbefehle – Zugriff bei Fahndung
SEK-Zugriffe erfolgen auch bei mutmaßlich untergetauchten Personen oder wenn Widerstand gegen die Festnahme erwartet wird. Angehörige werden dabei oft mit durchsucht – juristisch relevant und psychisch belastend.
Rechtliche Einordnung: Wann ist der Einsatz rechtswidrig?
Ein SEK-Einsatz ist kein rechtsfreier Raum. Auch hier gilt das Verhältnismäßigkeitsprinzip (§ 102 StPO i.V.m. Art. 13 GG):
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War die Maßnahme verhältnismäßig?
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Gab es mildere Mittel (z. B. Ladung, normale Durchsuchung)?
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Lag tatsächlich eine konkrete Gefährdung vor?
Ein erfahrener Verteidiger prüft diese Punkte sorgfältig – und kann bei rechtswidrigen Einsätzen auch Folgeansprüche prüfen, etwa wegen Sachbeschädigung oder rechtswidriger Freiheitsentziehung.
Fazit: Wenn das SEK kommt – sofort handeln, nicht reden
Ein Zugriff durch das SEK ist keine Kleinigkeit. Die Folgen – psychisch, juristisch und sozial – können erheblich sein. Umso wichtiger ist es, ab der ersten Minute richtig zu reagieren:
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Nichts sagen, nichts unterschreiben,
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Keine Gegenwehr – weder körperlich noch verbal,
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Sofort Strafverteidiger einschalten.
Ihre Verteidigung beginnt jetzt
Sie oder ein Angehöriger sind betroffen? Bei einem Zugriff durch das SEK zählt jede Minute. Ich verteidige Sie mit Entschlossenheit, Erfahrung und Diskretion – vom ersten Moment an.
Kontaktieren Sie mich – auch im Notfall:
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Telefon Kanzlei: 0208 – 30782630
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Notruf (auch WhatsApp): 0172 – 8974716
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E-Mail: beisel@duckscheer.de
Strafverteidiger Beisel – Ihre Verteidigung beginnt nicht erst im Gerichtssaal. Sie beginnt jetzt.