
Die Ergebnisse der Nvidia-Aktie diese Woche könnten die Markt aufwühlen. (Foto: dpa)
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Nvidia-Aktie als Zündschnur: Droht den US-Börsen der größte Schock seit Jahren?
Die vergangene Woche war sehr volatil. Dennoch haben die Indizes die Woche nahe dem Ausgangspunkt beendet. In der kommenden Woche könnte die Volatilität stark steigen. Nvidia veröffentlicht am Mittwoch seine Ergebnisse. Optionshändler rechnen damit, dass die Aktie des wichtigsten Namens der künstlichen Intelligenz um 6,2 Prozent steigen oder fallen kann. Das ist immer ein großer Test für den gesamten Markt. Jetzt ist der Einsatz noch höher. Die Diskussionen über eine Marktblase werden immer hitziger. Deshalb könnten die Ergebnisse von Nvidia den gesamten Markt deutlich nach unten oder nach oben treiben. Nvidia hat ein Gewicht von 8 Prozent im Leitindex S&P 500 und 10 Prozent im Nasdaq. Die Aktie von Nvidia ist seit der Vorstellung von ChatGPT vor fast drei Jahren um 1.000 Prozent gestiegen. Seit Jahresbeginn hat sie 40 Prozent gewonnen.
Der Technologiesektor hinkt in diesem Monat hinterher. Zugelegt haben die Gesundheits-, Finanz- sowie die Rohstoff- und Materialverarbeitungsbranche.
Die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung der US-Notenbank Fed sinkt immer weiter. Ende Oktober herrschte die allgemeine Überzeugung, dass im Dezember ein weiterer Schnitt kommt. Jetzt liegt die Wahrscheinlichkeit nur noch bei 44 Prozent, wie Daten der CME zeigen. Anleger sind darüber nicht erfreut. Aber noch unglücklicher könnten Anleger im Kryptomarkt sein. Der Bitcoin-Preis ist vergangene Woche unter 100.000 US-Dollar getaucht – und bisher nicht wieder aufgetaucht. Seit Jahresbeginn liegt er zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags nur 2,45 Prozent im Plus.
Am Samstag endete auch die Frist für die Veröffentlichung der 13F-Meldungen, die Einblicke in große US-Fonds geben. Die Öffentlichkeit war überrascht über die Entscheidung von Warren Buffett, der sich zum Jahresende von seinem Posten als Vorstandschef seines Imperiums Berkshire Hathaway zurückzieht. Er kaufte Alphabet- bzw. Google-Aktien im Wert von 4,3 Milliarden US-Dollar. Angesichts seines mehr als 380 Milliarden US-Dollar schweren Bestands an liquiden Mitteln und Bargeld schien es, als würde er nur warten. Jetzt ist er auf den Technologiezug aufgesprungen.
Amerikas Wirtschaft zerfällt in zwei Welten
Der Chefökonom von Allianz, Mohammed El Erian, warnt vor der schlechten Lage der amerikanischen Haushalte, die ein Risiko für die gesamte Wirtschaft darstellt. Dies ist kein isoliertes Phänomen. Wenn Haushalte mit niedrigem Lebensstandard aufhören zu konsumieren, nicht weil sie nicht wollen, sondern weil sie nicht können, wird sich dieser Effekt in der gesamten Wirtschaft ausbreiten.
Die größte Volkswirtschaft der Welt teilt sich zunehmend in zwei Teile. Es gibt Konsumenten mit höheren Einkommen, die weiter Geld ausgeben, und Haushalte mit niedrigeren Einkommen, die ihren Konsum einschränken müssen. Letztere stehen am Rand einer Rezession. Die Inflation verharrt bei drei Prozent. Die Zahl der Entlassungen steigt. Das Schuldenniveau bleibt hoch. El Erian sorgt sich vor allem um die hoch verschuldeten Haushalte mit niedrigen Einkommen, die ihre Kredite möglicherweise zu höheren Kosten refinanzieren müssen.
US-Börsen: KI-Euphorie, Kryptoblasen und neue Warnungen der Wall Street
Der Vorstandschef von Palantir, Alex Karp, hat jüngst Schlagzeilen gemacht, nachdem der legendäre Investor Michael Burry gegen das Unternehmen und einige andere gewettet hatte. Karp erklärte, Burry würde im Grunde gegen künstliche Intelligenz wetten. Nun räumt er ein, dass die einfachsten Anwendungen der künstlichen Intelligenz die hohen Kosten der notwendigen Infrastruktur möglicherweise nicht rechtfertigen werden.
