Mit seiner Entscheidung vom 13. März 2025 (Az. III ZR 426/23) hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine grundlegende Frage der Vergütung von Wahlleistungen im Krankenhaus beantwortet: Der Krankenhausträger darf Wahlleistungen selbst vereinbaren und abrechnen – vorausgesetzt, es liegt eine wirksame Wahlleistungsvereinbarung mit dem Patienten vor. Die Entscheidung hat erhebliche Auswirkungen für die Krankenhauspraxis und gibt auch Patienten wichtige Hinweise an die Hand. Geklagt hatte ein Krankenhausträger gegen einen Patienten auf Zahlung von zuvor zwischen ihnen vereinbarten Wahlleistungen. Im Verfahren vor dem Amts- sowie vor dem Landgericht wurde der Beklagte zur Zahlung der Wahlleistungen verurteilt. Hiergegen wandte sich der Beklagte und brachte im Wesentlichen vor, dass Wahlleistungen nur mit dem Wahlarzt selbst vereinbart werden könnten.
Zentrale Aussagen des Urteils
Der BGH stellt klar, dass Krankenhäuser das Liquidationsrecht für wahlärztliche Leistungen ausüben dürfen, ohne dass es eines gesonderten Vertrags zwischen dem Patienten und einem liquidationsberechtigten Wahlarzt bedarf. Voraussetzung ist, dass wahlärztliche Leistungen erbracht werden und hierüber eine gesonderte Vereinbarung (hier: mit dem Krankenhaus-träger) getroffen wird. Die Vereinbarung muss den Anforderungen des Krankenhausentgeltgesetzes genügen, d.h. insbesondere eine schriftliche Vereinbarung vor der Behandlung und eine schriftliche Unterrichtung des Patienten über die Entgelte und den Inhalt der Wahlleistungen vor Abschluss der Vereinbarung. Klargestellt werden nochmals auch die Anforderungen an Wahlärzte. Es muss sich bei ihnen um leitende oder besonders qualifizierte Ärzte handeln. Der BGH knüpft insoweit an die besondere Erfahrung und die herausgehobene Kompetenz an, die über den ohnehin geschuldeten Facharztstandard hinausgehen und ein zusätzliches Entgelt rechtfertigen. Die Benennung von 24 Wahlärzten in einer Wahlärzteliste hat der BGH nicht beanstandet und darin die nach dem AGB-Recht geforderte Transparenz Allgemeiner Geschäftsbedingungen gesehen. Für das Gericht maßgeblich war, dass man der Liste entnehmen konnte, welcher Arzt in welcher Abteilung für welches Fachgebiet zuständig ist. Damit ließ sich für den Patienten vor der Behandlung hinreichend nachvollziehen, welcher Wahlarzt für die Behandlung in Betracht kommt. Zudem enthält das Krankenhausentgeltgesetz keine Beschränkung auf eine bestimmte Anzahl von benannten Wahlärzten. Nicht entscheidungserheblich war eine Klausel, die die Vertretung der Wahlärzte durch mehrere Ärzte für den Fall der unvorhergesehenen Verhinderung betraf. Zum einen wurden im entschiedenen Fall die Wahlleistungen nicht durch Vertreter erbracht. Zum anderen hebt der BGH hervor, dass die Vertreterreglung gestrichen werden könnte, ohne dass die Wahlärzteliste ihren Sinn verliert und daher insoweit auch Bestand hätte. Einen Verstoß gegen AGB-Recht erkannte der BGH in der Klausel nicht und begründete dies u.a. damit, dass die Klausel lediglich die entsprechende Regelung der GOÄ wiedergibt, den ständigen Vertreter des Wahlarztes einbezieht, in der Wahlleistungsvereinbarung hervorgehoben wird und damit dem Transparenzgebot entspricht .Letztlich wurde die Entscheidung aufgehoben, da das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hatte, ob der Patient vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung ordnungsgemäß über die Entgelte aufgeklärt wurde. Fehlt diese Unterrichtung, ist die Vereinbarung unwirksam.
Auswirkungen für Krankenhäuser
Die Entscheidung stärkt die Vertragsfreiheit der Krankenhäuser und gibt wichtige Hinweise zur rechtssicheren Gestaltung von Wahlleistungsvereinbarungen:
- Die Wahlleistungsvereinbarung darf zwischen Patient und Krankenhausträger getroffen werden. Eine gesonderte Vereinbarung mit einem Wahlarzt ist nicht erforderlich.
- Krankenhausträger sollten darauf achten, dass die von ihnen verwendeten Wahlleistungsvereinbarungen den rechtlichen Anforderungen genügen. Insbesondere sollten Patienten vor dem Hintergrund des Transparenzgebots nachvollziehen können, welche Wahlärzte in welcher Situation für ihre Behandlung infrage kommen.
- Die in einer Wahlleistungsvereinbarung benannten Ärzte müssen sämtlich über eine überdurchschnittliche Qualifikation verfügen. Krankenhäuser sollten ihre Wahlärztelisten in dieser Hinsicht überprüfen, da die Unwirksamkeit der Wahlleistungsvereinbarungen droht, wenn diese Qualifikationen nicht erfüllt werden.
- Der BGH hat erneut deutlich gemacht, dass eine fehlende Aufklärung der Patienten über die Kosten zur Unwirksamkeit der Wahlleistungsvereinbarung führt. Eine sorgfältige Erstellung der verwendeten Formulare ist daher unerlässlich.
Was Patienten wissen sollten
Für Patienten bedeutet das Urteil:
- Um Wahlleistungen zu erhalten, ist ein gesonderter Vertrag nicht mehr erforderlich, durch das Urteil aber nicht ausgeschlossen. Patienten können mit einem Wahlarzt einen Zusatzvertrag abschließen und haben im Fall eines Behandlungsfehlers zusätzlich einen Anspruchsgegner aus vertraglichen Gesichtspunkten.
- Patienten sollten ihre Wahlleistungsvereinbarungen daraufhin prüfen, ob diese den Anforderungen der Kostenaufklärung gerecht werden. Ist dies nicht der Fall, ist die Vereinbarung regelmäßig nichtig und es kann mit anwaltlicher Unterstützung ein Rückforderungsanspruch geprüft werden.
Fazit
Mit dem Urteil III ZR 426/23 hat der BGH die Spielregeln für wahlärztliche Leistungen grundlegend bestätigt und klargestellt: Kliniken können – unter Beachtung klarer Kriterien – eigenständig liquidieren, auch ohne unmittelbare Einbindung eines Chef- oder Wahlarztes mit Abrechnungsbefugnis. Für Krankenhäuser bedeutet dies eine größere Flexibilität. Auch Patienten profizieren, da sie nicht mehr auf den Abschluss zusätzlicher Vereinbarungen mit Dritten (Wahlärzte) angewiesen sind, wenn sie Wahlleistungen vereinbaren möchten.