Neue Wege in der Textilindustrie:Bunt und gesund: Mit Mikroben färben
von Carina Nickel und Stefanie Nickel
Weniger Wasser, keine giftigen Chemikalien: Ein britisches Start-up will die Textilfärbeindustrie sauberer machen. Ihre Technologie macht aus Mikroorganismen „Mini-Färbereien“.
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Mikrobe konstruieren, die Farbe erzeugt
Das britische Start-up Colorifix ist angetreten, die seit Jahrzehnten gängige Praxis der Textilfärbung zu verändern – und hat dafür in seinen Laboren im britischen Norwich und in Cambridge eine neuartige Färbemethode entwickelt. Die Biologen Orr Yarkoni und Jim Ajioka verzichten beim Färben auf problematische Chemikalien und setzen stattdessen auf Mikroorganismen, die sie so verändern, dass sie Farbe produzieren. Aus den Kleinstlebewesen werden „Mini-Färbefabriken“, wie die Start-up-Gründer es formulieren.
Was wir machen, ist, dass wir aus einer Mikrobe, die keine Farbe erzeugt, eine Mikrobe konstruieren, die Farbe erzeugt.
Jim Ajioka, Start-up-Gründer
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Ziel: Weniger Chemikalien, weniger Wasser, weniger Energie verwenden
Die Technologie ist vielversprechend: 80 Prozent weniger Chemikalien, 77 Prozent weniger Wasser, ein um 50 Prozent reduzierter Energieverbrauch und ein kompletter Verzicht auf giftige Subtanzen. Das ist das Versprechen der britischen Visionäre.
Unsere Vision ist, die giftigen Chemikalien beim Textilfärben komplett zu ersetzen, indem wir Farbe wachsen lassen und Stoffe biologisch färben.
Orr Yarkoni, Biologe
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Gewünschte Farbe wird in der Natur gesucht
Anschließend werden die Farbstoffe in die Mikroorganismen eingesetzt. Aus normalen Mikroben sind Mikroben entstanden, die Farbe produzieren und sich so an Stoffe heften können, dass sie diese färben – ohne den Einsatz von schädlichen Chemikalien.
In Bioreaktoren werden die Farbstoffe dann mithilfe von Zucker, Hefe oder anderen pflanzlichen Abfallprodukten vermehrt. Und können in Standard-Färbemaschinen Stoffe einfärben.
Jedes Jahr werden weltweit fünf Billionen Liter Wasser für das Färben von Stoffen verbraucht – mehr als doppelt so viel, wie der Chiemsee fasst. Das britische Start-up arbeitet mit seiner neuartigen Methode daran, den Wasserverbrauch beim Färben um bis zu 77 Prozent zu reduzieren. Das Abwasser könnte den Angaben zufolge theoretisch zu Trinkwasser aufbereitet werden, was einen enormen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten würde.
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Modeunternehmen und Färbereien haben Interesse
Für die innovative Färbemethode der beiden Briten interessieren sich mittlerweile auch große Modeunternehmen, die ihre Kollektionen umweltfreundlicher anbieten möchten. Gerade testet eine Großfärberei in Portugal das neue Verfahren und will langfristig komplett darauf umstellen. Eine Investition, die sich lohnen wird, glaubt Ricardo Mano, Geschäftsführer der portugiesischen Färberei ATB.
Am Ende wird mich dieses Produkt weniger Geld kosten, da wir weniger Wasser und Energie benötigen.
Ricardo Mano, Geschäftsführer
Der Wandel ist in Gang gesetzt. Gefordert ist jetzt die Modebranche, aber auch Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Nachfrage nach nachhaltig gefärbten Jeans, Blusen oder T-Shirts wird entscheidend dafür sein, wie sehr sich umweltfreundliche Verfahren in der Textilindustrie durchsetzen werden.
Quelle: dpa