Die Gründer Raphael und Martin waren äußerst guter Dinge, ihre Lunchbox den Löwen vorstellen zu können, und leiteten ihren Pitch mit einem wichtigen Thema ein: dem zunehmenden Müll in der Natur, der bestimmt jedem achtsamen Outdoor-Sportler schon einmal aufgefallen ist.
Auch sie störten sich daran und ließen sich inspirieren, eine Bewegung ins Leben zu rufen, die sich zum Ziel gemacht hat, aufzuräumen – und dies mittlerweile deutschlandweit und sogar darüber hinaus auch während ihrer sogenannten „Clean-up-days“ tut.
Hierbei handelt es sich um Treffen von Freiwilligen, die mit Zangen und Müllsäcken bewaffnet in die Natur hinausziehen und beliebte Plätze vom Müll befreien. Über eine App können Freiwillige sehen, wo das nächste Event stattfindet, alles wird online organisiert.
Mittlerweile haben schon über 50.000 Menschen teilgenommen, die Bewegung verzeichnet über 30.000 aktive Nutzer und schätzt, so schon über 20 Tonnen Müll eingesammelt zu haben.
Doch dies ist nicht die „Lösung“ zum einleitenden Problem des Mülls in der Natur, die die beiden Gründer schlussendlich pitchen. Denn ihr eigentliches – und auch wirklich kommerzielles Produkt – ist ein anderes.
Der Pitch dreht sich eigentlich um die von ihnen entwickelte Lunchbox, die nicht nur ein Holzschneidbrett und ein Messer enthält, sondern darüber hinaus auch mit einem Gurt so am Bein befestigt werden kann, dass man praktisch einen Mini-Tisch kreiert.
Zusätzlich gibt es sogar noch ein Grillrost mit Gasanschluss, das zusammen mit einer Handelsüblichen Kartusche aus der Lunchbox in Sekunden einen Grill werden lässt.
Das Produkt wird als ideenreich und hochwertig empfunden, doch sehr schnell scheint Löwe Nils Glagau das Gespräch auf etwas zu lenken, das wohl allen Löwen aufgefallen ist: Wie verhindert denn dieses Produkt die Vermüllung der Natur?
Zwar argumentieren die beiden Gründer von mehreren Seiten, erwähnen die Grundlage der Clean-up-Community, in der sie die Box ohne Marketing-Budget erfolgreich rund 10.000 mal verkauft und so über einen Million Umsatz erwirtschaftet haben. Sie führen außerdem ins Feld, dass durch diese Community-Vermarktung und die starke Verbundenheit mit der Clean-up-Bewegung ihre Kunden sich noch einmal stärker des Problems Müllvermeidung bewusst werden, und dass eine Lunchbox – insbesondere in Verbindung mit Messer und Schneidebrett – dabei hilft, dass Menschen gar nicht erst mit nicht nachhaltig verpackten Lebensmitteln losziehen.
Doch die Fernseh-Investoren scheinen sich darauf eingeschossen zu haben, dass hier keine direkte Verbindung besteht, und steigen einer nach dem anderen aus.
Aber wie konnte das trotz guter Zahlen und dem sonst so beliebten sozialen Aspekt des Geschäftsmodells passieren?
Ein großes Problem des Pitches von Patron könnte sein, dass er zwar den Anschein erweckt, der gewöhnlichen Erzählstruktur von „Problem – Lösung“ zu folgen, es dann aber eigentlich nicht tut. Denn Investoren sind es gewöhnt, zunächst das Problem einer Zielgruppe genannt zu bekommen, bevor die Präsentation der Lösung folgt.
Dies hat sich in der Startup-Welt nicht ohne Grund etabliert: nicht nur ist ein Pitch so einfacher zu verstehen, auch können die ZuhörerInnen so auf das eigentliche Produkt neugierig gemacht und ihre Aufmerksamkeit gesichert werden. Und wenn beides richtig gut ineinander passt, der Pitch den sogenannten „Problem-Solution-Fit“ überzeugend darstellt, musst man die Daseinsberechtigung und oft auch die USPs – also die Alleinstellungsmerkmale – kaum noch extra erläutern.
Doch andersherum sind professionelle Investoren eben auch darin geschult, diesen Problem-Solution-Fit genau zu durchdenken – und bei Patron fiel leider ungünstig auf, dass hier etwas nicht wirklich zusammenpasste.
Denn auch, wenn die Clean-up-Events zu der Entstehungsgeschichte der Lunchbox zählen, ist die starke Community eher Teil der Marke Patron bzw. stützt diese und ermöglichte die tollen frühen Verkaufszahlen trotz des recht hohen Preises von bis zu 109 € pro Box.
Hätte man eine klare Problem-Solution-Struktur gewollt, wäre es wohl sinnvoller gewesen, das Problem des bewussten und nachhaltig orientierten Freizeit-Outdoor-Sportlers zu beschreiben, der oder die keine hochwertige Lunchbox findet, die allen Ansprüchen gerecht wird.
Doch egal wie bewährt die bekannte Struktur ist, natürlich muss nicht jeder Startup-Pitch ihr folgen. Wenn es gut gemacht ist, kann ein Brechen mit bekannten Mustern sogar für mehr Aufmerksamkeit sorgen.
Eine Alternative für den Pitch-Aufbau wäre dann vielleicht gewesen, klarer zu machen, dass man zunächst die Story der Entstehungsgeschichte erzählt, um dann die Betonung auf die sehr guten Verkaufszahlen zu legen. Damit hätte man den Investoren die Chance gegeben, sich auf das zu konzentrieren, was sie am meisten forcieren: Geld verdienen.
Denn gutes Storytelling kann vielleicht eine Weile ablenken, aber den Zahlenteil nie wirklich ausmerzen. Doch unklares Storytelling sorgt im schlechtesten Fall einfach für Verwirrung und wie in diesem Fall manchmal leider dafür, dass selbst gute Zahlen nicht wirklich zur Geltung kommen.
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