In vielen Unternehmen gehören flexible Arbeitszeitmodelle längst zum Alltag. Damit verbunden ist häufig die Führung von Arbeitszeitkonten, auf denen Plus- und Minusstunden erfasst werden. Doch während Überstunden meist klar geregelt sind, herrscht rund um das Thema Minusstunden oft Unsicherheit – sowohl bei Arbeitnehmern als auch bei Arbeitgebern. Dieser Beitrag erklärt verständlich und praxisnah, wie mit Minusstunden im Betrieb rechtlich umzugehen ist.
Minusstunden: Wenn Beschäftigte zu wenig arbeiten
Minusstunden – auch Unter-, Soll- oder Minderstunden genannt – entstehen, wenn Sie weniger arbeiten, als vertraglich vorgesehen ist. Arbeiten Sie also beispielsweise 38 Stunden, obwohl Sie mit Ihrem Arbeitgeber eine 40-Stunden-Woche vereinbart haben, fallen bei Ihnen 2 Minusstunden an. Unterstunden sind damit das Gegenstück zu Überstunden, bei denen Mitarbeitende über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus produktiv sind.
Arbeitszeitkonto für Minusstunden erforderlich
Ihr Arbeitgeber darf Minusstunden grundsätzlich nur dann erfassen und mit Ihrem Lohn verrechnen, wenn Sie ein Arbeitszeitkonto haben. Das muss vorher vertraglich vereinbart worden sein. Ohne ein solches Konto fehlt die rechtliche Grundlage für eine Verrechnung, sodass Ihr Arbeitgeber auch bei Minderarbeit verpflichtet bleibt, den vollen Lohn zu zahlen.
Damit es nicht zu Unklarheiten kommt, sollte Ihr Arbeitszeitkonto transparent gestaltet sein. Es sollte festlegen:
- wie viele Plus- oder Minusstunden maximal erlaubt sind,
- wie lange ein Ausgleichszeitraum dauern darf und
- was bei Krankheit, Urlaub oder dem Ende des Arbeitsverhältnisses gilt.
Wichtig zu wissen: Über die Ausgestaltung des Arbeitszeitkontos darf Ihr Arbeitgeber nicht oder nur bedingt einseitig bestimmen. Gibt es in Ihrem Betrieb einen Betriebsrat, hat er ein Mitbestimmungsrecht.
Anrechnung von Minusstunden nur bei Verschulden
Ob Ihr Arbeitgeber Minusstunden anrechnen darf oder nicht, hängt davon ab, wer die Minderarbeit zu vertreten hat:
Sind Sie dafür verantwortlich – etwa weil Sie zu spät zur Arbeit erscheinen, private Erledigungen während der Arbeitszeit vornehmen oder ohne Absprache früher gehen – ist es Ihrem Chef erlaubt, diese Stunden vom Arbeitszeitkonto abzuziehen oder den Lohn entsprechend kürzen.
Anders ist es, wenn Ihr Arbeitgeber keine ausreichende Beschäftigung anbietet oder Aufgaben nicht rechtzeitig zuweist. Dann liegt das sogenannte Annahmeverzugsrisiko bei ihm. In diesem Fall dürfen Minusstunden nicht angerechnet und auch keine Lohnkürzungen vorgenommen werden.
Verantwortliche:r für die Minusstunden | Rechtliche Konsequenzen? |
Arbeitnehmer:innen | Ja |
Arbeitgeber | Nein |
Rechtliche Folgen von Minusstunden
Eine Pflicht zur Nacharbeit von Minusstunden besteht nur dann, wenn Sie und Ihr Arbeitgeber das ausdrücklich vertraglich vereinbart haben. Fehlt eine entsprechende Regelung, sind Sie nicht dazu verpflichtet, versäumte Stunden nachzuholen.
Auch Lohnkürzungen sind rechtlich nur zulässig, wenn Sie die Minusstunden selbst zu verantworten haben und dies im Vertrag geregelt ist. Kommt es bei einem Negativsaldo zur Kündigung, ist besondere Vorsicht geboten: Sie müssen die nicht-geleistete Arbeit nur dann finanziell ausgleichen, wenn Ihr Arbeitsvertrag das explizit vorsieht.
Probleme mit Minusstunden? Anwalt einschalten!
Zusammenfassend lässt sich sagen: Entscheidend für die Zulässigkeit von und den rechtlichen Umgang mit Minusstunden ist der Arbeitsvertrag. Prüfen Sie daher Ihre Verträge, dokumentieren Sie Ihre Einsatzbereitschaft und legen Sie bei Unklarheiten oder unrechtmäßiger Anrechnung rechtzeitig Widerspruch ein – notfalls mit Unterstützung eines Anwalts bzw. einer Anwältin.