Aus Sicht von Palantir existieren zwei KI-Märkte. Ein Teil besteht aus Menschen, die KI für gewöhnliche Aufgaben nutzen. Das sei verbesserte Intelligenz, nicht echte Transformation. Diese Anwendungen verändern weder die Umsatzdimension noch die Profitabilität. Ein informierter Bürger könnte argumentieren, dass dieser Markt sehr groß ist. Dennoch schafft er möglicherweise nicht genug Mehrwert, um große Sprachmodelle oder deren Einsatz zu rechtfertigen.
Der zweite Markt hingegen ist jener große Teil, in dem künstliche Intelligenz das gesamte Spielfeld verändern kann, die Margen beeinflusst oder Umsätze deutlich verschiebt. Dort entstehen Ergebnisse, die laut Karp in sicherheitsrelevanten Situationen oder in Szenarien mit existenzieller Relevanz auftreten. Diese Ergebnisse verändern die Profitabilität oder Umsätze schnell und tiefgreifend, ohne dass die Struktur eines Unternehmens verändert werden muss.
Der Ökonom Peter Schiff wiederum warnte, dass auch die Blase auf dem Kryptomarkt platzen wird. Die Verluste für hartnäckige Bitcoin-Besitzer und Kryptoinvestoren würden gewaltig sein. Schiff erklärte, in dieser Blase werde mehr Geld verloren gehen als beim Platzen der Dotcom-Blase. Kryptowährungen können jedoch auch ein Signal für die allgemeine Risikoaversion der Anleger sein. Wenn dies auf eine breite Risikoabwägung hindeutet, könnte ein noch größerer KI-Blasencrash folgen.
Der ehemalige Chefstratege von JP Morgan, Marko Kolanović, setzte nach und schrieb, die faire grundlegende Bewertung der meisten Kryptowährungen sei gleich null. Der bekannte Investor Howard Marks von Oaktree Capital Management erklärte, der angespannte Markt für Privatkapital deute nicht auf tiefere systemische Probleme hin. Sein Rückzug aus dem Aktienmarkt sei vielmehr auf die Sorglosigkeit der Investoren in guten Zeiten zurückzuführen. Er verwies auf die Insolvenzen des Autozulieferers First Brands und des Autokreditgebers Tricolor. Diese Fälle zeigen eine Verschlechterung des Marktes für private Schulden. Marks erinnerte in einem Brief an Anleger daran, dass hohe Anleiherenditen ein höheres Risiko widerspiegeln, das mit schlechter bewerteten Schulden verbunden ist. In guten Zeiten übersehen Anleger jedoch oft die Warnsignale.
In einem Podcast sprach Marks auch über die hohen Bewertungen des Aktienmarktes. Wer den S&P 500 zu einem KGV von 23 kauft, hat in jedem Zehnjahreszeitraum historisch immer eine durchschnittliche Jahresrendite zwischen plus 2 und minus 2 Prozent erzielt. Heute liegt der Markt bei einem KGV von 25. Daher verschiebt Marks seine Allokation in Anleihen.
Dan Ives, Vorstandschef von Wedbush Securities und Technologiefan, betonte, dass der heutige Kleinanleger nicht mehr automatisch als dummes Geld gilt. Oft ist er gut informiert. Früher saßen Kleinanleger bei Thanksgiving am Kindertisch, wo sie einen Keks bekamen. Heute sitzen sie am Tisch der Erwachsenen. In einigen Fällen sogar in der Mitte.
Bei Unternehmen wie Robinhood, Palantir und Tesla kennen sich Kleinanleger oft aus und investieren früher als Institutionen. Ives erinnerte daran, dass in den frühen Tagen von Palantir die Kleinanleger zuerst an das Unternehmen glaubten. Institutionelle Anleger lachten, als die Aktie im Teenagerbereich notierte. Sie weinten, als sie 100 erreichte, und schrien von den Hügeln, als sie 200 überschritt. Laut Ives führen technikaffine Kleinanleger heute Gespräche mit einer Tiefe, wie sie sonst nur institutionelle Profis erreichen. Für Plattformen wie Robinhood, Palantir und Tesla bilden sie eine äußerst relevante und gut informierte Anlegergruppe.
Die Märkte befinden sich in einer Phase maximaler Unsicherheit. Die Nvidia-Aktie steht im Zentrum dieser Spannungen. Während Tech-Bewertungen, Kryptomärkte und Haushaltsverschuldung Warnsignale aussenden, verschieben große Investoren wie Buffett ihre Strategien. Zugleich gewinnen Kleinanleger an Einfluss. Die kommende Woche kann den globalen Märkten klare Richtungssignale geben.
