Dynamische Preise im E-Commerce sind keine neue Erfindung. Immer leistungsfähigere Algorithmen – nicht zuletzt dank des KI-Hypes rund um OpenAI und GPT-5 – sorgen aber dafür, dass immer mehr Faktoren in die Preisgestaltung einfließen. So steigt die Zahl der für die Preisänderungen herangezogenen Daten.
KI-Preisgestaltung versus Verbraucherschutz
Insbesondere, dass die Daten von Nutzer:innen immer stärker im Fokus stehen, beschäftigt Wirtschafts- und Rechtswissenschaftler:innen. Manche fordern strengere Schutzmaßnahmen für die betroffenen Verbraucher:innen, wie es in einer Mitteilung der University of New South Wales (UNSW) in Sydney heißt.
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Das ist aber noch nicht alles. Wie die UNSW-Business-School-Professorin Nitika Garg warnt, seien zu exzessive KI-Preisgestaltungsstrategien nicht nur „sehr kurzsichtig“, sondern auch „sehr riskant“.
Langfristig droht Verlust von Kunden
Unternehmen würden auf kurze Sicht vielleicht einen Gewinn erzielen, „aber langfristig werden sie ihre Kund:innen verlieren“, so Garg. Frühere Untersuchungen zeigen, dass Verbraucher:innen bestimmte Angebote als unfair ablehnen – selbst, wenn sie dadurch Geld sparen würden.
Früher hätten E-Commerce-Firmen bei ihrer dynamischen Preisgestaltung eine gewisse zeitliche Verzögerung in Kauf genommen. Mittlerweile geschähen die Anpassungen sofort und auf der Grundlage personalisierter Daten.
Dynamische Preise: Firmen nutzen sensible Daten
Das können so sensible Daten wie die Postleitzahl, das Einkommensniveau oder die Bonität sein, so Garg. Das sei nicht fair. Verbraucher:innen würden in der Regel viel in Kauf nehmen, „bis sie merken, dass es sich um eine offensichtliche Ungerechtigkeit handelt“. Aber die aktuelle Preisgestaltung verstoße zum Teil gegen grundlegende moralische und soziale Normen.
Normalerweise ist die Flugbranche bei der dynamischen Preisgestaltung weit vorn. Delta Airlines etwa habe 2024 versuchsweise KI-gestützte Ticketangebote ausprobiert, bei denen auch persönliche Daten eine Rolle spielten. Garg zufolge ließe sich diese Entwicklung aber auch auf Supermärkte übertragen.
Jedes Produkt könnte betroffen sein
Das Problem sei, dass beinahe jedes Produkt betroffen sein könnte, so die Wirtschaftswissenschaftlerin. „Woher weiß ich, dass der Preis, den ich für Brot oder Bananen auf der Website von Coles [australische Supermarktkette] sehe, derselbe ist, den andere Verbraucher:innen sehen?“ Garg meint, sie habe keine Möglichkeit, das zu überprüfen.
Für Garg und ihre Kolleg:innen sind schnelle regulatorische Maßnahmen erforderlich, wenn es um KI-gesteuerte Preisgestaltung gebe. Unkontrolliert steige die Gefahr von von Ungleichheit, Vertrauensverlust und Gegenreaktionen. „Wenn Vermarkter oder Unternehmen versuchen, das Vertrauen der Verbraucher:innen zu missbrauchen, geht das irgendwann nach hinten los“, so Garg.